Eine in Franken ungewöhnliche Schiffsflotte geht jetzt im Münnerstädter Henneberg-Museum im Deutschordensschloss für die Dauer von zehn Wochen vor Anker: Der gebürtige Bremer Matthias Schultz (51), der seit 2018 in Bad Kissingen lebt, zeigt in seiner dortigen Ausstellung „Gefangen im Glas “ anhand von 50 Buddelschiffen unterschiedlicher Größe – alle von ihm eigenhändig und maßstabsgetreu nach historischen Originalen gebaut – die 3500-jährige Entwicklung weltweiter Segelschifffahrt, beginnend in der Zeit ägyptischer Pharaonen bis ins 19. Jahrhundert. Die Sonderausstellung wird am Freitag 31. März, um 19.30 Uhr eröffnet und kann bis zum 11. Juni zu den üblichen Öffnungszeiten besichtigt werden.

Hobby fast ausgestorben
„Mein historisch ältestes Schiff ist die Nachbildung eines Seglers aus der Zeit der Pharaonin Hatschepsut, die um 1470 vor Christus lebte“, erklärt der Bastler, der seit 20 Jahren dieses heute fast ausgestorbene Hobby pflegt. In Deutschland dürfte es kaum noch mehr als hundert seiner Zunft geben, vermutet Schultz, von denen nur etwa 60 in der Deutschen Buddelschiffergilde organisiert sind.
Einst hießen sie „Geduldsflaschen“
Das älteste Buddelschiff baute der Italiener Giovanni Biondo im Jahr 1784, ist in der Sonderschau zu erfahren. Doch die ersten so genannten „Geduldsflaschen“ kamen schon 100 Jahre früher auf, allerdings nicht mit Schiffsmodellen , sondern je nach Lebensumfeld mit Modellen heimischer Szenen aus dem Bergbau oder dem Handwerk.
Einst Passionsszenen statt Schiffe
Mit solchen in Flaschen eingebauten Nachbildungen verkürzte sich mancher die langen Winterabende und konnte mit dem Verkauf sogar noch ein paar Groschen hinzuverdienen. In Süddeutschland baute man auch Krippen- und Passionsszenen, Heiligenfiguren oder kunstvolle Kruzifixe in Flaschen und andere Glasbehälter.
Blick über den Tellerrand lohnt sich
Zwei solcher Exponate aus dem 19. Jahrhundert konnte das Henneberg-Museum sogar aus eigenem Fundus zur Buddelschiff-Ausstellung beisteuern, freut sich Nicolas Zenzen, Kulturmanager und Leiter des Henneberg-Museums. „Unsere Ausstellungen haben meistens einen Bezug zur Region. Aber es lohnt sich auch, über den Tellerrand hinweg zu schauen.“ Zenzen ist sich sicher, dass die jetzige Buddelschiff-Ausstellung viele Menschen begeistern wird.

„Der Schwerpunkt meiner Buddelschiffe liegt zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert“, erläutert Matthias Schultz die Bandbreite der gezeigten Modelle. „Dies war schließlich die große Zeit der Segelschifffahrt.“
Aus fernen Ländern
Dabei hat sich Schultz keineswegs nur auf den Nachbau deutscher Segelschiffe beschränkt. Auch Nachbildungen aus fernen Ländern wie eine asiatische Dschunke sind ebenso zu sehen. Die in der Geschichte der Segelschifffahrt jüngsten von ihm gebauten Modelle sind das Segelschulschiff „Horst Wessel“ (Baujahr 1936), ein Schwesterschiff der „Gorch Fock“, das seit 1945 als Kriegsbeute der Amerikaner noch heute als „Eagle“ zur Schulung von Offiziersanwärtern der US-Küstenwache im Einsatz ist, sowie der portugiesische Viermast-Gaffelschoner „Santa Maria Manuela“ (1937), der bis 1993 in der Kabeljau-Fischerei eingesetzt war.
Wenige Ausnahmen
Begeistert sich der gebürtige Hanseat auch überwiegend für Segelschiffe, gibt es doch wenige Ausnahmen, von denen manche ebenfalls in der Ausstellung zu bestaunen sind. Ein Beispiel ist das originalgetreue Modell eines auf dem Mississippi eingesetzten Heckraddampfers.
Nicht das Schiffsmodel gibt die Größe der dafür zu nutzenden Flasche vor, sondern „die Flasche gibt mir die Größe des Modells vor“, erklärt der Bastler seine Arbeit. So war zum Beispiel sein bisher kleinstes Buddelschiff die Dampffähre „Friedrich“ (1880), deren Original heute noch als Museumsschiff in Bremen in Dienst ist. Deren Modell baute Matthias Schultz in ein kleines Nagellackfläschchen.
Doch auch bei riesigen Glasballonen, von denen ebenfalls Beispiele in der Ausstellung zu sehen sind, ist es kaum einfacher, die Schiffsmodelle hineinzubringen und dann darin aufzuhängen.
Ein ganz besonderes Projekt
Während seine Buddelschiff-Ausstellung bis zum 11. Juni im Henneberg-Museum läuft, arbeitet Matthias Schultz an einem völlig anderen Projekt: „Eigentlich bin ich ja Architekt. Momentan baue ich für ein hohes Glasgefäß eine elfstöckige vietnamesische Pagode aus Hanoi.“
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