„Steig niemals bei einem Fremden ins Auto ein!“ „Öffne nie die Türe, wenn du allein zu Hause bist!“ „Lass dich nicht auf Gespräche mit Fremden ein!“ All das schärfen Eltern ihren Kindern immer wieder ein. Doch sind Kinder überhaupt imstande, gefährliche Situationen zu erkennen, wenn sie in diese hineingeraten und wissen sie wirklich, sich im Ernstfall richtig zu verhalten?
Die Grundschule Oberleichtersbach hat sich zur Aufgabe gemacht, Kinder präventiv für eventuelle Gefahren zu sensibilisieren und ein richtiges Verhalten zu trainieren. Hilfe hat sie sich dabei beim Verein SMOG e.V. (Schule machen ohne Gewalt) gesucht. „Nicht mit mir“ ist einer der Seminarworkshops, die der Verein, dessen Referenten ausschließlich ehrenamtlich tätig sind, für Grundschulen anbietet.
Praktische Beispiele
Schülern der 3. und 4. Jahrgangsstufe wird hierbei altersgerecht erklärt, wie sie ihnen seltsam erscheinende Umstände richtig einschätzen können und vor allem, wie mit angstmachenden Situationen umgegangen werden kann. Matthias Herr, stellvertretender Polizeidienststellenleiter in Hilders mit 40 Jahren Erfahrung im Polizeidienst, hat in seiner Freizeit die Grundschule Oberleichtersbach an vier Vormittagen besucht und mit seinem Trainingsprogramm jeweils zwei Schulstunden die Klassenführung übernommen.
Er beleuchtete mit den Schülerinnen und Schülern theoretische Situationen und vertiefte diese mit praktischen Beispielen auf dem Freigelände der Schule. Seit inzwischen zwölf Jahren sieht er sich dazu berufen, Kinder durch primäre Aufklärung zu schützen.
In den Seminartagen erarbeitete er anhand von insgesamt neun Fallbeispielen gemeinsam mit den Kindern richtiges Verhalten in bedrohlich wirkenden Situationen und ging dabei auf die subjektive Empfindung und die persönlichen Grenzen eines jeden Kindes ein.
Praktische Rollenspiele
„Vertraut zunächst keinen Personen, die euch fremd sind“, forderte Herr die Kinder in jedem Gespräch mit fremden Personen zu einer gesunden Skepsis auf. In praktischen Rollenspielen, bei welchen Herr eine vermeintlich unbekannte Person mimte, begriffen die Kinder schnell, wie sie sich einer solchen Situation entziehen, aber auch sich unter Umständen gefährden könnten.
„Seid auch mutig und verständigt die Polizei , sollte einmal etwas Komisches passieren oder sich jemand euch oder euren Freunden gegenüber seltsam verhalten.“ Mit dem Ziel, Hemmungen zu nehmen, wurde ein Anruf bei der 110 durchgespielt.
Stimme erheben
„Nicht mit mir“ ist ein Programm speziell für Grundschulen, das in erster Linie dazu dienen soll, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und ihnen die Fähigkeit zur Selbstbehauptung zu geben. Wichtigste Kernbotschaft des Präventionsprojektes ist es dabei, dass die Kinder den Mut haben sollen, sich immer Hilfe zu holen. In einem Schreiwettbewerb auf dem Schulhof konnten die Kinder zeigen, was in ihnen steckt.
Ein etwas anderer Unterricht, der den Kindern sichtlich Spaß gemacht, ihnen aber auch verdeutlicht hat, von welch großer Bedeutung es ist, seine Stimme zu erheben.
Für Kinder oft unsichtbare Gefahren durch soziale Netzwerke gehörten ebenfalls zu den im Seminar beleuchteten Themen. Unerfahrenheit und blindes Vertrauen kann besonders Kindern im Internet schnell zum Verhängnis werden. Verankert im Inhalt des Workshops ist auch Gewaltprävention im privaten Umfeld, so wurden die Kinder über ihr Recht auf eine gewaltfreie Erziehung und Selbstbestimmung aufgeklärt.
Positive Resonanz
Das Seminar, das auf Initiative des Elternbeirats und durch die finanzielle Unterstützung der Gemeinde in Oberleichtersbach angeboten werden konnte, stieß sowohl bei den Kindern als auch deren Eltern auf überaus positive Resonanz.
Bekannt ist der in Neuenstein-Saasen ansässige Verein SMOG e.V. vor allem im Hessischen Raum und auch Thüringen. Für Matthias Herr waren die Seminartage in Bayern eine Premiere, ebenso wie das Seminar selbst für die Grundschule Oberleichtersbach .
Bürgermeister Dieter Muth , der einen der Unterrichtstage besuchte, ließ sich vom Konzept sofort überzeugen und auch Schulrektorin Sabine Oschmann-Hockgeiger war begeistert von den vermittelten Inhalten und dem engagierten Referenten, der mit seinem gesamten Wesen und besonders durch seine langjährige berufliche Erfahrung überzeugte.
„Nach diesen vier gemeinsamen Tagen bin ich überzeugt, dass die Kinder nun imstande sind, aufmerksamer durchs Leben zu gehen, gefahrengeneigte Situationen besser einzuschätzen und auf diese angemessen und bedacht reagieren zu können“ dankte Oschmann-Hockgeiger Herr zum Abschied.
Der Elternbeirat will dieses durchweg gewinnbringende Seminar der Grundschule nach Möglichkeiten in einem regelmäßigen zweijährigen Turnus ermöglichen, zumal Prävention das beste Mittel gegen Gewalt ist.
