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Karlstadt: Vom La Gomera bis auf die Kapverden: Karlstadter Ruder-Schüler versuchte sich an Atlanktiküberquerung

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Vom La Gomera bis auf die Kapverden: Karlstadter Ruder-Schüler versuchte sich an Atlanktiküberquerung

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    Sechs Meter lang und 1,60 Meter breit ist das Boot, auf dem Stengele den Atlantik überqueren wollte.
    Sechs Meter lang und 1,60 Meter breit ist das Boot, auf dem Stengele den Atlantik überqueren wollte. Foto: Martin Stengele

    Ist er nun gescheitert oder hat er gewonnen? Martin Stengele hat bei der 5500 Kilometer langen Ruder-Wettfahrt über den Atlantik von der Kanareninsel La Gomera nicht das Ziel auf der Karibikinsel Antigua erreicht, sondern ist „abgebogen“ und nach 25 Tagen auf den Kapverden westlich von Senegal gelandet. Zunächst sei er bitter enttäuscht gewesen. Doch es war vernünftiger, aufzugeben. Beim herzlichen Empfang auf der kapverdischen Insel Sao Vicente habe sich seine Stimmung wieder aufgehellt, berichtet der 55-jährige Sporttherapeut. Seinem Kindheitstraum, Kapitän zu werden, wollte er mit der Atlantik-Überquerung näher kommen.

    Stengele ist in Stockach westlich des Bodensees zu Hause. Was aber hat er mit Karlstadt zu tun? Als er sich 2021 für das Rennen anmeldete, hatte er noch nie in einem Ruderboot gesessen. Erste vorsichtige Ruderschläge tat er beim Ruder-Club Karlstadt in einem kentersicheren Trimmi-Einer.

    Unterwegs im 90.000-Euro-Boot

    Die Anzahlung für das Startgeld in Höhe von 21.500 Euro war da schon geleistet. Gleichzeitig begann die Suche nach Sponsoren. „Inklusive Verdienstausfall hat mich das Abenteuer rund 150.000 Euro gekostet“, sagt er. Alleine der Preis für das sechs Meter lange und 1,60 Meter breite Boot würde neu bei rund 90.000 Euro liegen. Er konnte es gebraucht kaufen. Leer wiegt es rund 250 Kilogramm, hinzu kommen 500 Kilogramm Zuladung – Proviant, Wasserentsalzung und andere Technik.

    Martin Stengele bereitete sich auf dem Main auf die Atlantic Challenge vor.
    Martin Stengele bereitete sich auf dem Main auf die Atlantic Challenge vor. Foto: Karlheinz Haase

    Genau diese Technik war es, die ihn letztlich zum Abbruch zwang. Zunächst war ein Skull gebrochen. Stengele nutzte dieses Ruder nachts als eine Art Hilfssegel. Eine seitlich ankommende Welle krängte das Boot so sehr zur Seite, dass das Ruderblatt im Wasser eintauchte und das Skull brach.

    Schon nach drei Tagen war zudem eine Leine des Treib-Ankers, den er nachts ausgelegt hatte, um das Steuerruder gewickelt. Der Batterieverbrauch war aus irgendwelchen Gründen viel zu hoch, sodass der Ruderer alle nicht unbedingt nötigen Geräte ausschaltete. Hereingeschwapptes Wasser schaffte er mit der Handpumpe aus dem Boot. Da er, um Strom zu sparen, auch den Autopiloten ausgeschaltet hatte und Stengele während des Pumpens nicht rudern konnte, reichte eine Welle und das Boot drehte quer. „Mit viel Kraft kämpfte ich mich zurück auf Kurs.“

    Den entscheidenden Ausschlag aber gab der Versuch, den Treib-Anker an Bord zu holen. „Dabei rutschte ich auf die AIS-Antenne und knackste sie an.“ Am nächsten Morgen brach sie ganz ab. AIS ist das Kollisionswarnsystem. Ohne die Antenne konnte dieses nicht mehr senden und Stengele war auf anderen Schiffen nicht mehr auf deren Bildschirmen zu erkennen. Als Winzling auf dem weiten Meer hätte er allenfalls zufällig entdeckt werden können.

    Langes Warten auf das Beiboot

    Schließlich war der Autopilot gar nicht mehr funktionstüchtig. Er zeigte einen falschen Kurs an. Nach all diesen Pannen war Stengele so sehr vom Kurs abgekommen und gehandicapt, „dass ich in diesem Tempo 130 Tage bis Antigua gebraucht hätte“. Der Proviant aber war für maximal 105 Tage ausgelegt. Sein Coach riet ihm dringend aufzugeben. „Für mich brach eine Welt zusammen.“

    Er ruderte fünf Tage lang Richtung Süden auf Kurs zu den Kapverden. Dann aber setzte so starker Ostwind ein, dass er die Inselgruppe nicht aus eigener Kraft erreichen konnte. Fünf Tage lang wartete er darauf, dass ihn das Begleitboot abschleppt. „Das fand ich anstrengender, als jeden Tag frühmorgens in die nassen Klamotten zu schlüpfen und 14 Stunden zu rudern.“ Das Beiboot startet bei dem Atlantikrennen, sobald das letzte Boot etwa die halbe Strecke geschafft hat, und „schaut“ dann bei jedem Boot einmal vorbei.

    Sauber aufgereiht: Die Ausrüstung des Atlantikruderers.
    Sauber aufgereiht: Die Ausrüstung des Atlantikruderers. Foto: Martin Stengele

    Angemeldet waren für die jüngste Atlantiküberquerung rund 100 Teilnehmer, davon elf im Einer. Pflicht für alle waren die Vorbereitungen, bei denen es nicht nur ums Navigieren und Funken ging, sondern auch zu lernen, wie man sich selbst einen Zugang legt oder eine Wunde näht. „Uns wurde zudem eingeschärft, uns grundsätzlich mit einer Sicherungsleine einzupicken, sobald wir die Kabine verlassen.“

    Zwei deutsche Zweier erreichten das Ziel: Gregor Wacker und die Kanadierin Sabina Simpson kamen nach etwas mehr als 49 Tagen als Fünfte in der Zweier- und in der Mixed-Wertung an. Claudia Deibrodt und Ernst Kujer belegten in derselben Wertung nach gut 54 Tagen Platz sechs. Gesamtsieger war ein niederländischer Vierer, der nach 37 Tagen in der Karibik anlegte.

    Stengele erreichte letztlich Antigua doch noch – an Bord einer Motoryacht. Sein Ruderboot will er verkaufen und einen Teil des Erlöses dem Baden-Württembergischen Landesverband Mukoviszidose spenden.

    Vortrag im Ruder-Club

    Martin Stengele kommt am Freitag, 9. Mai, nach Karlstadt. Um 20 Uhr hält er im Ruder-Club im Baggertsweg 7 (gegenüber Freibad) einen Vortrag über sein Abenteuer. Auch der Karlstadter Olympiavierte Christian Händle wird da sein. Der Eintritt ist frei. Stengele bittet um Spenden für den Baden-Württembergischen Landesverband Mukoviszidose. Der Vortrag richtet sich nicht nur an Mitglieder des Ruderclubs.

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