Zwei ausverkaufte Abende, 22 Musikerinnen und Musiker auf der Bühne und ein Publikum, das nicht genug bekommen konnte: Die Böhmischen Abende der „Original Weißenbacher Schlosshofmusikanten“ im Steinernen Wirtshaus waren wieder einmal ein voller Erfolg. Schon lange vor Beginn waren alle 150 Sitzplätze pro Abend restlos vergeben.
Lothar Ziegler führte wie gewohnt durch die Abende. Mit seinem Charme, seiner Schlagfertigkeit und immer einer Prise Humor stimmte er das Publikum ein: „Wir werden beweisen mit Freude und Scherz, dass ewig jung bleibt ein musikalisches Herz.“ Und dieser Satz zog sich wie ein roter Faden durch die beiden Abende, die ein identisches musikalisches Programm boten – eine mitreißende Mischung aus Blasmusik , Gesang und Humor.
Klassiker und Polkas
Nach der Begrüßung mit dem Stück „Grüß Gott“ spannte das musikalische Repertoire einen weiten Bogen von Klassikern wie „Wir sind wir“ und „In der Gartenlaube“ bis hin zu beschwingten Polkas wie „Von Freund zu Freund“, „Alte Freunde“ oder der „Osterpolka“. Gesangliche Darbietungen gab es aus den Reihen der Musiker von Theresia Hümpfner und Harald Schüßler. Einen ganz besonderen Moment schufen Theresa Schumann und Michael Ziegler mit dem gefühlvoll gespielten Slowrock „Träumende Trompeten“. Nicht fehlen durfte die „Amboss-Polka“, effektvoll inszeniert mit echtem Amboss und musikalischer Präzision. Dass die Schlosshofmusikanten nicht nur musikalisch, sondern auch mit Ideenreichtum glänzen, zeigten sie hier eindrucksvoll.
Mit einem Sketch, bei dem sich die Bühne kurzerhand in das Rathaus verwandelte, sorgten Lukas Gunkel und Niklas Großmann für jede Menge Lacher. In ihrer Rolle als Bürgermeister und „Schöppner“ führten sie humorvoll eine Szene auf, bei der es um eine Ansprache, ein Rednerpult und die treffendste Form der Begrüßung ging – inklusive einer Wette um eine Flasche Schnaps.
Offenheit der Kapelle gegenüber jungen Talenten
Ein schönes Zeichen für den musikalischen Nachwuchs war am Samstag der spontane Auftritt von Max Happmann. Im Vorjahr noch begeisterter Zuhörer, durfte er dieses Mal zu seiner eigenen Überraschung bei der Fuchsgrabenpolka selbst das Schlagzeug übernehmen – ein starker Beweis für die Offenheit der Kapelle gegenüber jungen Talenten.
Christian Gerlach, der die Kapelle künftig als Dirigent übernehmen wird, stellte ebenfalls sein großes musikalisches Können unter Beweis. Er gilt längst als kreativer Kopf innerhalb der Musikergruppe und komponiert eigene Stücke. Dieser Böhmische Abend war für ihn zugleich ein Neubeginn und für Andreas Ziegler ein bewegender Abschied.
Rund 1500 Mal „Wart amol“
Denn nach 15 Jahren an der Spitze übergab Ziegler den Taktstock an seinen Nachfolger. Mit Worten des Dankes blickte Peter Gunkel auf viele gemeinsame Jahre voller Konzerte und Erlebnisse zurück und auf rund 1500 Mal „Wart amol“, das geflügelte Wort aus den Proben und Auftritten der Kapelle, das an jedem gemeinsamen Abend mindestens zweimal ausgerufen wird – sollte ein Musiker noch seine Brille suchen, den richtigen Takt oder gar das richtige Stück. Laut Gunkels augenzwinkernder Rechnung summierten sich diese Momente in 15 Jahren auf über acht Stunden Wartezeit und für die Wartenden auf etwa 750 Liter Bier. Das Publikum nahm diese Statistik mit einem herzlichen Lachen auf.
Auch Bürgermeister Matthias Hauke bedankte sich in einer persönlichen Rede bei Andreas Ziegler. Mit nur 16 Jahren hatte dieser die musikalische Leitung übernommen und die Kapelle mit viel Engagement, Talent und einem feinen Gespür für Zusammenhalt geformt. „Du hast die Kapelle zu dem gemacht, was sie heute ist, und sie ist ein Teil unserer Kultur“, betonte Hauke.
Nicht leicht und wohlüberlegt
Ziegler selbst zeigte sich sichtlich bewegt. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedete er sich von der aktiven Dirigentenrolle, bleibt der Kapelle jedoch als Musiker am Flügelhorn erhalten. In seiner Rede erinnerte er sich an seinen spontanen Einstieg, nachdem der Vater die Not um einen fehlenden Dirigenten und einem bevorstehenden Böhmischen Abend kundtat und an die vielen Proben, Auftritte und die gewachsene Gemeinschaft. „Ich durfte mit euch gemeinsam 2010 erstmals einen Böhmischen Abend erfolgreich meistern“, sagte er. „Wir haben über die vielen Jahre etwas aufgebaut, das ich aus Zeitmangel nicht schleifen lassen möchte.“ Beruflich stark eingebunden, oft auf Reisen und bald mit Wohnsitz in Coburg, wird Ziegler künftig nicht mehr regelmäßig an Proben teilnehmen können. Seine Entscheidung fiel ihm nicht leicht, doch sie war wohlüberlegt.
Symbolisch überreichte er den Taktstock an Christian Gerlach – nicht ohne zu bemerken, dass dieser ihn eigentlich gar nicht braucht und ohnehin am liebsten mit den Händen dirigiert. Dazu gab es Baldriantropfen für die Nerven und eine Packung Aspirin für alle Fälle. Gerlach wiederum hatte für seinen Vorgänger eine ganz besondere musikalische Überraschung vorbereitet: die eigens komponierte Polka „Für Andy“. Ein emotionaler Moment, als Ziegler im Publikum Platz nahm und den Tönen lauschte.
Mit den Stücken „Guten Abend, gute Nacht“ und „Tränen lügen nicht“ ging ein Abend zu Ende, der bei allen Gästen in Erinnerung bleiben wird. Es war spürbar, dass mit dem Abschied von Andreas Ziegler mehr als nur ein Dirigentenwechsel stattfand. Er hinterlässt ein musikalisches Vermächtnis, denn er hat die Schlosshofmusikanten über viele Jahre geprägt, was sicher noch lange nachwirken wird.