Der Aprilscherz hat eingeschlagen und für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Der Bad Kissinger Goldschmied, Designer und Künstler Malte Meinck verbreitete zum 1. April am Samstag im Internet und in Sozialen Netzwerken die Nachricht, dass er zusammen mit dem Naturschutz Bund und der Wasserbehörde Bayern erfolgreich die seltene Flussperlmuschel in Bad Kissingen wiederangesiedelt hat. Es sei in einem Pilotprojekt gelungen, die einst weit verbreitete und inzwischen vom Aussterben bedrohte Süßwasser-Muschel am Liebfrauensee und dessen Quellbach heimisch zu machen und für die kommerzielle Perlenzucht zu nutzen.
„In unserer Schmuckgestaltung arbeiten wir seit langem mit den bekanntesten Perlzüchtern weltweit zusammen“, erklärt Meinck den Hintergrund. Die Perlmuschel gedeihe nur in sauberen Meerwasser . Wird das Ökosystem gestört, können die sensiblen Perlaustern nicht überleben. „Deshalb steht der Umweltschutz bei den Züchtern an oberster Stelle. Die Perle ist das einzige Juwel, das aus einem Lebewesen stammt und nicht nachbearbeitet werden kann“, sagt er.
In kreativen, träumerischen Momenten habe er sich vorgestellt, ob die Perlzucht mit ihrem nachhaltigen Umweltgedanken nicht auch regional vorstellbar wäre. „Der 1. April und der Liebfrauensee bietet mir eine schöne Spielwiese diese Gedanken fließen zu lassen, zumal in unserer Region, zwar vom Aussterben bedroht , doch noch vereinzelt Muscheln in Bächen vorkommen“, erläutert Meinck.
Positive Reaktionen auf den Aprilscherz
Damit der Aprilscherz glaubwürdig ist, hat der Goldschmied einiges an Aufwand betrieben. Er hat eine Pressemitteilung geschrieben und dafür Fakten zur Lebensweise, zur Verbreitung und Gefährdung der Muschel recherchiert, zum früheren Vorkommen und der Ernte der Naturperlen, das nur den Herrschern vorbehalten war. Außerdem hat er Fotos am Liebfrauensee gestellt, die ihn zeigen, wie er scheinbar Flusspermuscheln aus dem Wasser holt. Tatsächlich handelt es sich bei den Schalen um Meerwasser-Muschel aus dem Urlaub.
Die Resonanz auf den Scherz in den Sozialen Netzwerken war durchweg positiv. „Das ist ja phänomenal“, kommentierte beispielsweise ein Nutzer. Ein anderer lobte: „Es wurde auch höchste Zeit, dass sich jemand dem Thema Flussperlmuschel annimmt und die Wiederansiedlung mit vorbildlichem Engagement forciert.“
Bezirk will Projekt für Flussperlmuschel
Die Reaktionen zeigen, dass viele Menschen ein Projekt zur Wiederansiedlung der Flussperlmuschel gut finden. An den Haaren herbeigezogen ist die Idee nicht, erläutert Michael Kolahsa von der Fischereifachberatung des Bezirks Unterfranken . Allerdings ist es sehr schwierig. „Die Flussperlmuschel hat einen komplexen Rhythmus. Es ist sehr kompliziert sie nachzuziehen“, sagt er.
In Oberfranken gebe es Orte, an denen das erfolgreich gelingt. In Unterfranken gibt es sie quasi nicht mehr. „Wir hatten in Unterfranken einen Stamm der Flussperlmuscheln in der Schondra“, sagt er. Dieser gilt inzwischen aber auch als verschollen. Nachwuchs existiert dort nicht, wenn überhaupt noch leben noch alte Tiere . Die Muschel kann über 100 Jahre alt werden.
Der Bezirk Unterfranken will aktuell ein Projekt zur Wiederansiedlung der Muschel starten. „Wir haben ein Büro beauftragt, das für uns prüft, welche Gewässer in Unterfranken in Bezug auf die Wasserqualität in Frage kommen“, berichtet Kolahsa. Wenn ein geeignetes gefunden wird, könne man beginnen.
Das braucht die Flussperlmuschel zum Leben
Die Flussperlmuschel hat komplexe Anforderungen an ihre Umwelt: Das Gewässer muss absolut sauber sein. Die Wasserverschmutzung im Zuge der Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat dafür gesorgt, dass die Bestände großteils erloschen sind. Den heute noch existierenden Muscheln machen Nitrateinträge aus der Landwirtschaft zu schaffen.
Ein zweites Kriterium neben der Wasserqualität ist das Vorhandensein der Bachforelle. Die Muschellarven leben an den Kiemen vom Blut der Tiere . Groß genug, lassen sie sich fallen, graben sich im Untergrund ein und verbringen dort sechs bis sieben Jahre, bis sie groß genug sind, um hervorzukommen. Die Muscheln benötigen große Fischbestände, weil jeder Fisch nur einmal als Wirt in Frage kommt und nach einem Befall Abwehrstoffe bildet.
Drittes Kriterium, für das Leben eingegraben im Flussbett: Laut Kolahsa muss das Wasser klar sein und darf nicht zu viele frei schwebende Sedimente wie Sand aufweisen. In der Schondra war das ein größeres Problem für die Jungtiere.
Perlen in einer von 6000 Muscheln
Anders als im Aprilscherz von Malte Meinck ist die Wiederansiedlung zur Perlzucht und für kurzfristige Erfolge ungeeignet: „Es wird 15 Jahre dauern, bis es wieder funktioniert“, erklärt der Experte. Perlen kommen zudem nur in einem von 6000 Tieren vor, bei Wiederansiedlungsprojekten geht es um Bestände von wenigen hundert Tieren . „Früher hatte man große Muschelbestände mit 100.000 Tieren “, sagt Kolahsa. Das Sammeln der wertvollen Perlen gelingt ohne die Tiere zu töten. Es war jedoch nur den Herrschern vorbehalten. Wilderei wurde drakonisch bestraft.
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