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Burkardroth/Geroda: Die Rhön: Eine Landschaft voller Geschichten

Burkardroth/Geroda

Die Rhön: Eine Landschaft voller Geschichten

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    Interessiert schauen sich die Bürgermeister eine Karte zu historischer Landnutzung an. Das Bild zeigt von links: Doris Pokorny (Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates), Manfred Emmert (Altbürgermeister Geroda), Waldemar Bug (Altbürgermeister Burkardroth), Bürgermeister Daniel Wehner (Burkardroth) und Bürgermeister Alexander Schneider (Geroda).
    Interessiert schauen sich die Bürgermeister eine Karte zu historischer Landnutzung an. Das Bild zeigt von links: Doris Pokorny (Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates), Manfred Emmert (Altbürgermeister Geroda), Waldemar Bug (Altbürgermeister Burkardroth), Bürgermeister Daniel Wehner (Burkardroth) und Bürgermeister Alexander Schneider (Geroda). Foto: Marion Eckert

    Die Rhön gilt als eine Landschaft von außergewöhnlicher Schönheit und Vielfalt, geprägt durch jahrhundertelange menschliche Nutzung. Als Kulturlandschaft befindet sie sich in einem ständigen Wandel, sichtbar in Dorfstrukturen, Fluraufteilungen, Wegenetzen, landwirtschaftlicher Nutzung und historischen Gewerbestrukturen.

    Viele dieser prägenden Elemente sind bis heute erhalten und geben Einblick in die Lebensweise früherer Generationen.

    Spuren der Geschichte entdecken

    Beim Wandern durch die Fluren oder entlang historischer Dorfkerne lassen sich Spuren dieser Geschichte entdecken.

    Doris Pokorny, Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats, betont die Bedeutung dieser historischen Spuren: Sie prägen nicht nur das Dorfbild, sondern auch die Feldfluren und tragen zur Identität der Gemeinden bei. 

    Während Kirchen und andere Bauwerke als Denkmale anerkannt sind, fehle oft die Wertschätzung für gewachsene Landschaftselemente, die ebenso zur Identität der Region beitragen. 

    Erforschung der Kulturlandschaft seit 2006

    Seit 2006 wird im bayerischen Teil des Biosphärenreservats Rhön die Entstehungsgeschichte der Kulturlandschaft erforscht. Ziel ist es, dörfliche Strukturen, traditionelle Landnutzung und Wirtschaftsweisen aus kulturhistorischer Perspektive zu dokumentieren.

    Bislang wurden die historischen Kulturlandschaften des Fladunger Raums, der Walddörfer am Kreuzberg und des oberen Sinntals erfasst. Die Ergebnisse dieser Forschungen erschienen in drei Bänden der Buchreihe "Historische Kulturlandschaft Rhön".

    Der neu erschienene vierte Band widmet sich der Südrhön mit den Märkten Burkardroth und Geroda in den Schwarzen Bergen.

    Das Bewusstsein für die Kulturlandschaft stärken

    Eines der Ziele dieser Dokumentationen sei es, das Bewusstsein der Bevölkerung für den Wert der Kulturlandschaft zu stärken und so ihren Erhalt zu sichern, betont Pokorny. 

    Gleichzeitig stelle sich die Frage: Wird es künftigen Generationen noch gelingen, diese Zeugnisse der Vergangenheit richtig zu deuten und zu würdigen? Gerade im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Rhön sei es entscheidend, zu erkennen, welche Elemente bewahrt werden sollten.

    "Wer hier aufgewachsen ist, für den ist es selbstverständlich, dass die Rhön eine fantastische Kulturlandschaft ist. Doch vieles, was wir als gegeben hinnehmen, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Entwicklung." Woher stammen diese Landschaftselemente? Wie sind sie entstanden? Und welche Rolle könnten sie in der Zukunft spielen?  "Das betrifft nicht nur die besiedelten Orte, sondern auch die Feldfluren und die Landschaft insgesamt."

