Der Verlust ist nicht zu übersehen. Jahr für Jahr schrumpft die Zahl der Bäcker und Metzger. Vor allem auf dem flachen Land hat das Folgen für die Lebensqualität. Die Wege für den täglichen Einkauf werden länger. Orte ohne Nahversorger verlieren an Attraktivität. Die SPD im Landtag hat wegen dieser Entwicklung jetzt eine Anfrage an das Wirtschaftsministerium gestellt. Dessen Antwort unterlegt den gefühlten Eindruck mit Daten: Auch im Landkreis Bad Kissingen hat die Zahl der selbstständigen Betriebe im Lebensmittelhandwerk in den vergangenen fünf Jahren weiter abgenommen.
30 statt 35
2011 habe es im Bäderkreis noch 35 Bäckereibetriebe gegeben, teilt die Schweinfurter SPD-Landtagsabgeordnete Kathi Petersen mit, 2016 seien es nur noch 30 gewesen. Filialen sind da zwar nicht eingerechnet. Es wäre aber falsch zu glauben, dass überall, wo zuletzt ein Betrieb geschlossen hat, ein anderer als Ersatz eine Filiale eröffnet habe, erklärt Heribert Hedrich.
Nicht jede Lücke geschlossen
Als Beispiele führt Hedrich, der selbst in Winkels und Hausen Geschäfte hat, die Kissinger Stadtteile Poppenroth und Albertshausen an. In Poppenroth habe vor Jahren ein größerer Betrieb seine Filiale geschlossen. In Albertshausen habe erst heuer ein ansässiger Bäcker aufgehört. Und kein Filialbetrieb habe die Lücke genutzt. „In kleineren Orten fehlt auch für Filialen oft das Potenzial“, sagt der stellvertretende Obermeister der Bäckerinnung für die Landkreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld zur Begründung. „Die Kosten sind einfach zu hoch.“
Bestätigung von der Innung
Die Zahlen der Innung passen zwar im Detail nicht ganz zu denen des Ministeriums, der Trend aber ist der gleiche. Als die Bäckerinnungen der Kreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld vor zehn Jahren fusionierten seien noch insgesamt 75 Innungsbetriebe zusammengekommen, berichtet Hedrich, jetzt seien es nur noch gut 30.
Die Gründe für die anhaltende Entwicklung sind nach seiner Einschätzung vielfältig. Das Kundenverhalten habe sich geändert. Die Menschen seien mobiler geworden. Wenn sie in einen Markt zum Einkaufen fahren, nehmen viele beim Filialisten im Eingangsbereich schon Brot und Semmeln mit. Discounter hätten Backstationen. Beim Bäcker vor Ort kämen Kunden oft nur vorbei, um schnell noch etwas zu kaufen, was sie vergessen haben. „Aber vom Vergessen“, sagt Hedrich, „kann man als Bäcker nicht leben“.
Fehlender Berufsnachwuchs
Kathi Petersen führt in ihrer Mitteilung zum Thema fehlenden Nachwuchs als weiteren Grund für die Entwicklung an. Sie meint damit Berufsnachwuchs und verweist auf den Rückgang der Azubizahlen im Bäcker-, Metzger- und Konditorenhandwerk sowie im Fachverkauf dafür. 2011 habe es im Kreis Kissingen noch 87 Lehrlinge in diesen Bereichen gegeben, 2016 seien es lediglich 43 gewesen.
Hohes Risiko, viele Auflagen
Nach Hedrichs Einschätzung stimmt das zwar, der Mangel an Auszubildenden sei aber ein Problem des gesamten Handwerks. Für ihn stehen die hohen Hürden für einen jungen Berufskollegen, der sich im Bäckerhandwerk selbstständig machen will, eher im Vordergrund. Die Übernahme eines Betriebs erfordere eine beträchtliche Investition, sie brauche Mut zum Risiko, Leidenschaft für den Beruf und Qualitätsbewusstsein bei der Arbeit.
Dazu kämen ständig wachsende Ansprüche der Bürokratie. Da seien das Finanzamt und die Lebensmittelüberwachung, die Berufsgenossenschaft und das Eichamt. Und nicht bei allem, was die von einem Betrieb verlangen, sei der Sinn gleich nachvollziehbar. Deshalb sagten etliche Kollegen, das Backen mache schon noch Spaß, „aber das Drumherum wird zuviel.“
Pessimistische Prognosen
Hoffnung, dass sich die Entwicklung aufhalten lässt, hat Hedrich kaum. „Das wird in Zukunft noch dramatisch werden“, sagt er. Vor Ort, in Bad Kissingen, ergänzt er, „bleibt nicht mehr viel übrig“.
Für die Metzgerinnung Bad Kissingen bestätigt deren Obermeister Robert Schmitt eine ähnliche Entwicklung: „Das Sterben ist nicht aufzuhalten.“ Problematisch sei für seine Berufskollegen vor allem die Betriebsnachfolge. Für Familienbetriebe auf dem Land, die keine Pacht zahlen müssen und die Nachfolge aus der Familie heraus sichern können, sei die Situation noch tragfähig. Nicht aus der Familie heraus Nachfolger zu finden, aber sei schwer. Viele scheuten das unternehmerische Risiko und die Verantwortung der Selbstständigkeit. Auch Schmitt verweist zudem auf Probleme durch fehlenden Berufsnachwuchs und geändertes Kundenverhalten.
Unterstützung gefordert
Kathi Petersen erwartet von der Staatsregierung Maßnahmen gegen die Entwicklung. Es sei notwendig, „kleine Handwerksbetriebe zu unterstützen und attraktive Angebote für mögliche Auszubildende zu schaffen“. Gegensteuern könne man auch mit Dorfläden. Die bräuchten aber auch mehr Unterstützung, sonst könnten sie „auf Dauer nicht durchhalten“.
hat jüngst nach zwei Jahren wieder zugemacht.