Zum Artikel "Verkehrsverbund: Was sich für den Kreis Bad Kissingen ändert" vom 5. Dezember 2024 erreichte die Redaktion folgendes Schreiben.
Hurra, Hurra, das Mainfranken-Ticket ist da: Ab Januar 2025 zum Aktionspreis von 9 Euro verspricht unser Landrat eine wesentliche Erleichterung, Optimierung, Attraktivitätssteigerung, Benutzerfreundlichkeit und alles, worauf wir sonst noch sehnlichst gewartet haben.
Der Nahverkehr soll damit gefördert werden, die Ortschaften enger vernetzt und PKW-Fahrer für Bahn und Bus motiviert werden, sagt Landrat Bold. Sein Nahverkehrsbeauftragter Herr Schäder spricht von Vorteilen des neuen Systems auf langen Strecken. Das klingt für mich eher nach dem Job eines Fernverkehrsbeauftragten. Auch könne man für 9 Euro den ganzen Tag lang kreuz und quer durch Mainfranken fahren. Ich wüsste zwar nicht, wo das dem Nahverkehr hilft, aber jedem das Seine.
Das erwähnte Geroda-Beispiel erzählt uns, wie Herr oder Frau Jemand von Geroda über Bad Kissingen und Schweinfurt nach Würzburg fahren kann. Es ist mir nicht bekannt, wie lange die Schlange in Geroda ist, die nach Würzburg fahren will, aber in Steinach ist sie sehr überschaubar.
Alles klingt für mich, als hätten sich unsere Schreibtischtäter, die nicht auf den Nahverkehrsbus angewiesen sind, ihre überqualifizierten Köpfe zerbrochen, wie sie den Leuten wieder mal ein X für ein U verkaufen können.
Wir haben hier schon jahrelang ganz andere Probleme mit dem Nahverkehr. So fährt der Bus Bad Kissingen – Bad Bocklet etwa stündlich, nicht aber nach Steinach. Uns fehlen die magischen Buchstaben "Bad" und so sind wir auf die Busse Bad Kissingen – Bad Neustadt – Bad Kissingen angewiesen. Diese fahren weniger oft, bei manchen darf man nur aus-, aber nicht einsteigen, die Rufbusse muss man 24 Stunden vorher bestellen, Samstag, Sonntag und Feiertage sind gänzlich Bus-frei. Das heißt für Steinacher: Floh- oder Weihnachtsmärkte am Wochenende und feiertags gibt's nicht.
Für unsereins heißt Nahverkehr: Lebensmittel-Einkauf und Arzttermine in oder auf dem Weg nach Bad Kissingen. Das geschieht wetterbedingt mehrmals wöchentlich, um nicht schwere Einkaufstaschen schleppen zu müssen oder auch um aus dem Haus unter Leute zu kommen.
Durch die Medien erfuhr ich, dass Armuts- und Altersdiskriminierung stark zunehmen. Das trifft für diesen Nahverkehr sicher zu und mit Streichung des Rentnertickets reiht sich auch Landrat Bold unter diese Schreibtischtäter ein, die schwache Minderheiten vergessen und fallen lassen, wo sie dann heimlich, still und leise unter den Behördenteppich gekehrt werden.
Während europäische Nachbarländer und Städte den Nahverkehr gänzlich kostenfrei gestalten, wird bei uns sogar die Busnutzung von Schülern eingeschränkt.
Aus meiner Sicht hat niemand großes Interesse, in Würzburg Lebensmittel einzukaufen oder tagelang kreuz und quer die 7000 Quadratkilometer Verbundgebiet zu erkunden. So bescheren uns Landrat Bold und sein Nahverkehrsexperte eine deutlich größere Verteuerung unseres Lebens, als alle Einkaufsmärkte zusammen.
Mit dem neuen Superticket wurde das Seniorenticket ersatzlos gestrichen. Damit trifft die "wesentliche Erleichterung" in erster Linie die Geldbeutel der Armutsrentner. Ein Netz, ein Ticket, ein Tarif: aus meiner Sicht, wie gewöhnlich, nichts als heiße Luft. Herzlichen Dank, Herr Landrat!
Ludwig Altfuldisch
97708 Steinach