Wie viele Einsatzkräfte im Landkreis auf diesen riskanten Sohlen der Hanrath GmbH unterwegs sind, ist unklar. Offizielle Grundausstattung der Wehren sind Gummistiefel. Wer auf den Komfort von Lederschuhen wert legt, muss in die eigene Tasche greifen. Dazu gibt es allenfalls einen Zuschuss von Feuerwehren und Kommunen. In Hammelburg steuern Stadt und Feuerwehr je ein Drittel bei, das letzte Drittel tragen die Feuerwehrleute selbst.
Lehrgeld zahlen jetzt in Hammelburg ausgerechnet Nachwuchskräfte. „Mit diesen Schuhen kann ich meine jungen Leute nicht ausrücken lassen“, sagt Winfried Kleinhenz, Kommandant der Hammelburger Feuerwehr. Fünf Jugendfeuerwehrleute hatten sich bei der Messe Retmobil in Fulda mit Schuhen der Firma Hanrath eingedeckt. Zwei wollen nun bei Ernstfällen ausrücken und sind mit der zweifelhaften Einschätzung ihrer Schuhe konfrontiert.
Nach Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin dürfen die Modelle Profi, Profi Plus, Ultra, Spark und 865 U aus bestimmten Produktionszeiträumen des Jahres 2007 nicht mehr gehandelt werden. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung geht sogar noch weiter: Sie empfiehlt laut Zeitung Feuerwehr, die Hanrath-Schuhe der Typen Profi Plus, Profi, Spark und Ultra, die seit 2005 produziert worden sind, nicht mehr zu tragen.
Obwohl die Schuhe Prüfnummern tragen, bescheinigt ihnen die Unfallkasse Rheinland-Pfalz einige Mängel: Mangelhafte Rutschhemmung, zu geringe Zehenkappenbelastung, mangelhafte Durchtrittsicherheit, nicht normgerechte Nachbrenndauer sowie Schmelzen von Schnüren, Laufsohlen und Nähten. Bemängelt werden auch mangelhafte Antistatik und zu geringe Höhe der Steilfront. Mit Kulanz des Herstellers können die Eigentümer der Stiefel nicht rechnen. Die Firma Hanrath wirft dem Prüfinstitut Manipulationen vor, um ihre günstigen Schuhe vom Markt zu drängen. Man produziere seit 40 Jahren erfolgreich Feuerwehrschuhe. Zur Rechtfertigung verweist das Unternehmen auf selbst in Auftrag gegebene Untersuchungen unabhängiger Institute. Vergeblich hatte Hanrath 2008 gegen das Verbot geklagt, die Schuhe in den Verkehr zu bringen. Vor gut zwei Wochen unterlag das Unternehmen erneut. Mehr noch: Das Verwaltungsgericht Aachen gab dem Schuhproduzenten auf, alle Käufer der zweifelhaften Modelle über deren Gefahren und Mängel aufzuklären.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist laut Feuerwehr-Magazin davon überzeugt, dass Käufer den Kaufpreis zurückverlangen können.