Jetzt sieht man sie wieder durch die Wälder in und um Augsburg streifen. Schwammerlsucher schauen sich nach den ersten frischen Steinpilzen um. Immer mehr Hobbysammler und Sammlerinnen haben nicht nur den üblichen Korb und ein kleines Messer dabei. Sie nehmen ihr Smartphone mit, um mit Hilfe von Bestimmungs-Apps Speisepilze besser von giftigen Exemplaren unterscheiden zu können. Sie glauben, damit auf der sicheren Seite zu sein. Doch Günther Groß, Vorsitzender des Pilzvereins Augsburg-Königsbrunn, warnt davor, sich auf solche Programme zu verlassen: "Pilzvergiftungen wegen Apps nehmen tendenziell zu." Groß erklärt, die allermeisten heimischen Pilzarten seien nicht essbar. Dazu gebe es viele Verwechslungsmöglichkeiten, weil sich ungenießbare und genießbare Schwammerl teilweise sehr ähnlich sehen. Noch sind Pilze in den Wäldern aber ohnehin Mangelware.
Groß will die verschiedenen Bestimmungs-Apps nicht grundsätzlich schlechtreden. Der Experte ist ein versierter Sammler. Dennoch holt auch er sich mitunter Rat bei Google-Lens. Bei rund 2000 größeren heimischen Pilzarten in Schwaben könne man nicht immer gleich sagen, um welches Exemplar es sich genau handelt. "Wir verwenden Apps teils als erste, grobe Bestimmungshilfe", sagt er, "aber nie für Speisepilze!"
Augsburger Experte empfiehlt Hobbysammlern die Pilzberatung
Als ein Paradebeispiel für mögliche Verwechslungen nennt Groß den Weißen Knollenblätterpilz. Er ist für Menschen giftig und leicht mit dem wohlschmeckenden Wiesenchampignon zu verwechseln. "Den Unterschied zwischen beiden kann man nur an der Farbe der Lamellen und an der Stielbasis im Boden erkennen", so der Experte. Wer sich als Hobbysammler nicht sicher ist, welches Exemplar er im Korb liegen hat, könne sich mit einem Online-Programm zwar eine erste grobe Einschätzung verschaffen. "Aber danach sollte man damit unbedingt zur Pilzberatung gehen." Scheinbar kleine Details, die auf einem Foto leicht zu übersehen sind, spielen oft eine entscheidende Rolle. Und wenn der falsche Pilz im Kochtopf landet, kann das im schlimmsten Fall tödlich enden.

Kenner treibt zu Beginn der neuen Schwammerl-Saison aber auch noch eine andere Sorge um. Groß kann sich nicht erklären, warum derzeit ungewöhnlich wenige Pilze aus dem Boden sprießen. "Anfang August hat man gemeint, es geht los, aber es war nur ein Ausreißer." Bei der ersten Herbstwanderung des Pilzvereins am 26. August in den Westlichen Wäldern bei Bergheim seien rund 40 verschiedene Arten gesichtet worden, wenn auch noch wenig essbare. Bei einer weiteren Suche am 2. September nahe Strassberg habe man nur noch knapp 15 Arten gefunden: "Das ist fast nichts, dabei müsste es von Woche zu Woche besser werden." Auch bei der Pilzberatung am Stadtmarkt sei es diese Woche sehr ruhig gewesen.
Ungewöhnlich wenige Pilze in den Wäldern der Region Augsburg
Bleibt die Frage nach dem Warum. Experten können über mögliche Gründe nur spekulieren. Eine Vermutung: Möglicherweise sei der extreme Hagelsturm, der über Teilen der Region tobte, eine Ursache. Der Waldboden sei zunächst mit eiskalten Körnern bedeckt gewesen. Pilze mögen es lieber warm. Jetzt liegt eine dicke Schicht aus abgeschlagenen Zweigen und Nadeln auf dem Boden. Allerdings berichten weitere Sammler unserer Redaktion, derzeit sei auch in anderen beliebten Schwammerl-Revieren im Umland, die außerhalb der jüngsten Sturmzone liegen, so gut wie nichts zu finden. Groß bleibt zuversichtlich. Er hat die Saison bislang nicht abgeschrieben. "Pilze sind cleverer als wir." Sie hätten ihre Fortpflanzung über Jahrmillionen hinweg erfolgreich betrieben.
Die öffentliche Pilzberatung läuft jetzt jeden Montag von 16 Uhr bis 17.30 Uhr im Stadtmarkt (Viktualienhalle). Bestimmt werden nur ganze, komplette Pilze. In Königsbrunn wird die Pilzberatung im Hotel Krone montags von 18 bis 19 Uhr angeboten.