    Landschaft als Spiegel der Geschichte

    Eine Kulturlandschaft sei ein Spiegel der gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen sie entstanden ist und sich weiterentwickelt hat. "Vieles, was wir in der Natur sehen, erzählt eine Geschichte. Das Buch soll uns die Augen öffnen, damit wir lernen, die Landschaft zu lesen", fasst Pokorny zusammen.

    Die Kulturlandschaft, eine nach menschlichem Maß gestaltete Umgebung, ist Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen. "In der historischen Kulturlandschaft finden sich oft auch Ansätze für die Zukunft." Alte Strukturen lassen sich neu entdecken und für aktuelle Herausforderungen nutzen.

    Etwa Hecken und Lesesteinriegel: Sie gliedern nicht nur die Landschaft und fördern die Artenvielfalt, sondern tragen auch dazu bei, dem Klimawandel zu begegnen. Sie speichern Wasser, bieten Schatten und stabilisieren das ökologische Gleichgewicht. „Die Hecke neu zu erfinden, ist ein Zukunftsthema.“

    Die Leistungen früherer Generationen

    Es gelte, mit Demut auf die Leistung früherer Generationen zu blicken – auf das, was über Jahrhunderte gewachsen ist und bis heute Bestand hat. „Mit welch riesigem Aufwand wurde die Kulturlandschaft urbar gemacht.“ Doch allzu oft fallen wertvolle Strukturen aus Unachtsamkeit, mangelndem Respekt oder vorschnellen Entscheidungen der Planierraupe, der Kettensäge oder dem Bagger zum Opfer.

    Natürlich kann nicht alles erhalten bleiben. "Wir wollen ja nicht in einem Museum leben", hebt Pokorny hervor. Doch die Publikation soll dazu anregen, den Blick für das zu schärfen, was Wertschätzung verdient, und Bewusstsein dafür schaffen, was sorgsam in die Zukunft geführt werden sollte.

    Der vierte Band: Einblick in die Südrhön

    Volkskundlerin Sabine Fechter übernahm die finale Bearbeitung des Buches und präsentierte die Ergebnisse bei der öffentlichen Vorstellung.
    Volkskundlerin Sabine Fechter übernahm die finale Bearbeitung des Buches und präsentierte die Ergebnisse bei der öffentlichen Vorstellung. Foto: Marion Eckert

    Der vierte Band beleuchtet zahlreiche Aspekte der historischen Kulturlandschaft der Südrhön, die von Volkskundlerin Sabine Fechter, die die abschließende Bearbeitung bis zur Buchveröffentlichung übernahm, vorstellt wurden:

    Besondere Aufmerksamkeit gilt:

    • Dem Salzforst: Seine Geschichte reicht mehr als 1000 Jahre zurück, und er prägt die Wirtschaftsweise der Region bis heute. Ursprünglich Teil des Königsguts in Salz bei Bad Neustadt, ging er um das Jahr 1000 an das Hochstift Würzburg über. Seit dem Mittelalter fanden immer wieder Rodungswellen statt, wodurch große Teile des Waldes verschwanden. Neben seiner Bedeutung für die Holzwirtschaft spielte der Salzforst eine zentrale Rolle in der Jagdgeschichte der Würzburger Fürstbischöfe und später der bayerischen Könige.
    • Der jüdischen Vergangenheit von Geroda und Platz: Um diese bedeutende Kulturgeschichte zu bewahren, werden die Lebens- und Arbeitsweisen der jüdischen Bevölkerung beleuchtet.
    • Den historischen Verkehrswegen: Alte Straßen wie der Ortesweg und der Judenweg sowie die Entwicklung befestigter Straßen und Chausseen werden untersucht.
    • Der Gewerbestruktur: Das bedeutendste historische Gewerbe war das Mühlenwesen. Getreidemühlen und Schneidmühlen waren weit verbreitet. Zum Bau der bäuerlichen Wohnstallhäuser und Scheunen wurden vor Ort verfügbare Materialien wie Holz, Buntsandstein und Weidengeflecht verwendet.
    • Der Flur- und Nutzungsstruktur: Viehhaltung, Ackerbau und Wiesenbewässerung spielten eine zentrale Rolle. Noch heute zeugen Triebwege, Hutebäume und Hutewälder von der früheren Landnutzung. Die Methode der Wiesenbewässerung war ausgeklügelt: Durch steinerne Wehre konnte die Wasserzufuhr reguliert werden, um den Ertrag zu steigern.
    • Den sakralen Kleindenkmälern: Kapellen, Bildstöcke und Wegekreuze sind prägende Elemente der Kulturlandschaft. Besonders im 19. Jahrhundert erlebte der Bau von Hochkreuzen einen Boom. Kreuzdachbildstöcke aus der Zeit der Gegenreformation sind in der Südrhön besonders häufig anzutreffen.
    • Der historischen Siedlungsstruktur: Ob Straßendorf oder Haufendorf – viele Ortskerne haben ihre ursprüngliche Struktur bewahrt. Auffällig ist die hohe Anzahl an Doppelhäusern, die auf das Realteilungsrecht zurückzuführen ist.

