Bei vielen Eltern von Vorschulkindern im Landkreis Aichach-Friedberg herrschte zuletzt einige Verwirrung. Grund war eine Mail des Gesundheitsamtes an die Kindergärten, die auch an die Eltern weitergeleitet werden konnte. Darin hieß es, dass das Gesundheitsamt in Aichach in diesem Jahr keine Schuleigangsuntersuchung für Vorschulkinder in den Städten Aichach und Friedberg und in der Gemeinde Kissing durchführen kann. Und zwar wegen Personalmangels.
Das Landratsamt hat am Mittwoch bestätigt, dass die Schuleingangsuntersuchungen für das Schuljahr 2023/24 nur eingeschränkt stattfinden können. Da im staatlichen Gesundheitsamt in den nächsten Monaten nur zwei der eigentlich vier Fachkräfte für Sozialmedizin zur Verfügung stehen, wurde eine Priorisierung vorgenommen. Wie das Landratsamt auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilte, sind im Landkreis für das nächste Schuljahr 1587 Kinder gemeldet, davon 221 in Aichach, 313 in Friedberg und 133 in Kissing. Diese 667 Kinder werden grundsätzlich nicht zur zentralen Schuleingangsuntersuchung ins Gesundheitsamt eingeladen.
Grundschulen müssen Vorsorgeheft vor Einschulung kontrollieren
Sie bekommen nur dann einen Termin, wenn ihnen die Vorsorgeuntersuchung U9 fehlt, die beim Kinderarzt abgenommen wird. Die Grundschulen in Aichach, Friedberg und Kissing überprüfen bei der Schulanmeldung der angehenden Erstklässler das gelbe Kindervorsorgeheft auf die U9. Fehlt der Eintrag, informieren die Grundschulen das Gesundheitsamt. Die Vorschulkinder in allen anderen Gemeinden des Landkreises werden nach Landratsamtsangaben in den nächsten Monaten im Gesundheitsamt untersucht.
Doch warum muss beispielsweise ein Kind aus Pöttmes oder Mering zur Schuleingangsuntersuchung, ein Kind aus Aichach oder Friedberg aber nicht? Wäre es da nicht gerechter, die Schuleingangsuntersuchung in diesem Jahr für alle zu streichen? Auf diese Frage gab es vom Landratsamt folgende Antwort: "Eine grundsätzliche Aussetzung wurde nicht in Erwägung gezogen." Das Gesundheitsamt Aichach-Friedberg plane derzeit keine grundsätzliche Veränderung in diesem Bereich.
Schuleingangsuntersuchung: Für bayerische Reform wird Personal benötigt
Das Bayerische Gesundheitsministerium bereite jedoch eine schrittweise Umstellung auf die "reformierte Schuleingangsuntersuchung" vor, bei der Kinder bereits mit etwa vier Jahren auf ihre schulische Eignung hin untersucht werden. Wird dann ein Förder- und Nachholbedarf festgestellt, soll bis zum Schulbeginn noch genug Zeit bleiben, diese Lücke zu schließen. Eine Voraussetzung für die Einführung der Reform ist aber ausreichend Personal. Eine vorübergehende Verlagerung der Schuleingangsuntersuchung an andere Gesundheitsämter sei wegen der örtlichen Zuständigkeit nicht möglich.
In den Hochzeiten der Corona-Pandemie hat das Aichacher Gesundheitsamt vielfach über Überlastung geklagt. Sollte sich die Lage mittlerweile nicht wieder gebessert haben? Der teils erhebliche Personalmangel während Corona bezog sich laut Landratsamt auf die Ärztinnen und Ärzte sowie die Hygienefachkräfte im Gesundheitsamt. Die Schuleingangsuntersuchungen werden aber in der Regel von Fachkräften der Sozialmedizin durchgeführt und in diesem Bereich fehlten derzeit zwei Kräfte.
Seit 2018 müssen alle Vorschüler nach Aichach zur Schuleingangsuntersuchung fahren
Bereits vor fünf Jahren hatte die Schuleingangsuntersuchung für einigen Unmut unter den Eltern gesorgt. Bis zum Oktober 2018 hatten zwei sozialmedizinische Assistentinnen alle Kindergärten im Landkreis abgeklappert und die Schuleingangsuntersuchungen vor Ort, also in den Kindertagesstätten (Kitas), ausgeführt. Dabei prüften sie um die 1300 Kinder auf ihre Schultauglichkeit. Das war extrem aufwendig und auch für die Kinder nicht immer einfach. Während die Fachkräfte ihre Untersuchungsgeräte von einem Kindergarten zum anderen schleppen mussten, war es in den Kitas nicht leicht, geeignete Räume für die Untersuchungen zu finden. So sollten zum Beispiel Hintergrundgeräusche vermieden werden. Nicht zuletzt, weil das Gesundheitsamt auch damals schon personelle Probleme hatte, konnten am Ende nicht mehr alle Kinder untersucht werden.
Unter dem damaligen Leiter des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg, Dr. Friedrich Pürner, wurden die Schuleingangsuntersuchungen daraufhin im Gesundheitsamt in Aichach zentralisiert. Vor allem bei den Eltern im südlichen Landkreis gab es zunächst einen Aufschrei wegen der Anfahrt. Pürner argumentierte, im Gesundheitsamt seien die Bedingungen für eine solche Untersuchung besser. Die Familien könnten individuelle Termine vereinbaren und bei längeren Anfahrten möglicherweise Fahrgemeinschaften bilden. Mit der Zeit haben sich die Wogen offenbar geglättet. Die Zentralisierung habe sich bewährt, heißt es zumindest vom Gesundheitsamt. (mit kabe und nsi)