Protokollarischer Höhepunkt des Jubiläumsfestakts zum 70-jährigen Bestehen des Münnerstädter Berufsbildungswerks (BBZ) war am Freitag die Benennung der neuen Aula nach Otto Nickl (1921-2004) zur Erinnerung an den aus dem Sudetenland stammenden Schulgründer und langjährigen Leiter. Taufpaten waren seine einstige Schülerin Sabine Dittmar (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium , sowie Klaus Hoffmann , stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft.
„Mein Vater war als Sudetendeutscher aus Nordböhmen ein gelungenes Beispiel für die Integration der Heimatvertriebenen im Landkreis Bad Kissingen“, stellte seine Tochter Margret Wolff fest, die zur Aula-Taufe aus München angereist war.
Dies bestätigte auch Sudeten-Sprecher Klaus Hoffmann in seinem Vortrag: Geboren 1921 im Kreis Landskron (Lanškroun, Tschechien) auf dem Hof seiner Eltern, sollte Otto Nickl eigentlich ebenfalls Landwirt werden. Auf der Ackerbauschule machte er seine Lehre. Die Eltern hatten für ihn sogar einen eigenen Hof in Aussicht. Doch als 20-Jähriger musste er in den Krieg.
Gutsverwalter und Lehrer
1946 wurde die Familie im Zuge der Benesch-Dekrete aus dem Sudetenland vertrieben und kam nach Bayern. Ottos Mutter hatte zum Glück alle seine Zeugnisse mitgenommen, was für seine Eingliederung als Heimatvertriebener hilfreich war. Nickl begann als Gutsverwalter in Niederbayern, absolvierte dann an der Höheren Landbauschule in Michelstadt (Odenwald) eine Ingenieursausbildung. Seinen Neigungen folgend, ließ er sich danach am Berufspädagogischen Institut in München zum landwirtschaftlichen Berufsschullehrer ausbilden.
Nach einer Einstellungsprüfung trat er 1951 seinen Dienst im Landkreis Bad Kissingen an. Drei Jahre später übernahm er am 1. Januar 1954 die Leitung aller landwirtschaftlichen Berufsschulen im Landkreis, die damals noch an 24 Standorten in dortigen Volksschulen verteilt waren. 1961 wurde Nickl zum Berufsschuldirektor ernannt und schließlich 1981 – drei Jahre vor seinem Ausscheiden – zum Oberstudiendirektor.
Visionär geprägt
In seinen 30 Jahren als Schulleiter hat er, beginnend 1955 mit der Zentralisierung der landwirtschaftlichen Berufsschule in Münnerstadt , diese Schule und das daraus sich entwickelnde BBZ visionär geprägt. Die erfolgreiche Entwicklung ist überwiegend Nickls Verdienst. Er war es auch, auf dessen Initiative 1968 die vier Jahre zuvor eingeweihte Landwirtschaftsschule auf dem Karlsberg um eine Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Kinderpflege ergänzt wurde.
Viele der Absolventinnen wollten sich danach zur Erzieherin ausbilden lassen, was durch die ergänzende Gründung der Fachakademie für Sozialpädagogik ab 1971 unter dem Dach des BBZ möglich wurde. Nach erneutem Umzug 1975 in einen größeren Neubau am Karlsberg wurde der Schulbetrieb 1978 um die neue Berufsfachschule für Altenpflege ergänzt. Weitere Angliederungen folgten.
Taufpatin Sabine Dittmar
Otto Nickl machte über die Jahre aus der landwirtschaftlichen Kreisberufsschule ein beispielhaftes Berufsbildungszentrum mit Ausbildungseinrichtungen bis zur Hochschulreife.
Die Aufgabe als Taufpatin der neuen Aula im BBZ hatte Staatssekretärin Sabine Dittmar gern übernommen. Denn nicht nur sie selbst war einst unter dem Direktorat Otto Nickls von 1979 bis 1982 Schülerin an der Berufsfachschule für Kinderpflege in Münnerstadt gewesen, sondern Nickl dürfte zuvor als Landwirtschaftslehrer in Maßbach bereits ihre Mutter unterrichtet haben, vermutete Dittmar in ihrer Festansprache.
Sie erinnerte sich vor allem gern an den „ganz besonderen Geist der Schule, den Geist von Münnerstadt , der auch ein Verdienst von Otto Nickl war“: die familiäre Atmosphäre, der offene und freundliche und sich gegenseitig wertschätzende Umgang von Schulleitung, Lehrpersonal, Schülerinnen und Schülern oder Studierenden.
„Das BBZ trägt Otto Nickls Handschrift. Er hat diese Schule mit seinen Ideen und seiner Tatkraft geprägt.“ Ihm hätte die neue Aula, die jetzt seinen Namen trägt, gut gefallen, vermutete Dittmar. Die Aula ist sowohl Unterrichts- als auch Begegnungsraum, an dem man Schule leben und erleben kann.
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