Der Anruf eines Jägers hatte ihn schon vorgewarnt, doch was Walter Müller am letzten November-Wochenende zu Gesicht bekam, erschreckte ihn zutiefst. Sieben Tiere aus einer seiner zwei Herden lagen tot im Gehege, eins hatte sich mit aufgerissenem Bauch noch ein paar Meter weit geschleppt. Dieses musste Müller per Gnadenschuss erlösen. Als Züchter, also aus wirtschaftlichen Gründen, möchte der 57-Jährige zwar kein allzu emotionales Verhältnis zu seinen Nutztieren aufbauen, aber: „Das schockt einen schon.“
Wölfe sind identifiziert: „Das war wie bei der Kripo“
Schnell kam der Verdacht auf den Wolf, doch das eindeutige Ergebnis der DNA-Analyse (C1-Nachweis) ließ noch zwei Wochen auf sich warten. Das LfU (Bayerische Landesamt für Umwelt) war mit einem Rissgutachter vor Ort, hat Proben entnommen und drei Kadaver in ein Erlanger Labor geschickt. „Das war wie bei der Kripo“, erinnert sich Müller.
Nun ist es Gewissheit. Wölfin „GW3092f“ und Wolf „GW3222m“ sind identifiziert. Beide Wölfe waren laut C1-Nachweis in der zweiten Jahreshälfte schon einige Male in Erscheinung getreten.
Sind es Problemwölfe ? „Wahrscheinlich“, sagt Walter Müller , doch die Entscheidung wird an anderer Stelle gefällt, nämlich im Landesumweltministerium.
Besonders strenger Schutzstatus des Wolfes
Auch ein seiner Meinung nach verträgliches Maß an Wölfen oder der Abschuss (letale Entnahme) wird von der entsprechenden Bezirksregierung oder vom Landratsamt entschieden. Die Ämter orientieren sich zunächst am Bundes- und Europarecht, das dem Wolf einen besonders strengen Schutzstatus gewährt. Im Einzelfall genehmigt die Bezirksregierung die Entnahme eines Wolfes, informiert der Sprecher des LfU.
Wie erkennt man den richtigen Wolf
Ein Miteinander von Wolf, Mensch und Nutztieren könne nur gelingen, „wenn die Wolfsdichte gering ist und Problemwölfe entnommen werden dürfen. Im Moment sind es zu viele“, ist sich Walter Müller sicher. Zudem stehe der Wolf nicht mehr auf der „Roten Liste“, sein Bestand sei also nicht mehr gefährdet. So sieht es auch der Bayerische Ministerrat und hat am 12. Dezember eine Bundesinitiative beschlossen. Es wird der Schutz der traditionellen Weidewirtschaft und die Senkung des Schutzstatus für den Wolf gefordert ( bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-12-dezember-2023/ ).
Groß ist in Detter auch die Unsicherheit, dass man den „richtigen“ Wolf vor die Flinte bekommt – seine DNA sieht man ihm ja nicht an. „Man braucht Rechtssicherheit, dass Problemwölfe entnommen werden dürfen und es keine Konsequenzen gibt, wenn man nicht den richtigen abschießt“, fordert Walter Müller . Auch Jäger seien verunsichert und bewegten sich mit der derzeitigen Gesetzeslage „auf dünnem Eis“.
Dem Wolf es möglichst schwer machen
Züchter könnten momentan ihre Herden nur mit dem „Wolfszaun“ zu schützen versuchen. Doch Müller winkt nur ab. „Den Wolfszaun gibt es nicht. Man kann nur versuchen, es dem Wolf schwer zu machen.“ Dazu kommt die Schwierigkeit, einen Wolfszaun zu errichten. Bei zwei Herden und drei Hektar Land geht das ins Geld, der geforderte Unterwühlschutz ist bei Müller „über Heckenwurzeln und Fels“ nicht machbar. „Er nutzt nichts, und Steuerzahler müssen dafür aufkommen.“
Eins möchte der Detterer klarmachen: „Ich bin kein Wolfshasser, und der Wolf gehört nicht ausgerottet, aber eine Lösung für Problemtiere muss gefunden werden.“ Als Walter Müller vor etwa 25 Jahren mit der Damwildzucht begonnen hatte, wurde zunächst ein Gehege für die fünf oder sechs ersten Tiere gebaut. Bald folgte das zweite Gehege, etwas außerhalb. Laut Auflage der Naturschutzbehörde sollten Gehege und Haltung naturnah gestaltet sein – damals ahnte man nicht, dass man die Tiere nun dem Wolf aussetzt.
