Anfang des 20. Jahrhunderts boomte die Kur in Deutschland. Moorbäder waren das Nonplusultra der Badekur, auch im Heilbad Brückenau. Der Badetorf dafür wurde aus dem 45 Kilometer entfernt gelegenen Roten Moor herangekarrt – ein Raubbau an der Natur. Nun verwandelt der „Permakultur Rhön-Saale e.V.“ ein früheres Moorlager im Staatsbad in einen ökologisch wertvollen Waldgarten .
Er liegt noch zu großen Teilen in der Erde. Der Badetorf, der nach Verwendung in das Moorlager neben der Straße vom Staatsbad hinüber ins hessische Züntersbach gepumpt wurde. Dafür wurden eigens Leitungen den Berg hinauf verlegt, die immer noch existieren. Der beim Kuren verwendete Torf sollte nach zehn Jahren Lagerung eigentlich wieder aufbereitet werden. Die Idee wurde jedoch bald als unwirtschaftlich und umständlich aufgegeben.
30 Jahre lang lag es brach
Das alte Moorlager nahe der bayerisch-hessischen Landesgrenze wurde von den Gärtnern des Staatsbades zunächst als Lager- und Grüngutfläche benutzt; später lag es für rund 30 Jahre brach. Die Natur holte sich das 2,6 Hektar große Gebiet wieder zurück; Bäume und Sträucher wuchsen wild und im Moorlagerbecken keimten Samen des Sonnentaus.
Dadurch wurde der Bund Naturschutz auf das Gelände aufmerksam und erwarb es vor rund 25 Jahren für ein Moorschutzprojekt. Denn durch den ökologisch verheerenden Torfabbau - auch für landwirtschaftliche Zwecke und für Brennstoff - wurden viele Hochmoore in Deutschland und der Rhön stark beschädigt oder teils ganz vernichtet.
2023 entdeckte der Permakultur-Verein das Gelände und nutzt seither das Netzwerk aus Bund Naturschutz, Biosphärenreservat Rhön , dem Gartenbauverein und dem Verein „Zukunft Natur Rhön Saale e.V.“, um das ehemalige Moorlager zugänglich zu machen und es zu einem Waldgarten im Sinne der Permakultur umzugestalten – also ein zukunftsfähiges, ökonomisches und ökologisch stabiles System zu schaffen, in dem Mensch und Natur voneinander profitieren.
Viele Unterstützer
Dabei kann der Verein auf viele Unterstützer aus Politik, Geschäftsleben sowie private Akteure zurückgreifen. „Das hatte sich toll gefügt, man kennt sich und vertraut sich“, sagt Vereinsmitglied Robert Hildmann, denn: „Alleine würde es nicht gehen“. Hildmann kennt sich aus. Der gelernte Gärtner ist internationaler Diplom-Agraringenieur und hat 45 Jahre in seinem Beruf gearbeitet, 30 Jahre davon als Landschaftsgärtner im Bayerischen Staatsbad Bad Brückenau .
In seiner beruflichen Laufbahn vorrangig mit Zierpflanzen beschäftigt, geht er nun wieder zu seinen ursprünglichen Interessen zurück, wie er sagt, denn: „Permakultur ist die ideale Kombination für einen Gärtner, der naturverbunden ist.“ Gerne bringt er daher seine Erfahrung und sein Wissen in die Arbeit des Vereins ein und engagiert sich mit viel Herzblut im Waldgarten .
Grenzweg wieder begehbar gemacht
Rund zwei Jahre gemeinsamer, intensiver Arbeit der Vereinsmitglieder hat es gebraucht, das Gelände vom Wildwuchs zu befreien und in verschiedene Wuchszonen aufzuteilen. Die sollen später eigene Namen bekommen, wie beispielsweise der „Bärlauchwald“.
Der vorbeiführende Grenzweg zwischen Hessen und Bayern wurde durch den Verein wieder begehbar gemacht und die alten Grenzsteine von 1873 dadurch sichtbar. Bestehende Eichen, Hainbuchen und Ahornbäume wurden in die Anlage integriert.
Seltene Obstsorten
Der Sonnentau ist nicht mehr da, denn das (gelagerte) Moor hat sich abgesenkt und der Bewuchs drumherum hat es ausgetrocknet. Aber im Gemeinschaftsgarten wachsen künftig viele andere besondere Pflanzen: seltene Obstsorten und Wild-Obst mit fast vergessenen Namen wie Elsbeere, Gleditschie, Spierling oder die Gemeine Pimpernuss, aber auch Pilze, Walderdbeeren, Esskastanien, Beeren und Kräuter. Etwa 1.000 Saaten wurden ausgebracht; 300 Sträucher und Bäume haben die Vereinsmitglieder gepflanzt.
Nachhaltigkeit steht dabei an erster Stelle. Zur Düngung wird nur eigens angelegter Kompost verwendet. Aus den alten Steinen der Moorleitungen wurden Sonnenfallen gebaut, die den wärmeliebenden Feigenbäumen – einem besonderen Projekt im Waldgarten – bestes Wuchsklima spenden.
Totholz wird zu Weilern für Eidechsen, Hirschkäfer und anderer Fauna im Waldgarten . Abfälle werden recycelt , Wasser wird aufgefangen und gelenkt. Die neuen Pflanzungen werden danach ausgesucht, dass sie Trockenheit und das Klima im Wandel gut aushalten können. „Wir schauen, was funktioniert – oder eben auch nicht, denn wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie“, sagt Vereinsvorsitzender Florian Probeck. „Wir machen uns Gedanken, wie Waldumbau in Zukunft funktionieren kann. Unser Credo ist: Beobachten, Prozesse anstoßen und daraus lernen, offen für Neues sein“.
Miteinander statt gegeneinander
Lernen von der Natur, natürliche Vorgänge zum Vorbild nehmen, Miteinander statt Gegeneinander: Diese Ideen wollen die Mitglieder des Vereins „Permakultur Rhön-Saale“ auch an künftige Generationen weitergeben. Mehrere Schulklassen waren schon im Moorlager-Garten zu Gast und haben spannende Möglichkeiten entdeckt, sich nachhaltig zu engagieren und einen kleinen Beitrag zum Positiven für die Erde zu leisten. Für die Zukunft sind neben Führungen auch Workshops und Events zum Thema Nachhaltigkeit geplant. So wird das alte Moorlager, einst Sinnbild für den Raubbau an der Natur, wieder ein Ort biologischer Vielfalt.