Sicher ist die Rente – und stabil. Diese Nachricht wollen Union und SPD im Rahmen ihrer Koalition an die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland senden. Bis 2031 soll das Rentenniveau bei 48 Prozent gesichert werden. Das haben CDU, CSU und SPD in den Koalitionsvertrag geschrieben. Außerdem soll das Rentenalter nicht höher als 67 Jahre rutschen und Beschäftigte nach 45 Berufsjahren in Rente gehen können. Und dann ist da noch eine Rentenreform, eine Neuheit, die umgesetzt werden soll: Um auch den Menschen eine ausreichende Rente zu garantieren, die noch lange nicht an ebendiese denken müssen, soll die Frühstart-Rente ins Leben gerufen werden. Doch was hat es damit auf sich?
Für wen ist die Frühstart-Rente gedacht?
Bei der Frühstart-Rente geht es tatsächlich früh los: „Wir wollen für jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, pro Monat zehn Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen“, ist dem Koalitionsvertrag von Union und SPD zu entnehmen.
Ab dem 18. Geburtstag steht es dann jeder und jedem frei, weiter in das Depot einzuzahlen. Wie viel eingezahlt wird, kann ebenfalls frei entschieden werden, es soll allerdings einen Höchstbetrag geben. „Die Erträge aus dem Depot sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei sein. Das Sparkapital ist vor staatlichem Zugriff geschützt und wird erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt“, wird im Koalitionsvertrag erklärt. Der Startschuss für die Frühstart-Rente soll am 1. Januar 2026 fallen.
Wie viel kostet die Frühstart-Rente den Bund?
Als ergänzende Altersvorsorge liest sich der Plan von Union und SPD fortschrittlich. Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren über eine Aktienrente diskutiert, wie es sie in anderen Ländern gibt. Ein Vorzeigemodell betreibt Norwegen mit einem riesigen Staatsfonds. Für Befürworter dieser Herangehensweise dürfte die Frühstart-Rente zumindest ein Anfang sein. Allerdings gibt es auch Kritik – und zwar von vielen Seiten.
Einer der zentralen Kritikpunkte: die Kosten. Die Frühstart-Rente würde in den kommenden 60 Jahren rund eine Milliarde Euro im Jahr kosten, analysiert Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), für IPPEN.MEDIA. Sie glaubt, dass dieses Konzept zwar privaten Versicherungskonzernen nützt, „sonst aber niemandem wirklich weiterhilft“.
Auch interessant: Union und SPD möchten eine Aktivrente einführen. Sie betrifft nicht die jüngeren Menschen, sondern die Personen, die das Renteneintrittsalter bereits erreicht haben.
Kritik an der Frühstart-Rente: Was bringt sie wirklich?
Piel geht davon aus, dass die Wirkung der Frühstart-Rente „aufgrund der Größenordnung des individuellen Sparbetrags für Versicherte sehr bescheiden“ sei. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA rechnet sie vor: „Bei zehn Euro Monatsbeitrag kommt selbst bei 60 Jahren Ansparen bestenfalls eine Rente von rund 30 Euro brutto heraus.“
Auch die Sozialpolitikerin Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) glaubt, dass im Rahmen der Frühstart-Rente zu wenig Geld zusammenkommen würde. Die rentenpolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion nennt die Idee in einer AfD-Mitteilung ein „durchschaubares Alibiprojekt“. Auch Ziesing hat eine Rechnung parat: „Einzahlungen von 10 Euro monatlich über zwölf Jahre, also 1.440 Euro – das ist bestenfalls gut gemeint, aber völlig unterdimensioniert. Bei einer optimistischen Verzinsung von 6 Prozent ergibt das bei Rentenbeginn nominal 36.000 Euro. Aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung wird man sich davon kaum etwas leisten können. Wer so Altersvorsorge betreibt, betreibt Augenwischerei.“ Sie verweist auf den Vorschlag ihrer Partei, ein Junior-Spardepot einzuführen, bei dem über 18 Jahre lang 100 Euro monatlich eingezahlt werden sollen. Welche Kosten dabei für den Bund anfallen würden und wie diese finanziert werden sollen, erklärte Ziesing zunächst nicht.
Streitpunkt ist rund um die Frühstart-Rente auch die Idee, die Rentenstabilität an das Wirtschaftswachstum zu koppeln. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi hält das für riskant und sogar verfassungsrechtlich fragwürdig. „Die Stabilisierung der Rente darf auch nicht abhängig gemacht werden vom Wirtschaftswachstum – auch dieses Hintertürchen hat sich die Union in der Sondierungsvereinbarung offengehalten“, wird Fahimi in einer Pressemitteilung des DGB zitiert.
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