Rudolf Gehrig kommt aus Seubrigshausen und hat seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile in Rom. Der Journalist arbeitet sei drei Jahren für den katholischen Kirchensender EWTN. Der Tod des Papstes fordert ihn nicht nur beruflich, als gläubiger Mensch trauert er auch um Papst Franziskus. Im Interview schildert er die Atmosphäre, die in diesen Tagen in Rom herrscht - und erzählt von seinem ganz persönlichen Treffen mit dem Papst.
Herr Gehrig, seit einigen Wochen war der Gesundheitszustand von Papst Franziskus weltweit Thema. Dennoch scheint sein Tod plötzlich gekommen zu sein. Wie war der Moment für Sie ganz persönlich?
Grundsätzlich waren wir auf den Tod des Papstes ja vorbereitet. Es gab Notfallpläne, es gab vorbereitete Nachrufe, und seit der Papst im Februar und März wegen seiner schweren Atemwegserkrankung in der Klinik war, waren wir Journalisten in Rom ohnehin in ständiger Alarmbereitschaft. Und dann, als es geschah, war ich dennoch geschockt und furchtbar traurig.
Wie haben Sie von der Todesnachricht erfahren?
Sie müssen wissen, dass ich schon seit Wochen mein Handy nachts immer anhatte, weil keiner wissen konnte, wann es so weit ist. Und dann bin ich Ostermontag mit meiner Frau und unserer Tochter etwas aus Rom herausgefahren, in die Pampa, um dort in einem ruhigen Kloster die Heilige Messe zu besuchen.
Währenddessen hatte ich mein Handy natürlich stummgeschaltet. Aber ich habe es dann unserer sehr aktiven Tochter zu verdanken, dass ich genau in dem Moment, als die Nachricht vom Tod des Papstes offiziell wurde, gerade mit ihr vor die Kirchentür gehen wollte. Denn die Kleine wollte ständig in der Kirche rumrennen und brauchte offenbar noch etwas Auslauf. Draußen habe ich auf mein Handy geschaut und da stand: Der Papst ist tot.
Was haben Sie dann gemacht?
Ich bin zurück in die Kirche gehetzt und wollte meine Frau herauswinken. Dann ist mir auf halbem Weg eingefallen, dass ich unsere kleine Tochter draußen habe stehen lassen. Vater des Monats werde ich also nicht mehr (lacht). Dann ging es ins Auto, schnell heim, schwarzer Anzug aus dem Schrank, schnell noch rasiert, ab aufs Fahrrad und dann über die roten Ampeln runter zum Petersplatz. Bisschen später musste ich dann schon vor die Kamera.
Konnten Sie da überhaupt realisieren, was gerade geschieht?
Es ging alles so schnell. Erst, als dann um 12 Uhr auf dem Petersplatz die Totenglocke zu läuten begann, ist es mir plötzlich eiskalt den Rücken heruntergelaufen und mir wurde klar: Der Papst – unser Papst – ist tot.

Für Sie persönlich bedeutet ein solches Ereignis sicherlich nicht nur einen Einschnitt in Ihrem Leben als gläubiger Katholik, sondern auch ein Meilenstein in Ihrer Arbeit. Überstunden werden Sie in den nächsten Wochen sicher nicht abbauen, oder? Wie planen Sie nun die kommenden Wochen, welche Themen werden Sie rund um den Tod des Papst oder das Konklave angehen?
Am Mittwoch wird der Sarg im Petersdom aufgebahrt und die Gläubigen können Abschied nehmen. Am Samstag um 10 Uhr findet dann die Beisetzung statt. Wir sind gerade dabei, die Live-Übertragung der Beisetzung zu organisieren, ich werde zudem für die Vorberichte zuständig sein und in den nächsten Tagen vermutlich noch viele Interviews führen und hin und wieder vom Petersplatz aus nach Deutschland berichten.
Wie müssen wir uns die Atmosphäre in Rom vorstellen?
