In der Innenstadt geht's rund. Nicht nur, weil die Schlecker-Leuchtreklame bereits abmontiert wurde und mit der Insolvenz auch Ihr Platz einen weiteren Platz in 1a-Lage freigemacht hat. Geschäfte öffnen und schließen, ziehen um. In einer Gaststätte geht das Licht aus, in einer anderen wird es wieder angeknipst. Das Karussell ist derzeit in Fahrt wie lange nicht mehr. Wer nach einem Jahr Pause wieder einmal zum Einkaufen ins Kissinger Zentrum kommt, wird sich neu orientieren müssen. Eine Momentaufnahme – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Ihr Platz, Obere Marktstraße 5: Alles noch offen
Nach der Schlecker-Insolvenz war auch die Firmentochter Ihr Platz nicht mehr zu retten. Die relativ große Verkaufsfläche der Kissinger Filiale in der Oberen Marktstraße ist hinter zugeklebten Schaufenstern verborgen.
Eigentümer Bernhard Bocks weiß um das Gerede in der Stadt. „Es laufen Verhandlungen“, führte er auf Anfrage der Main-Post aus. „Das kann sich jeden Tag entscheiden.“ Noch aber sei dies nicht der Fall, betonte er. Zumal er noch nicht einmal in Kontakt mit dem Schlecker-Insolvenzverwalter stehe. Er sei deshalb „in allen Richtungen offen“.
Nicht eingehen wollte er auf das Gerücht, wonach er die Immobilie auch selbst nutzen könnte. Was als (Interims-)Lösung nahe läge: Bocks ist Geschäftsführer der Bocks Sportswear GmbH mit Sitz in Maßbach, die deutschlandweit 43 Modeläden betreibt. Von den 35 Tropics-Filialen sind zwei in Bad Kissingen (Brunnengasse und Erhardstraße) und einer in Hammelburg (Kissinger Straße). Dazu kommen acht Filialen der Kette Seventy 77 Seven.
Weigands Gaststätte, Marktplatz 21: Italienische Zukunft?
Horst Arnold hat die Gaststube ausgeräumt, die Tafel mit der Kreideaufschrift „Hausgemachte Kartoffelsuppe auf Wunsch mit Wurst“ weggeschraubt. Das Fachwerkhaus aus dem Jahre 1680 steht schmucklos schön da am unteren Ende des Marktplatzes. 15 Jahre hat Arnold dort gekocht, der neue Eigentümer vor drei Jahren schon Eigenbedarf angemeldet. Arnold arbeitet jetzt mit seiner Frau im väterlichen Kurhotel in der Menzelstraße.
Roman Boxberger, Johann Büchler, Karl Boxberger, Ignatz Weigand und Familie Weigand-Fritz – die Liste der Eigentümer an der Hauswand muss fortgesetzt werden mit Enzo Interlici, der vor drei Jahren kaufte und mittlerweile an seinen Cousin Enanuele Fatuzzo weiter veräußert hat.
Interlici betreibt nur noch die Trattoria Casa Storica in der Salinenstraße, Fatuzzo seit zehn Jahren die Pizzeria Milano in Bischofsheim. Die Gerüchteküche brodelt. Aus dem Hause Fatuzzo aber kommt das klare Signal: „Es stehen noch Verhandlungen an.“ Ob er die Traditionsgasstätte verpachtet oder selbst betreibt, ist demnach noch nicht entschieden.
Wernerbräu, Weingasse 1: Khonsari plant Läden und Büros
Gleich nebenan das einstige Lieblingsmotiv fotografierender Touristen, das Menzel-Eck. Peter Rößner hat die Gaststätte Wernerbräu, in der seine Familie 38 Jahre lang gewirtschaftet hatte, vor zwei Jahren abgegeben. Die Werner Bräu Immobilien GmbH (Poppenhausen) verkaufte das Haus mit dem schmucken Erker, das nach dem Maler Adolph von Menzel benannt ist, an Ahmad Khonsari.
Den ganzen Sommer über signalisierte ein Container, dass innen fleißig gewerkelt wurde. Drei Läden im Erdgeschoss, Büroräume im ersten Stock sowie weitere Büros und Wohnräume im Seitenflügel sind genehmigt, erklärte Khonsaris Architekt, Bernd Heinrich. Die Kleinzelligkeit des 1898 erbauten Hauses bleibe erhalten.
Khonsari hat offenbar keinen Zeitdruck. Wann die Pläne umgesetzt werden, „steht im Himmel“, sagte er auf Anfrage der Mainpost. Immerhin: Ein Aufzug ist installiert, das Treppenhaus genügt den Brandsicherungsvorschriften.
Umzug Anfang 2013: Tchibo tauscht mit Bonita women
Das ist der Hammer: Tchibo verlässt seinen angestammten Platz nach 15 Jahren in der Oberen Marktstraße 1. Dieses Gerücht bestätigte Andreas Engelmann, Sprecher der Tchibo GmbH in Hamburg.
Das Haus am Eck mit dem Eck auch im Verkaufsraum hat eine hohe Besucherfrequenz. Doch diese dürfte erhalten bleiben: Denn Tchibo zieht nur um, und zwar ein paar Häuser weiter Richtung Saale, an den Marktplatz 3. Dort gebe es dann ab Januar mehr Platz für die Präsentation von Textilien und auch für eine Umkleidekabine, führt Engelmann aus.
Den Platz für Tchibo macht Bonita women frei. Das Modegeschäft für die Frau ist seit zehn Jahren am Marktplatz 18 beheimatet. Wie Erika Kirsten, Pressesprecherin der Tom Tailor Holding AG (seit August Muttergesellschaft von Bonito) auf Anfrage der Main-Post mitteilte, werde es Ende November schließen und dann Ende Februar im jetzigen Tchibo-Shop wieder eröffnen.
Für den Bruder von Bonita women, Bonita men, der erst im Mai am Marktplatz 18 eröffnet hat, werde sich nichts ändern.
Schlecker, Marktplatz 5: Pure aus der Badgasse zieht ein
Wer im bisherigen Schlecker-Haus am Marktplatz 5 einzieht, kündigen schon Werbeplakate im Schaufenster an: Nadine Dallmann-Pal und ihr Mann Michael Pal rutschen mit ihrem Pure-Laden aus der schattigen Badgasse 20 Meter nach vorne ins Rampenlicht, „von der zweiten Bundesliga in die Championsleague“, wie Michael Pal bildhaft verdeutlicht.
Die beiden haben in den vergangenen fünf Jahren vier Läden mit Mode und Accessoires in Bad Kissingen aufgebaut, dazu noch weitere Filialen in Bamberg, Bayreuth und Lohr. Die neue Filiale ist laut Pal „wesentlich größer“ als der 120-Quadratmeter-Laden in der Badgasse. Hinter dem Plakat wird schon umgebaut. Umgezogen wird voraussichtlich im Januar.
• Teil 2 folgt
Unsere interaktive Karte zeigt die erwähnten Geschäfte:
rot = Leerstand, grün = Wechsel, blau = Umzug