Das Gerücht hielt sich in den vergangenen Wochen in der Stadt Bad Kissingen hartnäckig: Die Wittelsbacher Turm-Bräu macht zu. Dem tritt Besitzer Heribert Wachtl energisch entgegen: Die Gaststätte wird nicht geschlossen, weder jetzt zu Beginn der Sommer-Saison noch zum Ende des Jahres, sagt der 79-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion.
Allerdings möchten er und seine Frau Barbara Apfelbacher (64) die Ausflugsgaststätte allmählich in jüngere Hände übergeben. Sie seien gerade dabei, das Objekt marktgerecht anzubieten. Denn ihre beiden Kinder seien beruflich selbst sehr erfolgreich, sagt Wachtl. Sie könnten also die Gaststätte nicht übernehmen.
Umbau zur Erlebnisbrauerei im Jahr 2000
Im Jahr 2000 hatte das Ehepaar, das in Schweinfurt wohnt, das 30.000 Quadratmeter umfassende Areal mit Gaststätte von einer Arnshäuser Erbengemeinschaft gekauft und den Gastro-Betrieb zu einer Erlebnisbrauerei umgebaut. Eröffnet wurde diese dann zwei Jahre später.

Das Gasthaus florierte. Barbara Apfelbacher, die damals noch in Schweinfurt das Theatercafé und die Theaterkantine betrieb sowie das Bratwursthäusle in der Innenstadt, gab ihr gastronomisches Engagement in der Kugellagerstadt nach und nach auf, wie sie erzählt.

Denn sie und ihr Mann waren fortan in der Erlebnisbrauerei hoch über dem Stadtteil Arnshausen stark gefordert. Schließlich reisten damals wie heute zahlreiche Gäste in Reisebussen, unter anderem viele aus Hessen und Thüringen, an. Apfelbacher: "Es hat sich schnell herumgesprochen, was wir anbieten." Zu Stoßzeiten waren und sind dann schon mal ein Großteil der 250 Plätze innen und 400 Plätze außen auf der Terrasse belegt.
Ausflugsziel für Gästegruppen aller Art
Doch nicht nur das selbst gebraute Bier und ein gutes Essen locken die Menschen an den Wittelsbacher Turm. Generell schicken Reiseveranstalter gern ihre Busse auf den Arnshäuser Scheinberg, sagt Wachtl, weil man weiß, dass die mächtigen Fahrzeuge hier gut parken können und große Reisegruppen in der Gaststätte und auf der Terrasse Plätze finden.
Im Sommer zählen auch Wander- und Radfahrgruppen sowie Reiterinnen und Reiter zu den geschätzten Gästen. Seit Längerem schon gibt es unterhalb der Gaststätte auch einen
. Und natürlich lohnt es sich stets für Einheimische, bei schönem Wetter mal schnell hoch zum Wittelsbacher Turm zu fahren und dort die schöne Aussicht zu genießen.
Ursprünglich hatte das Ehepaar seinerzeit nur den
pachten wollen, den die Bayerische Immobilienverwaltung im Jahr 2000 an den Mann oder an die Frau bringen wollte, erzählt Apfelbacher. Vonseiten der Stadt Bad Kissingen habe man ihnen dann angeboten, doch gleich die Gaststätte mit zu übernehmen. Gesagt, getan.Baugenehmigung für die Blockhäuser gibt es schon
Nachdem die Erlebnisbrauerei so gut angelaufen war, hatten Apfelbacher und Wachtl ein paar Jahre später weitere ehrgeizige Pläne: Sie planten, nebenan ein Feriendorf mit Blockhäusern zu errichten, so dass sie auch Gäste beherbergen könnten. Die Stadt hat vor ein paar Jahren die Baugenehmigung für 30 Häuser mit 60 vermietbaren Einheiten erteilt, sagt Wachtl.
"Das Ausgehverhalten ist jetzt anders."
Barbara Apfelbacher, Gastwirtin
Die Corona-Pandemie habe die Verwirklichung der Pläne jedoch verzögert. Dann ergaben sich neue Entwicklungen, sagt seine Frau. Seit der Pandemie habe sich die Verweildauer der Gäste nämlich stark verändert. Während Besucherinnen und Besucher früher zum Beispiel auf der Terrasse oft bis nachts um ein Uhr saßen, gingen sie heutzutage schon um 21 Uhr nach Hause.

"Das Ausgehverhalten ist heute anders", sagt Apfelbacher. Dementsprechend hätten sie und ihr Mann dann die Öffnungszeiten irgendwann angepasst: Sonst war das Gasthaus von 10 bis 24 Uhr bei Besucherinnen und Besuchern gefragt – "und wenn einer noch etwas länger sitzen wollte, haben wir ihn nicht hinausgeworfen". Heute ist die Turm-Bräu nur noch von 11.30 bis 21 Uhr geöffnet.
Zudem sei es inzwischen schwer, geeignetes Personal für die Gastronomie zu finden. Woran das liegt, wissen Apfelbacher und Wachtl nicht genau zu sagen. Vermutlich hänge das auch mit dem Bürgergeld zusammen, glaubt Wachtl. Denn von etlichen Bewerberinnen und Bewerber, die sich bei ihm vorstellten, weiß er, dass es offenbar lohnenswerter ist, Bürgergeld zu beziehen und in stundenweiser Arbeit den Verdienst aufzustocken als in einer gut bezahlten Festanstellung zu arbeiten.
Eine Holzhütte als Gasthaus gab es am Wittelsbacher Turm übrigens schon seit 1909. Im Jahr 1933 wurde die Hütte durch ein gemauertes Gebäude ersetzt, das heute noch Kernstück der Turm-Bräu ist.
Wittelsbacher TurmAngesichts der Verdienste des Hauses Wittelsbach um den Aufstieg Kissingens zur Kurstadt – die Stadt wurde 1883 zum Bad erhoben - beschlossen Kissinger Bürger im Jahr 1903, einen weithin sichtbaren Turm oberhalb der Stadt zu errichten, den "Wittelsbacher Jubiläumsturm". Das geschah in Anlehnung an das 1906 gefeierte 100-jährige Bestehen des Königreichst Bayern. Man gründete ein Komitee, welches Dr. Wendelin Dietz mit der Projektleitung beauftragte. Den Bau leitete der Architekt und Bad Kissinger Magistratsrat Carl Krampf. Grundsteinlegung war am 1. Januar 1906. Der Turm ist 33 Meter hoch, man muss 120 Stufen erklimmen. Das Bauwerk kostete damals 27.000 Goldmark.Quelle: Stadt Bad Kissingen