Einst ein Schmuckstück, jetzt der Schandfleck im Prinzregentenviertel: Das Sanatorium Apolant, das seit 44 Jahren vor sich hin rottet. Im Innern des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes hat es schon vor Jahren Teileinstürze gegeben. Der Gehweg entlang des früheren Kurhaus ist ebenfalls seit Jahren gesperrt, um Fußgänger vor herabfallenden Brocken zu schützen, die sich vom Dach, den Balkonen oder aus der Fassade lösen können. 2012 hatte der Stadtrat sogar nach Abstimmung mit dem Denkmalschutz den Abriss genehmigt; unter der Bedingung, dass im Anschluss auf dem Grundstück ein neues Hotel gebautwird. Zu beidem ist es nicht gekommen, das Sanatorium verfällt weiter.
Der bedeutende Architekt und spätere führende NS-Ideologe Paul Schultze-Naumburg hat das Kurhaus 1906 für den jüdischstämmigen Arzt Dr. Edgar Apolant errichtet. Im ersten Weltkrieg diente das Sanatorium vorübergehend als Reservelazarett, 1939 wurde der Betrieb wegen des Zweiten Weltkrieges eingestellt. Edgar Apolant junior, der es zu dem Zeitpunkt betrieben hatt, lebte damals schon nicht mehr in Deutschland, sondern war aufgrund seiner jüdischen Abstammung 1935 in die USA emigriert.
Ab 1955 wurde das Apolant von der Landesversicherungsanstalt Hessen (heute: Deutsche Rentenversicherung Hessen) betrieben und vergrößert. 1978 folgte das Aus, seitdem steht das Gebäude leer. Trotz mehrfacher Eigentümerwechsel sind alle Wiederbelebungsversuche bisher gescheitert.
Stadt ordnet Notsicherung an
Zuletzt informierte die Wirtschaftsförderung der Stadt Anfang des Jahres darüber, dass der aktuelle Eigentümer ein denkmalschutzrechtliches Gutachten erstellen lassen will. Das ist bislang nicht erfolgt, wie das Rathaus gegenüber unserer Zeitung bestätigt. "Es laufen aktuell keine Verfahren", teilt Pressesprecher Thomas Hack mit.
Ansonsten sieht die Stadtverwaltung von dem verfallendem Gebäude weiter ein Sicherheitsrisiko ausgehen, trotz der bisherigen Absperrungen. Auf Nachfrage dieser Zeitung zur Gefährdungslage heißt es, dass das Rathaus aktuell Notsicherungsmaßnahmen für das Anwesen angeordnet hat. "Insbesondere sind Schäden am Dach zu reparieren, verkehrsgefährdende Bauteile zu entfernen beziehungsweise zu sichern und ein Schutz- und Fangnetz an der straßenseitigen Fassade des Gebäudes anzubringen", erläutert Hack.
Als der Stadtrat dem Abriss vor zehn Jahren zugestimmt hatte, war Bad Kissingen noch nicht als Unesco Welterbe ausgezeichnet. Würde ein Investor das Gebäude wegreißen wollen, müsste er das neu beantragen, denn die alte Genehmigung ist abgelaufen. Dazu müsste er genau darlegen, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht vertretbar ist und nur der Abriss als Lösung bleibt. Die Lage in der Unesco-Schutzzone dürfte so ein Ansinnen allerdings erschweren.
Als einsturzgefährdet wird das Apolant nicht eingestuft. Die Stadtverwaltung schätzt den baulichen Zustand aktuell als "absolut erhaltensfähig" ein, so Thomas Hack . Damit droht im Moment kein Zwangsabriss.
Projektentwickler Niko Rotschedl kennt sich mit der Reaktivierung alter Gebäude und den Anforderungen von Investoren aus. In Bad Kissingen verfolgt er verschiedene Vorhaben, unter anderem die Sanierung des alten Schachenmayer-Verlagshauses in der Theresienstraße, das Baugebiet Prinzregentenpark am Bahnhof, zudem hat er das Anwesen des früheren Modehauses Grom erworben. Rotschedl geht davon aus, dass das Apolant grundsätzlich erhalten und saniert werden kann. Ein großes Hindernis sieht er in der Kurzone, die an der Stelle 25 Prozent Wohnungen gestattet und ansonsten einen Betrieb im Sinne der Kur, also etwa ein Hotel, fordert. Wenn es möglich wäre, das Apolant vollständig als Wohnhaus umzubauen, hält er eine Sanierung für wirtschaftlich möglich.