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Geschichte: Erinnerungen an eine Lohrer Kindheit – Journalist und Autor Matthias Franck blickt unter anderem zurück auf Freundschaften: Flaschenpost grüßt aus der Vergangenheit

Geschichte: Erinnerungen an eine Lohrer Kindheit – Journalist und Autor Matthias Franck blickt unter anderem zurück auf Freundschaften

Flaschenpost grüßt aus der Vergangenheit

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    Diese Flaschenpost aus dem Jahr 1964 wurde zufällig bei Renovierungsarbeiten in der Ruppertshüttener Straße in Lohr gefunden und weckt bei Edwin Spahn so manche Erinnerungen.  Foto: Wolfgang Weismantel
    Diese Flaschenpost aus dem Jahr 1964 wurde zufällig bei Renovierungsarbeiten in der Ruppertshüttener Straße in Lohr gefunden und weckt bei Edwin Spahn so manche Erinnerungen. Foto: Wolfgang Weismantel Foto: Wolfgang Weismantel

    LOHR. Der pensionierte Forstbeamte Edwin Spahn renoviert seit dem Sommer ein älteres Haus in der Ruppertshüttener Straße in der Lohrer Lindigsiedlung für eine seiner Töchter. Eines Tages machte er eine rätselhafte Entdeckung: Beim Umbau der Terrasse fand er eine alte Flasche. Darin steckte ein Schreiben aus dem Jahr 1964.  Ein Junge namens Matthias Franck bat darin den Finder der Flaschenpost, sich bei ihm zu melden.

    Spahn begab sich auf Spurensuche und stieß im Internet tatsächlich auf eine Person mit dem Namen Matthias Franck. Dieser hatte damals als 14-Jähriger mit seinen Eltern in dem Haus gelebt.

    Als Franck, der inzwischen in Berlin lebt, davon erfuhr, war er zunächst sprachlos. »An das Verstecken der Flasche habe ich keine Erinnerung«, erklärte er später im Gespräch. Doch die alte grüne Flasche erkannte er sofort wieder, denn auf dem Verschluss stand »Hubertus-Tropfen«. Das sei damals der Lieblingslikör seiner Mutter gewesen. Er war sehr überrascht und hatte sich riesig gefreut, dass Edwin Spahn ihn über das Internet ausfindig machen konnte. Die Familie lebte damals in dem Haus in der Ruppertshüttener Straße bescheiden mit drei Kindern zur Miete. Franck selbst hatte kein eigenes Zimmer, sondern musste sehr lange mit seiner Mutter in einem Raum schlafen. Für den Jungen im Rückblick immer noch »ein Horror«.

    Schwierige Kindheit

    Die nicht einfache Kindheit trägt er wie einen Rucksack seit dieser Zeit mit sich. So erinnert er sich. Für Jugendliche in Lohr gab es damals nur wenig sportliche Aktivitäten, aber sonst keinen Raum und Platz, wo man sich begegnen konnte. Ein Jugendzentrum entstand erst, als es sein damaliger Freund und Musikbegleiter Heinz Schwaiger später mit auf den Weg brachte, so Matthias Franck. Daher habe er immer wieder ausbrechen wollen und sei doch regelmäßig in seine alte Heimat zurückgekehrt. »Vieles, was ich in meinem Leben machte, war eine Antwort auf diese Zeit. Das bleibt«, erklärt er mit einem Rückblick auf seinen ungewöhnlichen Lebensweg, der ihn über den zweiten Bildungsweg zur Promotion und zu Radio und Fernsehen führte. Für den WDR moderierte Franck unter anderem das Morgenmagazin.

    Heinz Schwaiger erinnert sich noch sehr genau an seine Zeit mit dem Freund »Mattes«, wie sie ihn nannten. Er war oft zu Besuch im Hause Franck mit einem sehr strengen Vater. Wenn die Familie beim Mittagessen saß, musste er immer gehen. Weil das lästig war, schlug Matthias einmal vor, er solle sich im Wohnzimmer verstecken, und zwar im untersten Fach eines Bücherregals, das mit einem Vorhang verdeckt war.

    Die beiden Freunde hörten oft zusammen Folkloremusik und waren begeistert von dem Folksong »Dirty old town«. Als Heinz Schwaiger 1966 seine erste Gitarre bekam, wollte Mattes immer mit ihm singen und Musik machen. Manchmal war aus der direkten Nachbarschaft auch Freund Eddi Sänger mit dabei.

    Obwohl er inzwischen in Düsseldorf lebte, wollte Matthias Franck mit Unterstützung seines Lohrer Gitarristen und Amnesty International eine Karriere als Liedermacher starten. In gemeinsamen Proben in Lohr und Düsseldorf entstanden ein Programm und eine Schallplatte mit kritischen Songs unter dem Titel »Lieder für Kopf und Herz«. Damit folgten viele Auftritte in Folkclubs, Festivals und Veranstaltungen von Amnesty International und beim 1. Nürnberger Bardentreffen 1976, wo die beiden ihre Musik einem größeren Publikum vorstellten und mehr als zehn Jahre dort Stammgäste blieben.

    Wie Tattoo auf Seele

    Die stärkste Erinnerung an seine Kindheit und die Jugend ist für Matthias Franck der Wald. »Er hat sich wie ein Tattoo auf meine Seele gelegt. Wald in jeder Form gehört zu meiner Kindheit und Jugend, er ist mir vertraut, er ist angstbefreit, ich verbinde mit ihm Abenteuer und Freiheit, weil man sich dort unbeobachtet fühlte. Wir haben damals aus Holz und Ästen Zelte gebaut, haben uns dort versteckt und geklönt. Es war ein kleines Zuhause.«

    Das Gymnasium dagegen hat er in schlechtester Erinnerung: »Die Prügelstrafe war noch erlaubt, die Lehrer wollten die totale Unterwerfung, und es war die schlimmste Zeit meines Lebens, auch weil mich mein Vater vor den Übergriffen nicht beschützte.« So blickt der nicht einfache Schüler zurück. Dem setzte er früh Musik entgegen. Er lernte Trompete spielen, wirkte dann im Posaunenchor in der evangelischen Kirche mit und wollte es unbedingt in die Stadtkapelle schaffen, was ihm allerdings nicht gelungen ist.

    Band gegründet

    Mit seinen Freunden Eddi und Heinz gründete er dann die kleine Band. Beim ersten öffentlichen Auftritt hatte Matthias Franck Lohr bereits verlassen, weil das Gymnasium ihn als Schüler nicht mehr länger akzeptierte. Er begann eine Lehre als Speditionskaufmann in Düsseldorf, holte das Abitur nach und schloss sein Studium mit einem Doktortitel ab. 

    Edwin Spahn, der Finder der Flaschenpost freut sich über seine unerwartete Entdeckung. Sie hat einige alte Erinnerungen lebendig werden lassen, die sicher in noch vielen anderen Häusern und Wohnungen, Kellern oder Dachgeschossen ruhen, bis einer mal wieder danach greift oder vielleicht sogar durch diese Geschichte dazu angeregt wird.

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