In der Pflege herrscht Personalnot. Das ist schon lange bekannt. Einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes zufolge könnten bis 2049 sogar bis zu 690.000 Pflegekräfte fehlen. Der Pflegeberuf muss daher attraktiver werden. Darum wurde beispielsweise die neue generalistische Pflegeausbildung eingeführt. Aber auch am Rädchen „Gehalt“ wird immer wieder gedreht – zum Beispiel mit einem neuen Tarifvertrag.
Nach gescheiterten Verhandlungen, Warnstreiks und einer Schlichtung ist es laut dem Bundesinnenministerium (BMI) nun am 6. April 2025 doch zur Einigung zwischen Arbeitgeberseite und Gewerkschaften gekommen. Beschäftigte von Bund und Kommunen sollen in zwei Schritten 5,8 Prozent mehr Gehalt bekommen. Der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bedeutet auch für Pflegekräfte, die in öffentlichen Einrichtungen beschäftigt sind, ein Plus im Geldbeutel. Denn es wurde auch über den TVöD in der Pflege verhandelt. Zuletzt haben Pflegekräfte im Rahmen des Tarifvertrags zum 1. März 2024 mehr Geld bekommen.
Alle wichtigen Informationen zu den Tarifverhandlungen sowie der Einigung, zu den eigentlichen Forderungen der Gewerkschaften und welche Pflegekräfte vom TVöD Pflege betroffen sind, lesen Sie hier.
Einigung im April 2025 erzielt: Was wurde für den TVöD Pflege beschlossen?
Am ersten April-Wochenende haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber in Potsdam noch ein viertes und letztes Mal gemeinsam an den Verhandlungstisch gesetzt. Die intensiven Gespräche nach der Schlichtung Ende März scheinen sich gelohnt zu haben. Laut dem BMI konnten sich beide Seiten nun auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst einigen. In Anlehnung an die Schlichtungsempfehlung sieht der Tarifabschluss folgende Punkte vor.
In zwei Schritten 5,8 Prozent mehr Gehalt:
- Ab 1. April 2025 wird das Gehalt von Beschäftigten um drei Prozent, mindestens jedoch 110 Euro, erhöht.
- Ab 1. Mai 2026 folgt eine weitere Erhöhung in Höhe von 2,8 Prozent.
- Auszubildende bekommen ebenfalls mehr Geld – nicht prozentual, sondern mit einem Festbetrag. Ihr Gehalt steigt zum 1. April 2025 und 1. Mai 2026 jeweils um 75 Euro.
Verdoppelung von Schichtzulagen:
- Für die Schichtarbeit steigen die monatlichen Zulagen ab 1. Juli 2025 von 40 auf 100 Euro.
- Für die Wechselschichtarbeit steigen die Zulagen von 105 auf 200 Euro.
Höheres 13. Monatsgehalt ab 2026:
- Ab 2026 steigt die Jahressonderzahlung, das sogenannte 13. Monatsgehalt, für Beschäftigte des Bundes der Entgeltgruppen 1 bis 8 um fünf Prozent von 90 auf 95 Prozent.
- Für Beschäftigte der Entgeltgruppen 9a bis 12 steigt die Zahlung um zehn Prozent von 80 auf 90 Prozent.
- Für Beschäftigte der Entgeltgruppen 13 bis 15 steigt sie um 15 Prozent von 60 auf 75 Prozent an.
- Für Beschäftigte der Kommunen liegt die Jahressonderzahlung künftig einheitlich für alle Entgeltgruppen bei 85 Prozent eines Monatsgehalts.
Zeit-statt-Geld-Wahlmodell:
- Ab 2026 können Beschäftigte Teile der Jahressonderzahlung in bis zu drei freie Tage umtauschen.
- Für kommunale Krankenhäuser gelten Sonderregelungen beim „Zeit-statt-Geld-Wahlmodell“.
Weitere Anpassungen:
- Ab 2027 erhalten Beschäftigte einen weiteren Urlaubstag.
- Ab 2026 gibt es die Möglichkeit, die wöchentliche Arbeitszeit beiderseits freiwillig und befristet auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen.
- Regelungen zu Langzeitkonten und zur Gleitzeit sollen klarer gefasst werden.
- Unterschiedliche Bedingungen zwischen den Tarifgebieten Ost und West im Bereich Kündigungsschutz und Befristung werden für den Bund angeglichen.
- Eine Regelung zur unbefristeten Übernahme von Auszubildenden und dual Studierenden soll eingeführt werden.