Nutztierhalter haben Berechtigung auf Schutz
Der Wolf vor 200 Jahren lebte in einer anderen Welt als im heutigen Deutschland. „Das Land wird zugebaut, die Natur wird eingeengt“, beschreibt Müller die Problematik. Natürlich dringe der Wolf heute deutlicher in die Kulturlandschaft ein als im 19. Jahrhundert. Heute ist der Wolf nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Doch „auch Nutztierhalter haben Berechtigung auf Schutz“, der sei jedoch nicht vorhanden.
Müller erwarte, „dass der Wolf regulär ins Jagdrecht aufgenommen wird“. Mit allen Anforderungen, Vorgaben und Bestimmungen um eine artgerechte Tierhaltung und den Schwierigkeiten, Unsicherheiten und mageren finanziellen Ausgleichszahlungen sieht Walter Müller Landwirte als die „Gelackmeierten“ an.
Walter Müller macht sich Sorgen. Das Wolfspärchen, das in seinem Gehege Tiere gerissen hat, könnte im Frühling Junge bekommen. „Das nimmt Dynamik auf. Das kann uns schnell über den Kopf wachsen“.
Wolfsmanagement des Bayerischen Landesamtes für Umwelt
Das LfU (Bayerisches Landesamt für Umwelt) ist primär beratend zu staatlichen Förderprogrammen tätig. Schwerpunkte sind das Schutzgebietsmanagement, Artenschutz und Biotopverbund. Rund um den Wolf ist das LFU „federführend für das Wolfsmanagement zuständig; es leitet die Arbeitsgruppe „Wildtiermanagement/Große Beutegreifer“ und koordiniert das Monitoring“, heißt es aus der Pressestelle.
Bei Nutztierrissen leitet das LfU die Dokumentation und ermittelt die Höhe der Ausgleichszahlungen. Das LfU listet für Bayern sechs Wolfsterritorien. Im Monitoringjahr 2010/ 2011 wurde das erste Mal ein einzelnes Tier bestätigt, danach trat bis 2016 keines in Erscheinung. Ab 2017/2018 gibt es in Bayern ein Rudel und zwei Paare. Den bislang höchsten Wolfsbestand gab es 2020/2021 mit vier Rudeln, einem Paar und drei Einzeltieren. Für 2022/2023 sind zwei Rudel, drei Paare und ein Einzeltier bestätigt. Weitere Informationen unter dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen
Zum Hintergrund
Das LfU (Bayerisches Landesamt für Umwelt) ist primär beratend zu staatlichen Förderprogrammen tätig. Schwerpunkte sind das Schutzgebietsmanagement, Artenschutz und Biotopverbund.
Rund um den Wolf ist das LFU „federführend für das Wolfsmanagement zuständig; es leitet die Arbeitsgruppe „Wildtiermanagement/Große Beutegreifer“ und koordiniert das Monitoring“, heißt es aus der Pressestelle. Bei Nutztierrissen leitet das LfU die Dokumentation und ermittelt die Höhe der Ausgleichszahlungen.
Das LfU listet für Bayern sechs Wolfsterritorien. Im Monitoringjahr 2010/2011 wurde das erste Mal ein einzelnes Tier bestätigt, danach trat bis 2016 keines in Erscheinung. Ab 2017/2018 gibt es in Bayern ein Rudel und zwei Paare. Den bislang höchsten Wolfsbestand gab es 2020/2021 mit vier Rudeln, einem Paar und drei Einzeltieren. Für 2022/2023 sind zwei Rudel, drei Paare und ein Einzeltier bestätigt. Weitere Informationen unter dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen .
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