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Prozess in Ingolstadt: Frau will sich in der Donau ertränken und nimmt Baby mit

Ingolstadt

Frau will sich in der Donau ertränken – und nimmt Säugling mit

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    Am Landgericht Ingolstadt wird derzeit ein versuchter Totschlag verhandelt.
    Am Landgericht Ingolstadt wird derzeit ein versuchter Totschlag verhandelt. Foto: Harry Jung (Archivbild)

    Es ist Montag, der 15. August 2022, vormittags in Ingolstadt. Eine 33-Jährige beschließt, sich das Leben zu nehmen. Sie schreibt einen Abschiedsbrief an ihren Ehemann und legt 1600 Euro dazu, für ihre Beerdigung. Sie will sich auch von ihrem Neugeborenen verabschieden, bringt es jedoch nicht übers Herz, wie sie später vor Gericht sagen wird. Also nimmt sie den nur 2,7 Kilogramm schweren Säugling und legt ihn sich unter der Trainingsjacke auf die Brust. Dann verlässt sie die Wohnung und geht zur nur ein paar hundert Meter entfernten Schillerbrücke. Dort steigt sie die betonierte Rampe hinab in die Donau, hinein ins Wasser, obwohl sie nicht schwimmen kann. Den Säugling, erst acht Tage alt, trägt sie immer noch bei sich – auch, als sie untertaucht. Da kommt zufällig ein Jogger vorbei. Er springt in den Fluss, rettet Mutter und Kind. 

    Der Tatvorwurf, der seit Dienstag vor dem Ingolstädter Landgericht verhandelt wird, wiegt schwer. Wie konnte die Frau, die zunächst in einer Klinik untergebracht war und inzwischen in Untersuchungshaft in einer Justizvollzugsanstalt in München sitzt, so etwas tun? Wollte sie tatsächlich, dass nicht nur sie selbst, sondern auch ihre neugeborene Tochter stirbt? War es versuchter Totschlag, wie ihr die Staatsanwaltschaft zur Last legt? Die 33-Jährige streitet dies ab. Es sei ihr psychisch sehr schlecht gegangen an jenem Tag, sie sei sehr durcheinander gewesen, sagt sie vor Gericht aus. 

    Suizidversuch in der Donau in Ingolstadt: Frau hatte Antidepressiva abgesetzt

    Um das Handeln der Frau beurteilen zu können, will der Vorsitzende Richter mehr wissen als nur das, was an jenem Tag im August passiert ist. Also fragt er nach. Wie die Angeklagte erzählt, habe sie seit längerer Zeit Antidepressiva genommen. Mit 16 Jahren hatte sie schon einmal versucht, Suizid zu begehen. Als sie vor einigen Jahren begann, als Krankenpflegerin zu arbeiten, bekam sie Panikattacken, weil der Druck und der Stress in diesem Beruf zu viel für sie waren. Wegen der Schwangerschaft habe sie ihre Medikamente abgesetzt, erklärt sie. Von da an sei es bergab gegangen. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass es ihr so schlecht gehen würde. 

    Vermutlich waren es aber nicht nur die abgesetzten Tabletten, die der 33-Jährigen zusetzten. Sie machte gerade die Scheidung von ihrem 29 Jahre älteren Ehemann durch. Das Baby stammt von einem anderen Mann, der sie allerdings hinauswarf, weshalb sie wieder bei ihrem Ehemann einzog. Das Ehepaar versöhnte sich und wollte das Kind gemeinsam großziehen. In der Nacht auf den 15. August jedoch gab es Streit. Außerdem glaubte die 33-Jährige damals, sie müsse 16.000 Euro für die nicht mehr gewollte Scheidung bezahlen – Geld, das sie nicht hatte. Und der Kindsvater habe sie auch noch gestalkt, wie die Angeklagte vor Gericht behauptet, und habe ihr das Kind wegnehmen wollen.

    Landgericht Ingolstadt: Retter sagt, Baby sei schon blau angelaufen gewesen

    Ihr Retter schildert den Vorfall am 15. August so: Er sei einen Trampelpfad an der Donau entlang gejoggt, als er plötzlich im Fluss einen Kopf sah und daneben eine kraftlose Handbewegung. Er habe gerufen, ob die Person im Wasser Hilfe brauche, doch diese antwortete nicht. Da zog er seine Schuhe aus, gab einem Mann auf der Brücke zu verstehen, dass er den Rettungsdienst alarmieren solle, und schwamm los. Mit dem rechten Arm bekam er die Frau zu fassen, mit dem linken ruderte er zum Ufer zurück. Erst an Land bemerkte er das Baby unter der Trainingsjacke. „Es war ganz blau angelaufen. Das hat mich noch lange verfolgt“, sagt er im Zeugenstand. Wenige Augenblicke später trafen die Rettungskräfte ein.

    Das Baby lebt derzeit bei einer Pflegefamilie. Der Prozess wird am 18. April fortgesetzt. 

    Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sprechen Sie darüber! Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten – per Telefon, Chat, E-Mail oder im persönlichen Gespräch, auch anonym. Hier finden Sie eine Übersicht.

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