Laut dem BMI belaufen sich die Kosten für den Tarifabschluss für die Laufzeit von 27 Monaten auf rund 1,94 Milliarden Euro. Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist zufrieden: „Wir haben einen Tarifabschluss erreicht, der in schwierigen Zeiten einen guten Ausgleich bringt.“ Die Arbeitgeberseite sei „an die Grenze dessen gegangen, was wir bei schwieriger Haushaltslage verantworten können“, erklärte die Ministerin. Ganz in trockenen Tüchern ist der neue Tarifvertrag aber noch nicht. Es fehlt noch das „Ja“ der Gewerkschaftsmitglieder. Verdi zufolge wird die Bundestarifkommission Mitte Mai abschließend für den öffentlichen Dienst entscheiden.
Übrigens: Für den TVöD Pflege 2025 und für den TVAöD Pflege 2025 hat Verdi bereits die vorläufigen Entgeldtabellen veröffentlicht. Hier kann abgelesen werden, wie viel Gehalt Pflegekräfte jetzt verdienen und was Pflege-Azubis im ersten, zweiten und dritten Ausbildungsjahr bekommen.
TVöD Pflege 2025: Von Januar bis März wurde verhandelt – ohne Einigung
Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind Ende Januar gestartet. Laut dem Bundesinnenministerium (BMI) haben die Auftaktveranstaltung und die erste Verhandlungsrunde am 24. Januar 2025 in Potsdam stattgefunden. Auch für die zweite und dritte Verhandlungsrunde standen die Termine bereits von Anfang an fest. Nach dem Scheitern der Gespräche und der Schlichtung gab es nur noch eine vierte Runde.
Das waren die Verhandlungstermine für das Frühjahr 2025:
- 24. Januar 2025: Auftaktveranstaltung und erste Verhandlungsrunde
- 17. und 18. Februar 2025: zweite Verhandlungsrunde
- 14. bis 16. März 2025: dritte Verhandlungsrunde
- 5. und 6. April 2025: vierte Verhandlungsrunde
Wie das Bundesinnenministerium (BMI) in einer Mitteilung erklärte, wurde nach der dritten Verhandlungsrunde in der Nacht vom 17. auf den 18. März die Schlichtung angerufen. Das dürfte auf beiden Seiten für Enttäuschung gesorgt haben.
„Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt. Die Arbeitgeber haben unsere Einigungsvorschläge abgelehnt“, sagte Verdi-Vorsitzender und Verhandlungsführer Frank Werneke einer Pressemitteilung der Gewerkschaft zufolge nach dem Scheitern der Gespräche. Die Arbeitgeber hätten sich vielen für die Beschäftigten wichtigen Forderungen weitgehend verweigert – auch nach umfangreichen Streiks ab Mitte Februar.
Auf Arbeitgeberseite hörte sich das Fazit ähnlich an: „Wir haben in drei Verhandlungsrunden hart miteinander gerungen. Wir sind den Gewerkschaften sehr weit entgegengekommen. Wir sind bis an die Grenze dessen gegangen, was wir für die öffentlichen Haushalte verantworten können“, sagte Faeser laut BMI-Mitteilung. Die Gewerkschaften seien nicht zu weiteren Kompromissen bereit gewesen, sodass die Schlichtung eingeleitet werden musste.
Tarifverhandlungen 2025: Was haben die Gewerkschaften gefordert?
Ihre Forderungen für die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst haben Verdi und der dbb Beamtenbund und Tarifunion bereits im Oktober 2024 vorgestellt. Die Gewerkschaften setzten sich demnach für acht Prozent mehr Gehalt, mindestens aber ein Plus von 350 Euro pro Monat ein. Zudem forderten sie höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten.
Die Gehälter von Auszubildenden, dual Studierenden sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollten monatlich um 200 Euro steigen. Nach erfolgreichem Abschluss forderten die Gewerkschaften für Auszubildende und Studierende außerdem eine unbefristete Übernahme.
In Hinblick auf Arbeitszeit forderten Verdi und dbb drei zusätzliche freie Tage, um die steigende Arbeitsbelastung auszugleichen, sowie einen weiteren freien Tag für Gewerkschaftsmitglieder. Ein sogenanntes „Mehr-Zeit-für-mich-Konto“ oder „Meine-Zeit-Konto“ sollte Beschäftigten außerdem ermöglichen, selbst zu entscheiden, ob Überstunden ausgezahlt oder abgebaut werden.
Auch nach dem Aus der Ampel-Koalition und vor den Bundestagswahlen 2025 hat Verdi versichert: „Wir halten Kurs!“ Die Tarifverträge seien fristgerecht gekündigt und die Forderungen für einen neuen TVöD ständen. Für den 6. März kündigte Verdi einen Warnstreik in Pflegeeinrichtungen an, um die Forderungen zu untermauern.
