Die Praxis von Allgemeinmediziner Berndt Newiger steht vor einer großen Herausforderung: Ihnen sind die beliebten Frucht-Schlecki-Lutscher für ihre Patienten ausgegangen (wir berichteten). Gab es kürzlich noch um die 30 der Stilbonbons, wurden nun die letzten der begehrten Süßigkeiten an die Patienten verteilt, erklärt Arzthelferin Vanessa Schwarz.
Seit rund 28 Jahren bereitete Allgemeinmediziner Berndt Newiger seinen kleinen – und oft auch großen – Patienten eine süße Freude. Denn als er 1985 die Praxis von seinem Vorgänger Gottfried Dieden übernommen hat, hat er auch eine von dessen Angewohnheiten übernommen: an die Patienten Lutscher auszugeben. „Doktor Dieden hatte die Lutscher zur Freude seiner Patienten schon immer verteilt“, erinnert sich Marga Hahn, die 30 Jahre in Diedens Praxis tätig war.
Patienten eine Freude machen
„Ich habe dies weitergeführt, weil man damit den Patienten eine Freude macht“, erklärt Berndt Newiger die Tradition. Gerade bei Kindern kämen die Frucht-Schleckies gut an – schließlich müsse der Arzt auch Wiedergutmachung leisten, wenn es beim Impfen gepiekst hat.
Ab und an gäbe es Schelte vonseiten seiner Frau dafür, dass er die Lutscher nicht nur an die kleinen Patienten verteilt, sondern auch großzügig an die älteren, gibt der Arzt schmunzelnd zu. Aber was soll man machen? „Wenn ein Patient vor 40 Jahren schon seinen Lutscher bekommen hat, kann ich ihm diesen doch nicht verweigern“, erklärt er sein Handeln – was wohl ein Grund für seine große Beliebtheit ist.
Beim Aussuchen der Lutscher haben die Patienten die Qual der Wahl. „Die Cola-Lutscher sind am schnellsten weg“, erklärt der Hausarzt. Ein zweites Auswahlkriterium sind die bunten Tiere auf der Verpackung. So fiel die Entscheidung oft schwer, ob man zur süßen Maus, der schnurrigen Katze oder doch zum rosa Bären greifen sollte. Vor allem zu EM- und WM-Zeiten waren die Lutscher begehrt: „Schließlich konnte man sich mit den drei Geschmacksrichtungen schön zu den Farben Schwarz-Rot-Gold bekennen.“
Diese Tradition steht nun jedoch vor dem Aus. Obwohl die Mitarbeiterinnen der Praxis sich schon über Ebay und diverse Großmärkte auf die Suche nach Nachschub gemacht haben, sind sie auf keine größeren Vorräte gestoßen. Ein Pharma-Vertreter, der von der Problematik in der Main-Post gelesen hatte, schlug ihnen vor in Italien auf die Suche zu gehen. Dort sollen die Schleckies noch „kistenweise“ zu erwerben sein, erzählen die Arzthelferinnen. Vielleicht gibt es also bald einen Betriebsausflug an die Adria.
Die Frucht-Schleckies stellte bisher die Firma August Storck aus Berlin her, die auch Süßes wie Werthers oder Toffifee produziert. Deren Unternehmenssprecher Bernd Rößler bestätigt auf Anfrage der Main-Post die Einstellung der Schleckie-Produktion zum Juni 2013: „Die Gründe sind vielfältig“, erklärt er, „aber andere unserer Markenlollis sind einfach erfolgreicher und wir konzentrieren uns auf den Markt.“
Berndt Newiger ist sich noch uneins, ob er die leckeren Frucht-Schleckies ersetzen wird: „Unser Markenzeichen waren halt diese Lutscher – andere Lutscher kommen bei den Patienten nicht so gut an.“ Einen Trost hat der Mediziner jedoch, wie er froh berichtet: „Zwar war die Enttäuschung unter den Patienten groß, bisher hat aber noch niemand gedroht, meine Praxis zu verlassen.“