Bis Freitagnachmittag konnte die Bad Kissinger CSU noch davon ausgehen, dass sie auch im neuen Stadtrat die größte Fraktion stellt. Jetzt sieht es so aus, als hätten die Christsozialen statt der gewählten neun Rätinnen und Räte bei der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am kommenden Dienstag nur noch sechs Fraktionsmitglieder. Drei - nämlich Klaus Bollwein, Martina Greubel und Thomas Schlembach - haben am Freitagnachmittag ihren Austritt aus der Fraktion verkündet.

Nach eigenen Angaben wechseln die drei CSU-Leute zur DBK. Die hat zwar bei der Wahl auch einen Sitz verloren. Rein rechnerisch wird die bis jetzt vierköpfige Fraktion mit den drei Neuen nun aber zur größten Fraktion im neuen Stadtrat. Die CSU hat nur noch sechs, die SPD sechs plus Oberbürgermeister und die DBK dann sieben.
Auswirkungen auf die Wahl der OB-Stellvertreter?
Ob das auch Auswirkungen auf die Wahl der Stellvertreter des Oberbürgermeisters hat, wird sich am Dienstag im Stadtrat zeigen. Die Aussichten des bisherigen zweiten Bürgermeisters Toni Schick (DBK) haben sich durch den Vorgang jedenfalls vermutlich verbessert. Dagegen sind die Chancen auf eine Wiederwahl für Thomas Leiner (CSU), der bisher Dritter Bürgermeister war, bestimmt nicht besser geworden.
In einer Mitteilung für die Presse vom Freitagabend beschreiben die drei abtrünnigen CSU-Ratsmitglieder ihren Schritt als "nicht überraschend". Denn in der CSU-Stadtratsfraktion "kriselt" es nach ihren Worten bereits seit Jahren. Schon die Fraktionsaustritte von Bernhard Schlereth und Michael Heppes im vergangenen Herbst seien Beispiele dafür.
Klage über fehlende Wertschätzung

Als Hintergrund der Austritte nennen Bollwein, Greubel und Schlembach jetzt die aus ihrer Sicht mangelnde Wertschätzung amtierender und zum Teil altgedienter Ratsmitglieder bei der Aufstellung der Kandidatenliste für die Wahl. Die "zugeteilten Listenplätze für Greubel, Schlembach und Bollwein" seien deutlich schlechter gewesen als die jeweils erreichten Wahlergebnisse 2014. Doch alle drei hätten die Herausforderung angenommen.
Das Ergebnis habe ihnen recht gegeben, heißt es in der Mitteilung der Drei. Schlembach sei von Listenplatz 12 auf Platz 4 vorgewählt worden, Bollwein von 11 auf Platz 5. Martina Greubel wurde sogar Stimmenkönigin der neuen Stadträte.
Kritik an fraktionsinterner Personalie
Aktuell beklagen die drei Abtrünnigen nun, dass es Steffen Hörtler, dem Vorsitzenden des Ortsverbands und der Fraktion, "nicht wichtig" gewesen sei, "die Fraktion zu vereinen und auf einen gemeinsamen Weg zu bringen". Kritik äußern die drei dabei vor allem an einem Teilergebnis der Vorstandswahl. Ohne seinen Namen zu nennen, machen sie den neuen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Lutz "für die jahrelangen Querelen" verantwortlich. Alle drei hätten schon vor der Wahl deutlich gemacht, dass sie diese Personalie nicht mittragen würden. Mangelnde Wertschätzung haben ihnen nun "keine andere Wahl gelassen, als diese Fraktion zu verlassen".
Als "neue politische Heimat" bezeichnen Greubel, Schlembach und Bollwein in ihrer Mitteilung die DBK-Stadtratsfraktion. Dort sähen sie die Möglichkeit, "konstruktive und zielorientierte Sachpolitik im Sinne ihres Wählerauftrags" zu leisten.
Wählerwille erfüllt?
Die Frage nach dem Wählerauftrag stellte Steffen Hörtler für die CSU-Fraktion angesichts der drei Austritte in einer ersten Stellungnahme auf die Austritte am Freitagabend aber auch. Natürlich sei es für die CSU-Fraktion "unglaublich bedauerlich", dass die Drei die Fraktion verlassen. Nachvollziehen könne er den Schritt "in der jetzigen Situation" nicht. In der neuen Wahlperiode sei doch noch gar nichts weiter passiert. Da müsse man sich fragen, ob überhaupt der Wählerwille erfüllt werde. Oder ob die Drei nicht eigentlich ihre Sitze zurückgeben müssten.
Niederlage bei interner Wahl
Zu den Gründen der Austritte gibt es in der CSU Vermutungen, die in der schriftlichen Begründung der drei Beteiligten nicht angesprochen werden. Zwei der drei Abtrünnigen werden in einem Schreiben zahlreicher anderer Listenkandidaten, das dieser Redaktion vorliegt, heftig kritisiert, weil sie sich geweigert hätten, einen nachzuzahlenden Teilbeitrag der Kandidaten zu den Wahlkampfkosten zu überweisen.
Und Martina Greubel war, wie berichtet, bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden in der konstituierenden Sitzung der CSU-Fraktion überraschend gegen Steffen Hörtler angetreten. Diese Kräftemessen habe sie, heißt es aus der CSU, dann aber "in einer demokratischen Wahl" verloren.