In der Pflege setzten sich die Gewerkschaften neben den genannten Forderungen außerdem speziell für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen für eine bezahlte Pause in der Wechselschicht ein.
Bei der Vorstellung der Forderungen erklärte Verdi-Vorsitzender Frank Werneke, „in der Tarifrunde im öffentlichen Dienst geht es insbesondere darum, die Kaufkraft und damit die Binnennachfrage zu stärken“. Das sei wichtig für das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Immerhin seien die Folgen unbesetzter Stellen und von Personalknappheit immer stärker zu spüren. „Daher muss alles getan werden, um den öffentlichen Dienst wieder attraktiver zu machen. Dazu gehören neben mehr Geld vor allem mehr Zeitsouveränität und mehr Entlastung“, sagte Werneke.
„Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat unseres Staates“, sagte Innenministerin Nancy Faeser laut dem BMI nach Bekanntgabe der Gewerkschaftsforderungen. In den Verhandlungen müssten daher angemessene und gute Lösungen für Bund und Kommunen sowie für die Beschäftigten gefunden werden. Aber: „Die Forderungen der Gewerkschaften sind sehr hoch. Die Haushaltslage ist und bleibt angespannt, insbesondere auch in den Kommunen. Jetzt geht es darum, dass wir ab Ende Januar 2025 am Verhandlungstisch gemeinsam mit den Gewerkschaften am Ende zu einer fairen Einigung kommen.“
TVöD Pflege 2025: Welche Pflegekräfte sind betroffen?
Die Gewerkschaften Verdi und dbb Beamtenbund und Tarifunion haben in diesem Jahr eigenen Angaben zufolge für rund 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen verhandelt. Dazu zählen auch Pflegefachkräfte sowie Auszubildende in der Pflege. Wer ist aber genau betroffen?
Laut Springer Medizin fallen Pflegefachkräfte unter den TVöD Pflege, die in öffentlichen Einrichtungen von Bund oder Kommunen arbeiten. Das kann etwa ein Krankenhaus, eine Psychiatrie oder auch eine Einrichtung der Altenpflege sein. Für Auszubildende in der Pflege gilt außerdem der TVAöD Pflege.
Übrigens: Im Juli 2025 wird auch der Mindestlohn in der Pflege erhöht.
Nach der dritten Verhandlungsrunde: Wie liefen die Gespräche? Wer hat die Schlichtung übernommen?
Die Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst sind am 24. Januar 2025 in Potsdam in die erste Runde gegangen. Nach einem kurzen Auftakt von rund zwei Stunden erklärte Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende, in einem Video an die Mitglieder: „Die Arbeitgeber haben, wie es zu erwarten war, jetzt nicht gesagt, ‚Toll, das machen wir!‘, sondern sie haben gesagt, ‚Wir haben kein Geld.‘“
Wie das BMI mitteilte, hätte allein eine Erhöhung der Gehälter im geforderten Umfang „im Tarifbereich des Bundes Mehrkosten von rund 1,7 Milliarden Euro pro Jahr verursachen“. Bei einer Übertragung auf Beamte, Richter, Soldaten sowie Versorgungsempfänger „wären dies Mehrkosten von insgesamt rund 4,4 Milliarden Euro pro Jahr“. Das erste Gespräch zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite war ohne Einigung oder Angebot geendet.
In der zweiten Verhandlungsrunde am 17. und 18. Februar 2025 sollte laut Behle „vertieft über die Dinge“ geredet werden. Beschäftigte forderte die Vize-Vorsitzende dazu auf, die Zeit bis dahin zu nutzen und „ein bisschen Bambule zu machen“. Es gehe darum, hinter den Forderungen der Gewerkschaften zu stehen. Auch Verdi-Vorsitzender Frank Werneke erklärte, dass zielorientiert verhandelt werden müsse. In Richtung Arbeitgeberseite fordert er daher: „Deshalb erwarten wir in der zweiten Runde deutliche Fortschritte. Das ist nur möglich, wenn die Arbeitgeber ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen.“
Aber auch nach der zweiten Verhandlungsrunde gab keine Einigung. Vor der dritten Verhandlungsrunde war der Druck daher groß. Zur Einigung hat aber auch diese Runde am Verhandlungstisch nicht geführt.
Danach folgte die Schlichtung: Dem BMI zufolge wurde eine Kommission bestehend aus zwei unparteiischen Vorsitzenden und je zwölf Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeber- sowie der Gewerkschaftsseite damit beauftragt, eine Einigungsempfehlung zu erarbeiten. Der Schlichtungsort bleibt dabei immer geheim, und während der Schlichtung gilt die sogenannte Friedenspflicht. Das bedeutet, dass nicht gestreikt werden darf.
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