    Das Buch präsentiert die Besonderheiten der historischen Kulturlandschaft in Text, Bild und Karte. Zudem sind auf der Webseite des Michael Imhof Verlags weiterführende Materialien zu den einzelnen Ortsteilen abrufbar. 

    Die Wissenschaftler hinter dem Projekt

    Die wissenschaftliche Grundlagenarbeit für die Publikation leisteten Landschaftsplaner Thomas Büttner und Geograf Armin Röhrer.  

    In beiden Marktgemeinden begleitete ein "Rat der Weisen" aus ortskundigen Bürgerinnen und Bürgern das Projekt ehrenamtlich.

    Neben weiteren Akteuren steuerte Prof. Thomas Gunzelmann, ehemals am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, fachlichen Input, dem Gesamtprojekt, bei.

    Der vierte Band "Historische Kulturlandschaft Rhön" befasst sich mit den Marktgemeinden Burkardroth und Geroda. Das Gruppenbild zeigt von links: Bürgermeister Daniel Wehner (Burkardroth), Prof. Thomas Gunzelmann (ehemals am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege), Altbürgermeister Manfred Emmert (Geroda), Doris Pokorny (Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats), Julia Rösch (Bayerische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats, Nachhaltige Entwicklung), Volkskundlerin Sabine Fechter, Bürgermeister Alexander Schneider (Geroda), Altbürgermeister Waldemar Bug (Burkardroth), Thomas Imhof (Imhof-Verlag, Fulda).
    Der vierte Band "Historische Kulturlandschaft Rhön" befasst sich mit den Marktgemeinden Burkardroth und Geroda. Das Gruppenbild zeigt von links: Bürgermeister Daniel Wehner (Burkardroth), Prof. Thomas Gunzelmann (ehemals am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege), Altbürgermeister Manfred Emmert (Geroda), Doris Pokorny (Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats), Julia Rösch (Bayerische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats, Nachhaltige Entwicklung), Volkskundlerin Sabine Fechter, Bürgermeister Alexander Schneider (Geroda), Altbürgermeister Waldemar Bug (Burkardroth), Thomas Imhof (Imhof-Verlag, Fulda).

    Die Forschungsarbeiten in Geroda wurden 2013 abgeschlossen, in Burkardroth 2019. Die abschließende Bearbeitung bis zur Buchveröffentlichung übernahm die Volkskundlerin Sabine Fechter. Das Projekt wurde mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert.

    Jeder Gemeinde hatte einen "Rat der Weisen", die den Forschern beratend zur Seite standen. Das Bild zeigt von links Bürgermeister Daniel Wehner (Burkardroth) mit Otmar Zehnter (Burkardroth), Günter Voll (Stangenroth), Bürgermeister Alexander Schneider (Geroda) und Alois Wehner (Stangenroth) mit dem neuen Buch.
    Jeder Gemeinde hatte einen "Rat der Weisen", die den Forschern beratend zur Seite standen. Das Bild zeigt von links Bürgermeister Daniel Wehner (Burkardroth) mit Otmar Zehnter (Burkardroth), Günter Voll (Stangenroth), Bürgermeister Alexander Schneider (Geroda) und Alois Wehner (Stangenroth) mit dem neuen Buch. Foto: Marion Eckert
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