Trotz aller Unsicherheit – Khosro Ghalici hat sein Lächeln wiedergefunden. Acht Jahre lang war der ehemalige Kameramann des iranischen Fernsehens zur Untätigkeit verdammt gewesen. Asylbewerbern ist es nämlich in Deutschland grundsätzlich verboten, eine Arbeit aufzunehmen. Erst als im vergangenen Jahr die neue Bleiberrechtsregelung Gesetzeskraft erhielt, besserte sich die Lage für die bisher nur geduldete Familie.
Seit März vergangenen Jahres ist der 47-jährige Iraner, der mit seiner Familie früher in Teheran wohnte, bei MGlas beschäftigt. Eine Arbeitsstelle, die weit größere Bedeutung für ihn besitzt, als nur reiner Broterwerb. „Das ist ein unglaubliches Gefühl – wie neu geboren“ beschreibt er im Gespräch mit der Main-Post seine Stimmungslage. Mit der Arbeitsstelle hat die vierköpfige Familie ein Stück Sicherheit und Freiheit gewonnen. Eine Freiheit, die – so komisch das klingen mag – anfangs wieder andere Einschränkungen mit sich brachte.
Campieren statt Wohnen
Weil das Einkommen der Familie plötzlich zu hoch war, um im Asylbewerberheim am Schindberg weiter wohnen bleiben zu dürfen, mussten die Ghalicis relativ schnell aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen, in der sie seit ihrer Flucht aus dem Reich der Ayatollahs gelebt hatten. Zwar fanden sie nur wenige Häuserblocks entfernt eine geeignete Wohnung, allerdings standen sie ohne Möbel da.
Mehrere Monate lang musste ein Campingkocher reichen, um die Mahlzeiten zu kochen, nachts haben sie auf Matratzen geschlafen. „Gott hilft uns“, hat Ghalicis Frau Meernoosh, die seit Juni vergangenen Jahres als Reinigungskraft im Juliusspital-Altenheim arbeitet, damals immer gedacht. Und wenn sie von Gott spricht, meint sie nicht Allah, ist doch die Familie vor einiger Zeit zum evangelischen Glauben übergetreten.
Verbesserte Deutschkenntnisse
Mit den täglichen Kontakten an ihren Arbeitsstellen haben sich auch die Deutschkenntnisse des Ehepaars deutlich verbessert. Eine wichtige Basis für die von den Ghalicis angestrebte deutsche Staatsbürgerschaft. Voraussetzung dafür ist aber ein mindestens achtjähriger „rechtmäßiger“ Aufenthalt in Deutschland, der erst mit dem vorläufigen Bleiberecht begonnen hat.
Wie Marlene Schauer von der Pressestelle der Regierung von Unterfranken im Gespräch mit der Main-Post deutlich macht, gibt es aber Möglichkeiten, diese Frist bis auf sechs Jahre zu verkürzen. Etwa durch besondere Integrationsleistungen, wie sehr gute Sprachkenntnisse oder großes Engagement in Vereinen. Immer Voraussetzung ist natürlich, dass sie weiterhin in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt in Deutschland selbst zu bestreiten. Davon hänge in erster Linie auch die Verlängerung des Bleiberechts ab, wie Schauer weiter erklärte. Wobei es da Deutsche schon leichter haben. Denn außer Kindergeld stehen den Ghalicis keine Sozialleistungen zu.
Völlig integriert sind die beiden Kinder, die natürlich fließend deutsch sprechen. Die 17-jährige Melika absolviert gerade nach dem Abschluss der Hauptschule eine Berufsbildungsmaßnahme. Nächste Jahr möchte sie zunächst auf die Wirtschaftsschule gehen und dann irgendwann auch das Abitur machen. Gedanken, die sich der elfjährige Milad jetzt noch nicht macht.
Ein Engel namens Uschi
Durch den Auszug aus dem Asylbewerberheim hat die Familie nicht nur ein großes Stück Freiheit gewonnen. „Wir werden anders angesehen, die Leute haben Respekt davor, was wir geschafft haben“, sagt Ghalicis Ehefrau, die überdies sehr dankbar ist für die Hilfe, die ihr von der evangelischen Kirchengemeinde zuteil wird. „Dort haben wir uns immer ernst genommen gefühlt.“
Besonders ins Herz geschlossen hat die Iranerin aber Flüchtlingsberaterin Ursula Hartmann. „Es gibt einige Leute, die ich bis zu meinem Lebensende nicht vergessen werde und sie gehört dazu“, sagt sie und sieht sich in ihrem Glauben bestärkt. „Gott schickt Engel – wie Uschi“.
Die Psychologin aus Kleinwenkheim arbeitet in der Kreisgeschäftsstelle der Caritas in Bad Kissingen und kennt die Ghalicis seit sie nach Münnerstadt gekommen sind. Jetzt hofft sie natürlich auch, dass noch weiteren Familien der Schritt aus den Asylbewerberunterkünften gelingen wird, in dem noch rund 100 Flüchtlinge leben. Sie kommen aus dem Iran, Syrien, Afghanistan, Pakistan, Indien, China, Äthiopien, Eritrea und dem Kosovo.
Eine der Familien hat zumindest das Bleiberecht bis Ende dieses Jahres erwirkt. Obwohl auch hier beide Elternteile zum Teil im Schichtdienst arbeiten und sogar mehrere Jobs haben, reicht das Einkommen bislang nicht, um aus den Unterkünften auszuziehen. Für Ursula Hartmann eine „schlimme Realität“. Eine Realität, mit der sich in diesem Land aber nicht nur ausländische Mitbürger auseinandersetzen müssen.