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Überzeugte Nazi: Gauleiter Otto Hellmuth setzte sich vor 80 Jahren ab

Landkreis Haßberge

Bis zuletzt ein fanatischer Anhänger des Nationalsozialismus: Wie Otto Hellmuth den Antisemitismus rund um Hofheim befeuerte

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    Gedenkstein des ermordeten Kindes, dessen Tod für die NS-Propaganda instrumentalisiert wurde. Trotz sorgfältiger Recherche konnte der Rechteinhaber nicht ermittelt werden. Rechteinhaber werden gebeten, sich bei der Redaktion zu melden.
    Gedenkstein des ermordeten Kindes, dessen Tod für die NS-Propaganda instrumentalisiert wurde. Trotz sorgfältiger Recherche konnte der Rechteinhaber nicht ermittelt werden. Rechteinhaber werden gebeten, sich bei der Redaktion zu melden. Foto: Repro. Christiane Tangermann

    Er zählte zu den ideologisch gefährlichsten Nationalsozialisten in der Region: Otto Hellmuth war Zahnarzt und von 1928 bis 1945 Gauleiter von Mainfranken, ehemals Unterfranken. In ihrem Text beschreibt Kreisheimatpflegerin Christiane Tangermann das Leben eines Mannes, der auch den Antisemitismus rund um Hofheim befeuerte. Und der trotz seiner NS-Geschichte als Kriegsverbrecher bis zu seinem Tod 1968 ein weitgehend unbehelligtes Leben führen konnte.

    Im Oktober 1928 wurde Otto Hellmuth zum Gauleiter von Unterfranken ernannt. Das Amt war zunächst ein reines Parteiamt für NSDAP-Mitglieder. Mit der Machtübernahme 1933 wurde die politische Verantwortung im jeweiligen „Hoheitsgebiet“ auf den Gauleiter übertragen. Entsprechend dem Führerprinzip war der Gauleiter nur Adolf Hitler verantwortlich und unterlag keiner Kontrolle.  

    Verbreitung rassistischer Hetzpropaganda

    Schon recht früh hing Otto Hellmuth rechtsextremem und rassistischem Gedankengut an, schreibt Kreisheimatpflegerin Tangermann. Erstmals überregional fiel er im Jahr 1929 auf, als er in Hofheim eine seiner antisemitischen Reden hielt. Er nahm den bis heute ungeklärten Mord an einem kleinen vierjährigen Jungen in Manau bei Hofheim zum Anlass, um von einem möglichen jüdischen Ritualmord zu sprechen. Eine abstruse Vorstellung, auch die Polizei ging damals von einem sogenannten „Lustmord“ aus, wie Quellen sagen. Doch Hellmuths antisemitischen Botschaften fielen auf fruchtbaren Boden: Einige seiner Veranstaltungen zogen so viele Menschen an, dass sie wiederholt wurden.

    Um die haltlosen Anschuldigungen eines vermeintlichen jüdischen Ritualmords weiterzuverbreiten, ließ Hellmuth Postkarten in 10.000-facher Auflage drucken, mit denen er seine hasserfüllte Propaganda befeuerte. 1930 wurde an der Fundstelle der Kinderleiche ein Gedenkstein errichtet. Der Platz wurde zur Pilgerstätte der immer stärker werdenden antisemitischen Bewegung. Hellmuth prahlte später damit, dass ein Richter die Postkarten als das „Gerissenste und Raffinierteste an judenfeindlicher Bildpropaganda“ bezeichnete, das je auf seinem Schreibtisch gelegen habe.

    Zunehmender Antisemitismus in der Region

    In den folgenden Jahren wuchs der Antisemitismus in der Region. In Burgpreppach wurden 1929 der jüdische Lehrer Emanuel Levi, sein Sohn Simon, der Erlanger Lehrer Justin Fränkel und der Bäcker von Burgpreppach, Julius Neuberger, wegen des Verdachts des Ritualmords verhaftet, wochenlang verhört, aber wieder freigesprochen. Hellmuth setzte weiterhin alles daran, den Mord als jüdische Tat darzustellen, so Kreisheimatpflegerin Christiane Tangermann.

    1934 und 1937 kam es wieder zu Verhaftungen jüdischer Mitbürger. Nun führte die Gestapo die Verhöre. Auf widerliche Weise, so Tangermann, wurde die völlig verlogene Ritualmordbeschuldigung nochmals 1937 im „Stürmer“ dargestellt, einer antisemitischen Wochenzeitung. Mehrere Männer wurden daraufhin erneut festgenommen, darunter Julius Neuberger. Justin Fränkel und Simon Neuberger hatten inzwischen Deutschland verlassen. Die letzten jüdischen Verdächtigen in Burgpreppach wurden 1942 deportiert. So auch der Lehrer Emanuel Levi, der 1941 im Alter von 77 Jahren in einem Konzentrationslager in Riga ermordet wurde.

