Kurator Roland Halbritter hat natürlich Erfahrung mit Ausstellungen. Ganz besonders, wenn es um Barbie-Puppen geht. 1000 Sammlerstücke hat er inzwischen zusammengetragen, darunter auch die Petra der Firma Plasty, die 1965 als Konkurrenz zu Mattels Barbie auf den Markt kam. Nicht zu vergessen die Steffi, die seinerzeit aus der früheren DDR in den Westmarkt geschickt wurde.
Besonders versiert ist Halbritter mittlerweile auch, wenn es darum geht, Barbies, Kens, Petras, Freds und Steffis als Exponate in Vitrinen so zu platzieren, dass nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene vor Begeisterung ausflippen. Denn die aktuelle Ausstellung mit rund 230 Puppen im Heimatmuseum in Nüdlingen ist inzwischen die sechste ihrer Art.
Barbie ist jetzt im Museum in Nüdlingen angekommen
In Bad Kissingen, Bad Wildungen und Zülpich stellte Halbritter seine Puppen schon aus. Und rechtzeitig zum Start des Barbie-Films im vergangenen Jahr hatte er in der Gebrüder-Grimm-Stadt Steinau (Hessen) die Ausstellung "Märchenhaftes Plastik" eröffnet, bei der die trendige Spielzeug-Figur die tragende Rolle spielte.

Jetzt ist Barbie also in Nüdlingen angekommen. Noch bis 11. August können Fans der Kultpuppe in dem interessanten Fachwerkbau direkt unterhalb der Kirche vorbeischauen und sich von dem Plastikgirl verzaubern lassen. Geöffnet ist allerdings nur sonntags von 14 bis 17 Uhr (Führung inbegriffen). Aber ist dieser Tag nicht ganz besonders für einen Familienausflug geeignet?
Die lange Historie der Spielzeug-Kultpuppe
Ein bisschen Geschichte muss sein, wenn es um Barbie geht. Das ist Roland Halbritter wichtig. Zunächst gab es die Figur Lilli nur in einer Comic-Reihe von Reinhard Beuthien, die er seit 1952 für die Bildzeitung zeichnete.

Später modellierte Max Weißbrodt von der Firma O. & M. Hausser aus Neustadt bei Coburg die Puppe nach dieser Bild-Lilli. Und zwar so gut, dass der amerikanische Spielzeug-Konzern Mattel darauf aufmerksam wurde und die Puppe, die die Eigentümer zufällig in einem Schweizer Geschäft entdeckten, kopierte.
1959 wurde die erste Barbie von Mattel – wohlgemerkt nach deutschem Vorbild! (Halbritter) - auf einer Messe in den USA präsentiert. Seit 1964 gab es diese Barbie-Puppe dann auch in Deutschland.

Faszinierend war für Kinder sicher nicht die staksige Figur, sondern vor allem die Tatsache, dass man die Puppe ankleiden konnte, sagt der Kurator. Seiner Ansicht nach konnte man über die Jahre an diesen langbeinigen Plastik-Girls ganz genau studieren, was in der Damenmode gerade der letzte Schrei war oder was der Mann so trägt.
Was in den 1960er und 1970er Jahren modisch topaktuell war
Zudem lassen sich Rollenbilder ablesen, es erschließt sich sozusagen über Dekaden die gesamte gesellschaftliche Entwicklung, glaubt Halbritter. Da ist was dran. Die meist heiter blickenden und gut geschminkten Blonden und Brünetten hinter Glas sind in Nüdlingen ja auch dementsprechend angeordnet.

Beim Betrachten wird sofort klar: In den 1960ern trug die gut gekleidete Hausfrau, wenn sie sich in Gesellschaft begab, beispielsweise ein Kostüm mit kurzer Jacke und übergroßen Knöpfen oder einen Bleistiftrock mit Blazer. Und dann waren natürlich auch für Frauen die Hosen "in".
"Die stecke ich mit meiner Sammlung in die Tasche."
Roland Halbritter zur aktuellen Ausstellung in London
In den 1970ern ging’s dann eher um Flower-Power-Kleider, Paisley-Stoffe und psychedelische Muster sowie um Materialien wie Cord, Denim, Samt, Wildleder und Horn. Ach herrjeh, waren das noch Zeiten! Das denkt wohl so mancher Gast, wenn er sich an den wohl gekleideten Barbies gar nicht sattsehen kann.
Am 5. Juli 2024 wurde auch in London eine Barbie-Ausstellung eröffnet. Halbritter hat sich die Exponate natürlich gleich online angeschaut. "Die stecke ich mit meiner Sammlung in die Tasche", sagt der Nüdlinger selbstbewusst.

Halbritter hat vermutlich Recht. Denn in den Vitrinen des Nüdlinger Museums steht alles, was die Herzen von Großen und Kleinen in Bezug auf Barbie höher schlagen lässt. Da gibt’s nicht nur Modepüppchen zu bestaunen, sondern man sieht Barbie sowohl in traditionellen wie in außergewöhnlichen Berufen agieren, unter anderem in der Raumkapsel oder im Flugzeug.
Eigentlich ist jede Barbie-Puppe ein Highlight
Eigentlich ist jede Puppe, bei genauer Betrachtung, ein Highlight. Aber freilich gibt’s da schon das ein oder andere Podest, vor dem man vielleicht nochmal länger bewundernd stehenbleibt: Zum Beispiel bei den Designer-Puppen, der freizügig-schicken Marylin Monroe etwa oder der elegant gekleideten Audrey Hepburn, bei der jungen Liz Taylor oder vor der alterslos gelifteten Cher.
In Nüdlingen sehen kann man übrigens auch das teuerste Kleid, das eine Barbie je trug. Für dieses Modell "Swirl Ponytail für den Gala-Abend" werden im Internet ein paar Tausend Euro geboten, sagt Halbritter, während er das Sammlerstück in die Kamera hält. - Also: Ein Besuch in Nüdlingen lohnt sich.
Infos: www.rhoenkaeppchen.de