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Hammelburg: Steigende Mieten, niedrige Rente: Kann der Campingplatz jetzt als Alternative zur Mietwohnung taugen?

Hammelburg

Steigende Mieten, niedrige Rente: Kann der Campingplatz jetzt als Alternative zur Mietwohnung taugen?

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    Marco  (links) und Ludwig Nürnberger können sich ihre Wohnwagen als Altersruhesitz vorstellen.
    Marco  (links) und Ludwig Nürnberger können sich ihre Wohnwagen als Altersruhesitz vorstellen. Foto: Wolfgang Dünnebier

    Niedrige Renten, zunehmend teurerer Wohnraum: Eine Schere, die nach Einschätzung von Ludwig Nürnberger (77) und Sohn Marco (52) immer weiter aufgeht. Für viele Menschen könnte diese Entwicklung direkt in die Altersarmut führen, befürchten die beiden Hammelburger - und haben einen ungewöhnlichen Ansatz, dem entgegenzuwirken: "Wohnen auf dem Campingplatz könnte die Zukunft für Betroffene sein", so Marco Nürnberger im Gespräch mit dieser Redaktion.

    Ihre Idee hat derzeit aber einen Haken. "Wir suchen schon seit zwei Jahren einen Platz", beklagen die beiden. So lange schon haben die beiden ihre Wohnwagen auf dem Parkplatz von Papa Nürnberger in der Adolf-Kolping-Straße in Hammelburg ungenutzt zwischengeparkt. Eigentlich wären sie startklar, aber es fehlt ein Ziel, an dem sie mit offenen Armen empfangen werden.

    Häufig gibt es Wartelisten, aber keine freien Stellplätze in Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld

    Etliche Plätze in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld hätten sie schon abgeklappert, überall werde man vertröstet, meistens mit Wartelisten. "Auf einem Platz stehen wir auf Rang 30", verrät Marco Nürnberger.

    Diese Geduldsprobe sei kein Einzelfall. Schuld daran sei häufig die Bebauungsplanung für Campingplätze. Sie schreibe häufig eine Quote zwischen Dauercampern und Durchreisenden vor.

    Inspiriert ist das von den Nürnbergers angepeilte Wohnmodell von jahrzehntelanger Erfahrung. "Auf dem Campingplatz ist mehr Miteinander", schwärmt Ludwig Nürnberger von dem Leben, das sich viel im Freien abspiele. Der Zusammenhalt sei größer als in Wohnblöcken. Fahr- und Einkaufsgemeinschaften würden sich bei etwas Abgeschiedenheit sicher leicht organisieren lassen.

    Steigende Mieten, komplizierter Wohnungsmarkt: Campingplatz als Alternative?

    Zu den Kostenvorteilen machen Marco und Ludwig Nürnberger angesichts steigender Mieten ihre Rechnung auf: Wenn man überhaupt eine Wohnung finde, zehren die Kosten dafür zunehmend an knappen Renten.

    Wo unterkommen mit den Wohnwagen? Aktuell stehen die Caravans von Vater und Sohn auf dem Grundstück von Ludwig Nürnberger in der Adolf-Kolping-Straße in Hammelburg.
    Wo unterkommen mit den Wohnwagen? Aktuell stehen die Caravans von Vater und Sohn auf dem Grundstück von Ludwig Nürnberger in der Adolf-Kolping-Straße in Hammelburg. Foto: Wolfgang Dünnebier

    Ganz anders würden sich die Kosten für Dauerstellplätze darstellen. Da ist man bisher häufig mit 1000 Euro pro Jahr dabei gewesen, wissen die Nürnbergers. Mit der Mieteinsparung könnte man sich relativ rasch einen Wohnwagen kaufen. Vorausschauend kann sich Marco Nürnberger daher vorstellen, sofort auf einen Campingplatz zu ziehen. "Unter der Woche bin ich sowieso selten daheim", verrät der Berufskraftfahrer.

    Die Politik sollte sich dem Dauercampen mehr öffnen, finden die Nürnbergers

    Gleichzeitig erkennen beide an, dass angesichts des anhaltenden Campingsbooms der Platzbedarf für Durchreisende gestiegen sei. Es bräuchte halt insgesamt mehr Fläche für das mobile Wohnen, finden sie. Ihr Eindruck ist, dass Dauercamper besonders in Bayern mit Restriktionen konfrontiert seien. Dabei verweisen sie auf andere Bundesländer, in denen diese Wohnform weiter verbreitet sei. Die Politik müsse sich dieser alternativen Form des Wohnens stärker öffnen.

    Nur: Haben die beiden keine Angst vor dem Winter im Wohnwagen? Gegenüber niedrigen Außentemperaturen geben sie sich ausgesprochen gelassen. Mit Gasheizungen ließen sich die 15 Quadratmeter in ihren Caravans leicht auf wohlige Wärme bringen. Auch sonst fehle es an Komfort mit Nasszelle, Sitzecke und großzügigen Betten nicht.

    Auch Gudrun Nürnberger (75) würde der Wohnraum mit ihrem Mann nicht zu eng werden, versichert sie. Wenn man sich mal aus dem Weg gehen will, könne man ja zum Kaffeeklatsch zu Nachbarinnen gehen, sagt sie schmunzelnd. Mit einem Vorzelt erweitere sich die Wohnfläche zudem auf 25 Quadratmeter. Wobei: Den gelegentlichen Rückzug in eine feste Wohnung würde Gudrun Nürnberger sich dennoch gerne offen halten.

    Die Hoffnung von Marco und Ludwig Nürnberger: "Kommunen müssten kulanter sein"

    Dass ihr Mann auf die Wintertauglichkeit der Wohnwagen nichts kommen lässt, hat einen besonderen Grund: Schließlich hat er 17 Jahre selbst bei einem Hersteller für Wohnwagen gearbeitet. Er kenne sogar Camper, die ihre Häuser verkauft haben und auf der verkleinerten Wohnfläche glücklich sind. Das wäre auch sein Ding, sagt er.

    Eine Gefahr, dass es durch Dauercamper zu einem Wildwuchs an prekären Ansiedlungen komme, sehen Nürnbergers nicht. Für klare Verhältnisse gebe es schließlich Platzordnungen. Zu deren Umsetzung könne ein gewählter Bewohnerbeirat im Interesse aller sorgen. Fazit von Familie Nürnberger: "Kommunen müssten im Umgang mit Dauercampern einfach kulanter sein", finden sie.

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