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Bad Kissingen: Helmfried von Lüttichau: Satire auf das Leben

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Helmfried von Lüttichau: Satire auf das Leben

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    Helmfried von Lüttichau im Kurtheater in Bad Kissingen
    Helmfried von Lüttichau im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Klaus Werner

    Ein bisschen was von allem präsentierte Helmfried von Lüttichau bei seinem Auftritt „plugged – ein Soloprogramm“ im Kissinger Kurtheater. Eigentlich war Lüttichau im Rahmen des Kissinger Kabarettherbstes angekündigt worden; viel besser hätte aber sein Auftritt zum Programm des Theaterrings gepasst. Der vielseitige Schauspieler präsentierte zur Freude des begeisterten Publikums eine vielschichtige und humorvolle Mono-Satire seines Lebens, die er mit lyrischen oder musikalischen Häppchen von bekannten Seelenverwandten wie Karl Valentin , Hannes Ringlstetter oder Bob Dylan garnierte .

    Paraderolle: Der tollpatschige Polizist

    Helmfried von Lüttichau ist einem breiten Publikum weniger als Theaterschauspieler bekannt, sondern eher als „Hansi“ aus der TV-Serie „Hubert und Staller“. Zusammen mit Christian Tramitz spielte er in der oberbayrischen Polizeisatire von 2016 bis 2018 die Rolle des einfältigen, tollpatschigen Polizisten Johannes Staller mit Dick-und-Doof-Attitüde.

    Diese, in sieben Staffeln gedrehte Persiflage hob Lüttichau auf ein Podest, das er mit vier Jahrzehnten Theaterengagement auf verschiedenen deutschen Bühnen nicht erreicht hatte. Von daher war es auch nicht sehr verwunderlich, dass das Kurtheater fast ausverkauft war und die Gäste sich über einen „Staller“ freuten, der Anleihen aus der Fernsehserie mit seinem Können als Schauspieler und seinem Rock´n Roller-Selbstverständnis verband.

    Das Programm des Abends hätte auch einfach „Ich“ heißen können, denn der 68-Jährige berichtete über seinen neidvollen Blick auf die Rockstars, die nach einem „Do you feel good“ und mit E-Gitarre die Massen traumatisieren, wogegen er mit Prinz-Eisenherz-Frisur, Blockflöte und einem „mittleren Ring um den Hüften“ zu den Verlierern seiner Jugendzeit gehörte. Auch mit dem Geigenunterricht wurde es nicht besser, denn viel lieber hätte er einen Knutschfleck statt eines „Geigenübungsflecks“ am Hals gehabt.

    Miniaturausgabe einer E-Gitarre

    Auf seiner schauspielerischen Lebensreise, die er durch hyperaktives Agieren auf der Bühne unterstrich, erzählte er vom „Culture clash“, als er vom hohen Norden in den tiefsten Süden nach „Guiuilching“ (Gilching) übersiedelte, und kredenzte diesen Kulturschock mit preußischem Habitus, Berliner Schnauze und boarischem Dialekt sowie humorvollen Anekdoten zu „Jeanshosen mit Schlag“ oder „Lagerfeuer-Romantik mit Angie“.

    Immer wieder griff Helmfried von Lüttichau zur Miniaturausgabe einer E-Gitarre , die nicht nur seinen Habitus als „Möchte-gern-ein-Rockstar-sein“ unterstrich, sondern auf der er auch mal Jimi Hendrix , die Dire Straits und The Police anklingen ließ oder einen Wiener ