"Wir sind autorisiert, diese Ausbildung durchzuführen", stellt Oberst Wolfgang Krippl, Leiter des VN-Ausbildungszentrums, gleich einmal klar. Die Geiselnahme gehört zur Einsatzvorbereitung für die Auslandskontingente. Und zwar nicht nur für Soldaten, sondern auch für Zivilisten wie Journalisten und Spezialisten des Auswärtigen Amtes oder Nicht-Regierungsorganisationen, die in Krisengebiete geschickt werden.
Dabei geht es mitunter ganz schön hart zu. Ein Journalist, der diese Ausbildung durchmachte, beschrieb es so: "Am Anfang habe ich gelacht, am Ende hätte ich fast geheult." Dass die Ausbildung psychisch und körperlich an die Grenzen geht, gibt Oberst Krippl ohne Umschweife zu. Doch das sei gewollt, um die Soldaten bestmöglich auf Situationen vorzubereiten, die sie im Einsatzland erleben können.
Allerdings gibt es hierfür eine klare Ausbildungsanweisung, die nicht nur den Ablauf der Übung regelt, sondern auch festlegt, was zulässig und was verboten ist. Einen Missbrauch hält Oberst Krippl schon deshalb für ausgeschlossen, weil bei dieser Ausbildung im VN-Zentrum zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte installiert seien.
So sind bei jeder Geiselnahme immer auch Beobachter, so genannte Schiedsrichter dabei, die das Vorgehen der Ausbilder überwachen und eingreifen, sollten die Grenzen überschritten oder die psychische Belastung für den "Gefangenen" zu groß werden. Jeder Soldat habe auch das Recht, die Ausbildung sofort zu beenden, wenn er die Übung nicht mehr verkrafte. Vorgeschrieben sei weiterhin die Anwesenheit eines Truppenpsychologen sowie eines Arztes und von Sanitätspersonal. Die Ausbilder selbst sind laut Oberst Krippl gut geschult und exakt in ihre Rollen eingewiesen. Nur Offiziere dürften diese Geiselnahme durchführen. In Einzelgesprächen werde das Training anschließend auch noch einmal aufgearbeitet.
Ein Fall des Missbrauchs ist Oberst Krippl, der seit eineinhalb Jahren das VN-Zentrum leitet, bislang nicht bekannt geworden. Jedoch komme es schon vor, dass die Schiedsrichter mitunter eingreifen müssen, wenn die psychischen Belastungen erkennbar zu hoch seien oder der Ausbilder seine Rolle nicht richtig umsetze. Trotz des bekannt gewordenen Missbrauchs solcher Übungen stellt Oberst Krippl die Ausbildung am VN-Zentrum nicht in Frage. "Es ist durchaus ein Erfordernis, das auszubilden, wir dürfen diesem Thema nicht ausweichen." Krippl erwartet deshalb keine grundsätzlichen Änderungen in der Einsatzvorbereitung: "Das Verhalten bei Geiselhaft wird auch künftig hier ausgebildet werden."