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BAD KISSINGEN: Es bewegt sich was in Nica

BAD KISSINGEN

Es bewegt sich was in Nica

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    Die sanitären Einrichtungen
    Die sanitären Einrichtungen Foto: Peter Trus

    Ich empfinde das alles nicht mehr ganz so katastrophal, auch wenn es für deutsche Verhältnisse immer noch unvorstellbar ist“, so resümiert Peter Trus, Orthopäde am OrthoCentrum Saale Bad Kissingen/Bad Neustadt, seinen mittlerweile sechsten ehrenamtlichen Hilfseinsatz in Mittelamerika. „Das wirklich Gute ist: Es bewegt sich tatsächlich etwas.“

    Trau?mhafte Lage an der Karibikküste, aber ...

    Die Hafenstadt Puerto Cabezas im Osten Nicaraguas liegt traumhaft an der Karibikküste, doch die medizinischen Gegebenheiten im einzigen Krankenhaus der Región Aútonoma del Atlántico Norte grenzen an einen Albtraum. Seit 2012 arbeitet Trus für die Organisation Apoyo Medico, die sich in dem bitterarmen Land starkmacht. Apoyo Medico versucht zu liefern, was dringend gebraucht wird, angefangen von sterilem Operationszubehör über Klinikbetten bis hin zu Medizintechnik wie einem Arthroskopieturm oder einem mobilen Röntgengerät.

    Trus ist überzeugt: „Die Fortschritte rechtfertigen unseren hohen Aufwand.“

    Eine Woche im Jahr Untersuchungen nonstop

    Der 53-Jährige war zuletzt im Frühjahr mit einem befreundeten Kollegen aus Baden-Württemberg vor Ort. Dass die deutschen Ärzte einmal pro Jahr rund eine Woche nahezu nonstop Einheimische untersuchen, versorgen und operieren, spricht sich im Vorfeld immer schnell herum, weiß Trus inzwischen aus Erfahrung. „Als wir nach 20 Stunden Flug ankamen, warteten 130 Patienten schon auf uns.“ Darunter war sogar der Gynäkologe des Krankenhauses, der sich bei einem Mopedunfall schwer am Knie verletzt hatte und kaum mehr arbeitsfähig war. „Selbst dieser Arzt hätte sich eine Fahrt ins Krankenhaus der Landeshauptstadt Managua gar nicht leisten können, abgesehen davon, dass es in Nicaragua gerade mal eine Handvoll einigermaßen qualifizierter Orthopäden gibt.“

    Ferndiagnosen über das Internet aus Deutschland

    Einer von ihnen ist Ernesto Espinosa. Der 45-Jährige hospitierte 2014 einige Wochen auf Einladung von Apoyo Medico am OrthoCentrum Saale. Mit ihm steht Trus in kollegialem, ja freundschaftlichem Kontakt. „Ernesto hat bei uns viel gelernt, was er seitdem anwenden kann“, sagt er nicht ohne Stolz. Zudem ermöglicht das Internet unterstützende Ferndiagnosen aus Deutschland. „Was wir praktizieren, ist wirklich klassische Hilfe zur Selbsthilfe.“

    Gliedmaßen oft nicht mehr zu retten

    Der 53-Jährige hat in seinem Medizinerleben schon viel gesehen, aber Nica, wie er sein Einsatzland fast schon liebevoll nennt, zeigt ihm immer wieder aufs Neue, womit in Deutschland ein Arzt kaum konfrontiert wird. Trus erzählt von der Behandlung eines Einheimischen, der vom Tauchen nach Hummern und Langusten lebt. Der Export der Krustentiere stellt einen wichtigen Wirtschaftszweig der Region dar – und ist mit einem hohen gesundheitlichen Risiko für die Taucher verbunden. „Oft kommt es bei zu tiefem Tauchen ohne entsprechende Ausrüstung zu einem so genannten Dekompressionsunfall. Im Körper bilden sich dann Stickstoffblasen.

    In Deutschland käme so jemand sofort in eine Druckluftkammer. In Nica liegt er eine Woche an Deck, weil das Boot erst zurückfährt, wenn es volle Ladung hat.“ Falls der Betroffene dann überhaupt eine medizinische Versorgung bekommt, kommt sie meistens zu spät. „Das Gewebe ist dann schon schwarz, Gliedmaßen sind oft nicht mehr zu retten.“ Und wieder fügt Trus das Wort „unvorstellbar“ an, das am häufigsten fällt, wenn er einen Eindruck über die Zustände in Puerto Cabezas zu vermitteln versucht.

    Immer auf der Suche nach Unterstützern

    Der Neustädter Orthopäde ist deshalb immer auf der Suche nach Unterstützern. Gefunden hat er sie nun auch schon in der Rhöner Region, Kliniken in Gersfeld und Fulda zeigen sich kooperativ und eine Bad Kissinger Spedition will den Transport nach Nicaragua stemmen. Doch die logistischen Herausforderungen sind groß, nicht nur wegen der weiten Entfernung und der komplizierten Zollvorschriften. „Niemand im Krankenhaus von Puerto Cabezas kann ein deutsches Klinikbett aufbauen. Wir überlegen, das Ab- und Aufbauen zu filmen und als Demo-Video mitzuschicken.

    “ Denn wie so oft im Leben gilt auch hier: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. „Wir sollten uns immer wieder bewusst machen, wie gut es uns in Deutschland geht“, appelliert Trus. Und fügt noch an: „Die Dankbarkeit der Menschen in Nica berührt mich sehr.“

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