Ganz merkwürdig. Es ist sommerlich warm, es war Ostern, die Leute haben frei. Und dann haben wir bald diesen schlichten Holzsarg im Petersdom stehen und Menschen aus der ganzen Welt, die sich davor aufreihen, um zu trauern und Abschied zu nehmen. Auch für mich ist es eine seltsame Gemengelage: Einerseits bin ich Profi und sobald das Kameralicht aufleuchtet, muss ich funktionieren. Andererseits bin ich auch Katholik, der gerade den Heiligen Vater verloren hat.
Wie groß ist das Medieninteresse?
Sehr groß. Ich denke, das wird sich noch einmal steigern, wenn die Trauerfeierlichkeiten vorüber sind und dann irgendwann Anfang Mai das Konklave für den Nachfolger von Papst Franziskus beginnt.

Wissen Sie schon, welche Staatsmänner und -frauen an der Trauerfeierlichkeit teilnehmen?
Aus Deutschland wird auf jeden Fall Bundespräsident Steinmeier anreisen. Auch der argentinische Präsident Milei wird erwartet. Und vor Kurzem kam die Meldung, dass sowohl Präsident Selenskyj aus der Ukraine, als auch Donald Trump zur Beisetzung kommen möchten.
Wird spekuliert, wer der nächste Papst sein könnte?
Jetzt überwiegt erst einmal die Trauer. Am Ostermontag ist ein zwölfjähriges Pontifikat zu Ende gegangen, das die Kirche wahnsinnig geprägt und auch strukturell verändert hat. Das gilt es zunächst einmal aufzuarbeiten, bevor wir in die Glaskugel schielen.
Ziehen die Preise in Rom jetzt eigentlich an, wo so viele Menschen zur Trauerfeier erwartet werden?
Die Preise sind über Ostern generell etwas höher, da Rom über die großen Feiertage immer ein beliebtes Ausflugsziel ist. Aktuell, im Heiligen Jahr 2025, hat sich das nochmal verstärkt.
Schon kurz nach dem Tod von Franziskus wurden im Netz Witze über seinen Tod verbreitet. Jan Böhmermann schrieb auf der Plattform „Bluesky“: „Keine Sorge, in drei Tagen kommt er wieder.“ Können Sie einschätzen, ob derlei Witze in Rom gut ankommen?
Mir war nicht bewusst, dass das ein „Witz“ war. Es ist taktlos, derartige Sprüche am Todestag eines Mannes zu reißen, der immerhin das Oberhaupt von 1,4 Milliarden Gläubigen war. Ich bin mir aber sicher, dass Papst Franziskus bei Gott ein gutes Wort für Böhmermann einlegen wird, denn er hatte zeitlebens ein Herz für Randgruppen – und seien sie noch so privilegiert.
An welche Begegnung mit Papst Franziskus erinnern Sie sich am liebsten zurück?
Als ich ihn bei einer Auslandsreise im Flugzeug begleiten durfte und wir uns ganz kurz auf Deutsch unterhielten. Beim Rückflug konnte ich ihm bei der Pressekonferenz im Flieger eine Frage stellen, und ich erinnere mich noch, wie er zwei Meter entfernt von mir saß, mich mit seinen großen Augen durchdrang, während er auf meine Frage antwortete. Ich hatte ihm etwas zur katastrophalen Situation der Kirche in Deutschland gefragt...
Papst Franziskus hatte bei seiner Antwort eine wahnsinnig lebendige Mimik, er lachte viel, er gestikulierte und nickte mir mehrfach zu – nur dumm, dass ich seine Antwort nicht richtig verstand, nur ein paar Wortfetzen, weil der Flieger so laut war und an meinem Platz kein Lautsprecher war (lacht). Also habe ich genickt, wenn der Papst genickt hat und gelacht, wenn er lachte. Erst nach der Landung habe ich das Transkript der Pressekonferenz bekommen und wusste endlich, was er mir geantwortet hat.
Und was hat der Papst gesagt?
Er sagte: „Bedenken Sie: Wenn Sie als Bischof oder Priester nicht konsequent sind, spüren die jungen Menschen das – und dann ist es vorbei! Wenn eine Kirche, egal welche, in einem Land oder in einem Bereich mehr an Geld, Entwicklung und Pastoralpläne denkt als an Seelsorge, dann zieht das keine Menschen an.“