Ab sechs Uhr morgens machten sich die 45 Arbeiter an dem imposanten Bauwerk zwischen Poppenlauer und Rannungen zu schaffen. Galt es doch, die letzten beiden Beton-Segmente von jeweils gut 20 Meter Länge in Position zu bringen.
Buchstäblich in Millimeterschritten tat die leistungsstarke Hydraulik ihr Werk. Diese Mechanik hob bei 20 Bar Druck immer wieder den gesamten Überbau minimal an, sodass die Arbeiter an den Pfeiler-Köpfen in luftiger Höhe von bis zu 31 Metern Teflon-Scheiben per Hand nachlegen konnten und die gesamte Konstruktion vom Widerlager auf Erfurter Seite aus weiterrutschen konnten.
Für Oberbauleiter Ralph Hardam von der Firma Eurovia ist es immer wieder erstaunlich, wie genau das fertig stellte Segment - der Fachmann spricht hier von "Takt" - zentimetergenau in die vorgesehen Wanne auf der anderen Seite hineinpasst.
Nachdem die hessische Baufirma J. G. Müller, die ursprünglich mit der Brücke beauftragt war, wegen Insolvenz die Arbeiten im vergangenen Jahr einstellen musste, wurden die restlichen Arbeiten neu vergeben. Den Auftrag bekam die Niederlassung der Eurovia Beton GmbH im sachsen-anhaltinischen Oebisfelde, die 380 Beschäftigte hat und zur Vinci-Gruppe gehört. Oberbauleiter Hardam betont, dass auf der Thalwasserbrücke nur deutsche Arbeiter beschäftigt seien.
Als Eurovia am 30. August vergangenen Jahres mit den Arbeiten begann, war der Oberbau der einen Brückenhälfte bis auf zwei Takte gediehen. Die westliche andere Hälfte fehlte noch ganz.
Damit diese andere Fahrbahn in Angriff genommen werden konnte, mussten die fünf zusätzlichen Stützpfeiler nach Westen verschoben werden. In 17 Abschnitten schoben dann die Arbeiter die Takte in Richtung Schweinfurt vor. Das ganze bis dato unfallfrei, so Hardam.
Die letzte Verschiebe-Aktion fand am Montag bei Dauerregen statt. Oberbauleiter Hardam störte das nicht weiter: "Besser schlechtes Wetter - und es klappt, als gutes - und es klappt nicht." Am späten Nachmittag war der Lückenschluss geschafft.
Bauende: 2. September 2005
Mit dem Lückenschluss im Überbau ist die Thalwasserbrücke freilich noch nicht fertig. Es fehlen noch die Auffahrten und die Straßenanbindungen. Reiner Götz von der Autobahndirektion-Nord, Dienststelle Würzburg, nennt als Bauende den 2. September 2005. Die Kosten für die gesamte Thalwasserbrücke nelaufen sich auf 10,6 Millionen Euro.

Wie Götz unterstreicht, ist nicht nur das taktweise Verschieben des Einzelsegmente eine recht spezielle Vorgehensweise. Hinzu kommt bei der Thalwasserbrücke noch die besondere Lage in einem Wasserschutzgebiet. So befindet sich im Inneren des begehbaren Brückenkörpers über dem Kanal fürs Brücken-Abwasser ein zweiter Entwässerungskanal fürs Streckenwasser. Weitere Spezialitäten sind die Steigung des Überbau-Körpers nach Süden um knapp ein Prozent und der Umstand, dass der Überbau an den Brückenköpfen drei Meter, in der Mitte hingegen 4,40 Meter hoch ist. Das ergibt einen "Fischbauch", der zudem im Grundriss leicht gebogen ist. "Eine Banane", sagt der Oberbauleiter. Die offizielle Freigabe der neuen A 71 ist laut Autobahndirektion Nord am Samstag, 17. Dezember. Bis dahin sollen die 70 Kilometer zwischen Meiningen und Schweinfurt für die Eröffnung fertig sein.