Braucht es ein bundesweites Böllerverbot in Deutschland? Nachdem es vor allem in Berlin in der Silvesternacht zu heftigen Vorkommnissen mit fünf Toten und vielen Verletzten gekommen war, hat die Diskussion um ein Verbot neue Dynamik bekommen. Die Gewerkschaft der Polizei reichte beim Innenministerium eine Petition für ein Böllerverbot mit rund 1,5 Millionen Unterschriften ein.
In Unterfranken blieb es relativ friedlich. Rund 130 Einsätze gab es für die Polizei zwar, jedoch blieben größere Vorkommnisse aus, wie das Polizeipräsidium am Neujahrstag mitteilte. Dennoch wird auch in der Region und im Landkreis Bad Kissingen über ein mögliches Böllerverbot diskutiert. Wie sehen sechs Bürgermeisterinnen beziehungsweise Bürgermeister aus dem Bäderlandkreis die Debatte?
1. Judith Dekant (69), Bürgermeisterin von Thundorf: "Prinzipiell alles zu verbieten, damit tue ich mir schwer"

"In Thundorf handhaben wir es schon seit einigen Jahren so, dass die Gemeinde vor größeren Feuerwerken informiert wird. Es läuft alles sehr geordnet ab, auch diesmal war es wieder sehr ruhig und gut. Es gibt bestimmte Plätze, die vermehrt genutzt, aber auch wieder ordentlich aufgeräumt werden. Vorfälle gab es Gott sei Dank keine. Auf Bundesebene könnte ich damit leben, dass künftig mehr genehmigt werden muss. Aber prinzipiell alles zu verbieten, damit tue ich mir schwer. Man muss natürlich auch sagen: Wir sind eine kleine Ortschaft. Hier kennt jeder jeden und da geht man vielleicht anders miteinander um als in der Großstadt."
2. Andreas Sandwall (54), Bürgermeister von Bad Bocklet: "Ich halte wenig von Verboten"

"Es ist ein schwieriges Thema. Ich halte aber wenig von Verboten. Die Konsequenz ist ja, dass das irgendwer überprüfen muss. Und Verbote schaffen immer den Reiz, dagegen zu verstoßen. Die Polizei ist aus meiner Sicht eh schon an der Grenze des Machbaren. Es kommt dazu, dass hinter dem Feuerwerk auch eine Wirtschaft steht, die viel Geld damit verdient. Und wir bemängeln ja sowieso schon, dass es der Wirtschaft nicht so gut geht. Gewisse Bereiche, wie eine Altstadt, zu sperren, halte ich auf dem Land wegen der Überprüfbarkeit auch für schwierig. In Summe ist ein Verbot für mich kaum durchsetzbar. Diskussionen kommen immer dann auf, wenn etwas passiert. Und was passiert ist, muss man natürlich auch kritisieren. Aber mit Maß und Ziel."
3. Nico Rogge (38), Bürgermeister von Oerlenbach: "90 Prozent gehen sehr verantwortungsvoll mit Feuerwerkskörpern um"

"Die Szenen, die man teilweise gesehen hat, waren sehr heftig. Ich verstehe die Grundsatzdiskussion, gerade bei Tierhaltern. Auch, wenn mir jemand einen Böller zwei Meter vor die Füße werfen würde, würde mich das natürlich stören. Ein bundesweites Verbot müsste vom Gesetzgeber kommen und wäre aus meiner Sicht die Ultima Ratio. So weit sind wir auf dem Land sicher nicht. Ich persönlich glaube, dass 90 Prozent oder mehr sehr verantwortlich mit Feuerwerkskörpern umgehen. Bei uns gab es kaum Vorkommnisse, die gemeldet wurden. Eine Insellösung, also einzelne Bereiche auf unserem Gebiet zu sperren, halte ich auch für schwierig. Und noch einmal: Ich fände es sehr krass, wenn man das Böllern generell verbieten würde, weil sich Einzelne nicht an die Regeln halten."

4. René Gerner (53), Bürgermeister von Fuchsstadt: "Ich denke, auf dem Land ist alles okay"

"Fakt ist: Was beispielsweise in Berlin abgelaufen ist, geht gar nicht. Das muss unterbunden werden. Aber man muss schon unterscheiden zwischen den Ballungsräumen und dem dörflichen Bereich, das ist ein himmelweiter Unterschied. Wir haben auf dem Land nicht unbedingt die Klientel, die die Nacht nutzt, um Schäden zu verursachen. Natürlich geht an Silvester auch bei uns mal ein Schild kaputt, aber mit dem Böllern an sich hat das nichts zu tun. Ich denke, auf dem Land ist alles okay. Aber ich bin auch etwas zweigeteilt: Meine Kinder böllern auch mal gerne und Raketen sind ja auch schön. Andererseits sehe ich den großen Nachteil für Tiere und Umwelt. Es muss gemäßigt ablaufen."
5. Katja Habersack (48), Bürgermeisterin von Motten: "Bei uns auf dem Dorf sehe ich momentan keinen Handlungsbedarf"

"Das Thema ist ja nicht ganz neu, hat aber besonders wegen der Vorkommnisse in Großstädten neue Fahrt aufgenommen. Für uns in Motten kann ich sagen, dass mir dieses Jahr keine besonderen Vorkommnisse bekannt geworden sind, die es begründen würden, einzuschreiten. Zumindest ist das für dieses Jahr das Fazit. Grundsätzlich muss man in der Diskussion sicherlich zwischen Dorf und Großstadt unterscheiden. Dort ist die Thematik eine ganz andere und man muss sehr kritisch gucken, wie man künftig damit umgeht. Bei uns auf dem Dorf sehe ich momentan keinen Handlungsbedarf."
6. Mario Götz (44), Bürgermeister von Oberthulba: "Ich habe mir über den Jahreswechsel schon Gedanken gemacht"

"Die Bilder aus Berlin habe ich auch gesehen – leider, muss man sagen. Das geht natürlich gar nicht, ein absolutes No-Go. Dass sich immer wieder Menschen verletzen und es sogar Tote gibt, ist schrecklich. Darüber habe ich mir als Bürgermeister über den Jahreswechsel schon Gedanken gemacht. Aber man muss auch sagen: Das sind Bilder aus Ballungszentren. Das heißt nicht, dass so etwas bei uns nicht passieren kann. Aber dass jemand verletzt oder angegriffen wurde, ist mir Gott sei Dank nicht bekannt. Man muss natürlich auch an die Tiere denken bei der Thematik. Ich denke aber, dass die Besitzer sich und ihre Tiere ganz gut schützen. Zumindest in Oberthulba haben wir auch keine größeren Vermüllungen wahrgenommen. Stand heute kann ich sagen: Solange das auf diesem Niveau im Ort weiterläuft und die entsprechende Sensibilisierung stattfindet, kann man die Tradition weiterlaufen lassen."