Eine Gebiss-Teilprothese, ein I-Phone, Sportschuhe, zwei Meerschweinchen und eine Taschenuhr – was diese Sachen gemeinsam haben? Ganz einfach: Sie alle wurden im Fundbüro Bad Kissingen abgegeben. 349 Dinge waren es im Jahr 2010.
Die Herrin der verlorenen Dinge ist Sabine Reuß. Seit 2006 betreut sie das Fundbüro der Stadt Kissingen. Sie erfasst die abgegebenen Gegenstände im Computersystem, verwaltet das Online-Fundamt und ordnet die Sachen in die entsprechenden Fächer des großen Schrankes ein. Schmuck zu Schmuck, Handys zu Handys, Taschen zu Taschen. Zugegeben: Wirklich aufregend klingt das nicht. Aber der Job von Sabine Reuß hat auch andere Facetten. Immer wenn sie versucht den Eigentümer eines Gegenstands ausfindig zu machen. Dann wird sie zur Detektivin. Sie recherchiert, ermittelt, googelt und telefoniert. Zum Beispiel bei den zahlreichen Eheringen, die im Fundbüro abgegeben werden. „Wenn ein Name und ein Datum eingraviert sind, frage ich beispielsweise im Standesamt nach. Wenn jemand in Bad Kissingen geheiratet hat, bekommt er ziemlich sicher seinen Ring zurück“, sagt sie und lacht dabei stolz.
Im Jahr 2010 konnten 149 der 349 abgegebene Gegenstände an den Besitzer zurückgegeben werden. Und die anderen? Da gebe es verschiedene Möglichkeiten, sagt Sabine Reuß. Ein halbes Jahr wird ein Gegenstand im Fundbüro aufbewahrt. Solange kann sich der Eigentümer melden. Tut er das nicht, werden die Gegenstände entweder an caritative Zwecke gespendet oder der Finder hat die Chance, den Gegenstand zu bekommen – vorausgesetzt er meldet dies bei dessen Abgabe an. „Vor allem bei Schmuck und wertvollen Dingen nehmen die Finder das in Anspruch.“
Wertvolles lässt sich allerlei finden in Bad Kissingen. So wurde kürzlich eine teure Uhr abgegeben. Geschätzter wert? Mehr als 1000 Euro, so Sabine Reuß. Oder Bargeld. Jüngst waren es mehr als 6000 Euro. Auch die wurden im Fundbüro abgegeben. Neue I-Phones und teure Digitalkameras finden sich ebenfalls zuhauf in den Schränken des Fundamtes. Gerade diese neuen elektronischen Geräte sind es, die Sabine Reuß vor ganz neue Probleme stellen. Schließlich sind auf ihnen meist wichtige, private Daten gespeichert. „Wenn ein Finder beispielsweise ein I-Phone behalten möchte, müssen wir es vorher an eine Firma schicken, die die gesamte, gespeicherte Datenmenge löscht. Die Kosten dafür trägt der Finder“, sagt Reuß.
Doch es gibt nicht nur Wertvolles. Im Fundus des Amtes findet sich auch Skurriles. So wartet derzeit eine Gebiss-Teilprothese auf seinen Eigentümer, der sie scheinbar auf der Straße verloren hat. Denn dort, mitten in der Bad Kissinger Innenstadt, wurde sie entdeckt. Ob der Finder das Fundstück im Falle eines Falles behalten möchte, darf bezweifelt werden.
Selbst Fundtiere sind im Repertoire des Fundbüros keine Seltenheit. Hunde, Katzen Papageien, Wasserschildkröten oder Meerschweinchen wurden schon abgegeben. Ob entlaufen oder ausgesetzt, kann dabei nicht immer einwandfrei nachgewiesen werden. Die Tiere werden dann im Tierheim Wannigsmühle in Münnerstadt untergebracht. In manchen Fällen könne das Tier auch bei der Finderfamilie bleiben, bis der Eigentümer sich meldet, so Reuß.
Tiere, Schmuck, Prothese – Sabine Reuß sieht bei ihrer Arbeit so einiges. Richtig mulmig war ihr dabei erst einmal zumute. Da wurde ein herrenloser Koffer abgegeben. Das war kurz nach den versuchten Kofferbombenattentaten von Koblenz und Düsseldorf. Die Zeit, in der permanent vor Attentaten gewarnt wurde. Kein Wunder, dass ein herrenloser Koffer da für Aufruhr sorgt. Nach Absprache mit der Polizei hat sie den Koffer geöffnet. Der Inhalt: Ein alter Staubsauger. Schätzungsweise sollte beides schlichtweg entsorgt werden, sagt Reuß.
Eintönig ist ihr Job ganz und gar nicht. Und genau deswegen mag Sabine Reuß ihn. „Am schönsten ist die Freude der Eigentümer, wenn sie etwas Verlorenes wieder bekommen“, sagt sie. Da gebe es für sie keinen Unterschied zwischen einem verlorenen Schmuckstück oder einem verlorenen Kuscheltier.