    Ein Nationalsozialist, der den Pomp liebt

    Was noch über Otto Hellmuth bekannt ist: Er zog als Gauleiter das Repräsentative der Schreibtischarbeit vor. So führte er Kreisleiter Schilling in Maroldsweisach und Ebern in einem pompösen Akt in sein Amt ein. Maroldsweisach genoss aufgrund seiner langen Parteigeschichte eine hohe Stellung innerhalb der NSDAP, schreibt Tangermann. Bereits am 22. September 1923 wurde dort eine Ortsgruppe gegründet, und der Hauptsitz der Partei blieb bis 1937 in Maroldsweisach, bevor er nach Ebern verlegt wurde.

    Die pompösen Umstände bei solchen Anlässen entsprachen exakt dem propagandistischen Auftrag, den Hitler den Gauleitern zugewiesen hatte. In diesem Rahmen ist auch Otto Hellmuths Hochzeit zu sehen, die in Würzburg mit großem Pomp mit einer „Weihe“ der neuen Ehrenhalle im Gauhaus der Partei begann, gefolgt von der Trauung im Wenzelhaus und, als Höhepunkt, dem Abschreiten einer Spalierordnung uniformierter Parteieinheiten.

    Jüdischer Apotheker muss Villa verkaufen

    Familie Hellmuth lebte auf sehr großem Fuße in einer geräumigen Würzburger Villa, die der Gauleiter günstig erworben hatte, so Kreisheimatpflegerin Tangermann. Das Haus gehörte ursprünglich dem jüdischen Apotheker Mandelstamm, der die Villa unter Druck für einen sehr niedrigen Preis verkaufen musste. 

    Das erste Kind des Ehepaars erhielt den Namen Gailana. Sie berichtete später, wie sehr sie unter diesem Namen gelitten hatte und ließ sich umbenennen. Seinen ersten Sohn nannte er nach dem Bauernführer Florian Geyer aus Giebelstadt, dessen Geschichte vom fränkischen Heimatdichter Nikolaus Fey als Theaterstück mit starken völkischen Untertönen umgedichtet worden war. Hellmuth sah sich selbst in Geyers Nachfolge und förderte die jährlichen Aufführungen von Feys Werk. 

    Viele Würzburger haben Otto Hellmuth für die Zerstörung Würzburgs verantwortlich gemacht, schreibt Christiane Tangermann. Anstatt die Stadt kampflos zu übergeben, folgte er nach den Angaben einiger Historiker dem Befehl Adolf Hitlers, den Kampf bis zum Endsieg zu führen. Ob er die Zerstörung Würzburgs wirklich hätte verhindern können, kann nicht eindeutig beantwortet werden.

    Viele Würzburger haben Otto Hellmuth für die Zerstörung Würzburgs verantwortlich gemacht.
    Viele Würzburger haben Otto Hellmuth für die Zerstörung Würzburgs verantwortlich gemacht. Foto: H. Weppert

    Otto Hellmuth selbst nahm aber zweifelsfrei nicht mehr am „Endkampf“ teil, sondern tat das, was er kurz zuvor noch bei Todesstrafe verboten hatte. Laut der Kreisheimatpflegerin Tangermann flüchtete Gauleiter Hellmuth Anfang April 1945 mit Parteigenossen aus dem zerstörten Würzburg ins vermeintlich sichere Untermerzbach. Auch seine Familie hatte er mitgenommen und in einer Mühle in der Nähe des Schlosses Untermerzbach untergebracht. Hellmuth selbst wohnte mit anderen Parteigenossen bis 9. April im ehemaligen Adelssitz, wo sie - wie Untermerzbacher berichten - bei nächtlichen Partys die Weinvorräte des Schlosses tranken und das Anwesen dann in einem verheerenden Zustand hinterließen.  

    Suizid an Hitlers Geburtstag

    Seine weitere Flucht führte Otto Hellmuth über Haßfurt, bevor er sich schließlich zum Untertauchen entschied. Später wurde er gefasst und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Ein US-Militärgericht verurteilte ihn wegen einer Reihe von Vergehen als Kriegsverbrecher zum Tode. Zu lebenslanger Haft begnadigt, befand sich Hellmuth bereits 1955 wieder auf freiem Fuß. Er erhielt gar eine Entschädigung für seine Kriegsgefangenschaft, was deutschlandweit große Empörung auslöste, schreibt Christiane Tangermann. 1958 ließ sich Hellmuth schließlich in Reutlingen nieder und praktiziert wieder als Zahnarzt.

    Otto Hellmuths Tod zeigt, dass er bis zuletzt ein fanatischer Anhänger des Nationalsozialismus war. Er nahm sich am 20. April 1968, also an Hitlers Geburtstag, im Alter von 71 Jahren das Leben. Mit seinem eigenen Blut schrieb er zuvor „Heil Hitler“ an die Wand.

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