Als Eugen Reiter Anfang des Jahres von seinem Nachbarn informiert wurde, dass eine 30 Meter hohe Kiefer auf die Antoniuskapelle gefallen ist, ahnte er Schlimmes. Die kleine Kapelle steht am Ortsrand von Reichenbach in Richtung Windheim.
Vor Ort zeigte sich, dass der Dachstuhl zerstört wurde, aber der Innenraum und die Mauern kaum beschädigt waren. Sicherheitshalber räumte der 75-Jährige die kleine Kapelle aus und nahm die Heiligenfiguren sowie das große Altarbild mit zu sich nach Hause. „Das ist ja die Kapelle, die meine Großeltern Stephan und Monika Back haben bauen lassen“, erklärt er in einem Gespräch mit dieser Redaktion.

Den Hintergrund kann man an einer Inschrift am Altar erahnen. Dort steht zu lesen: „Gott sei gedankt an dieser Stelle, für unsere Rettung.“ Eugen Reiter selbst hat aus dieser Zeit keine Erinnerung. Er war gerade ein paar Monate alt, weiß aber aus Erzählungen seiner Mutter , Monika Back, wie es zum Bau der kleinen Kapelle am Ortsrand von Reichenbach gekommen ist: Es war die Zeit des Zweiten Weltkriegs, und alle vier Söhne der Familie Back waren zum Kriegsdienst eingezogen worden. Sie kamen in Gefangenschaft. Niemand wusste wie es ihnen geht und ob sie gesund sind und zurückkommen.
Deshalb versprachen Monika und Stephan Back ihrem Herrgott, wenn ihre Söhne gesund aus dem Krieg zurückkehren, eine Kapelle zu bauen. Im Jahr 1947 kam als erster Alois zurück. Er war in englischer Gefangenschaft. Zwei Jahre später folgten Bernhard, der in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager war, und Edmund. Er war aus russischer Gefangenschaft entlassen worden. Schließlich kam noch der Sohn Wilhelm aus französischer Gefangenschaft im Jahr 1951 zurück. Damit war es für die Familie selbstverständlich, das Versprechen einzulösen und eine Kapelle zum Dank für die glückliche Heimkehr ihrer Söhne bauen zu lassen.

Dachstuhl als Gesellenstück
Bei der Suche nach dem richtigen Ort half der damalige Bürgermeister von Reichenbach, Oskar Nöth. Er war ebenfalls gesund aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekommen und bot der Familie einen Platz am Waldrand unterhalb des alten Sportplatzes an.
Die Maurerarbeiten wurden von der Familie unter der Regie von Wilhelm Back ausgeführt. Auch die Zimmererarbeiten und der Dachstuhl entstanden in Eigenleistung von Edwin Back, Anton Trägner und Otto Nöth. Unterlagen zufolge hatten die beiden damals eine Lehre begonnen, und so war der Bau des Dachstuhls ihr Gesellenstück.
Im Innenraum entstand ein kleiner Altar und darunter die Inschrift, die auf den Hintergrund zum Bau der Kapelle verwies „Gott sei gedankt an dieser Stelle, für unsere Rettung.“ Ein Verwandter von Stephan Back, Fridolin Kern aus Herlheim bei Gerolzhofen, war Kunstmaler. Er erklärte sich bereit das Altarbild zu malen, das den Heiligen Antonius, einen beliebten Volksheiligen, darstellt. Er ist unter anderem Patron der Armen und der Eheleute. Das könnte der Hintergrund für das Altarbild sein, meint Eugen Reiter. Eingeweiht wurde die Kapelle im Jahr 1951 durch den damaligen Pfarrer Pater Augustin Schmitt. Im Jahr 2009 wurde das Altarbild von dem Kunsthistoriker Gerald Kriedner aus Münnerstadt letztmals restauriert.

Dach muss komplett saniert werden, die Mauern haben Risse
Nun geht es darum die Kapelle wieder instandzusetzen. Vor allem das Dach muss komplett saniert werden, aber auch die Mauern zeigen teils Risse auf. Nachdem es sich um ein städtisches Grundstück handelt, ist die Stadt dafür verantwortlich, sagt Bürgermeister Michael Kastl . „Es ist ja auch unser Baum gewesen, der den Schaden verursacht hat und es hätte schlimmer kommen können.“
Versicherung zahlt nicht
Leider erkenne die Versicherung den Sturmschaden nicht an. Ärgerlich sei, dass geplant war, den Baum Anfang des Jahres zu fällen. „Wir sehen uns in der Verantwortung und werden im Laufe des Jahres die notwendigen Arbeiten am Dachstuhl und der Kapelle vornehmen“, verspricht Münnerstadts Bürgermeister Michael Kastl .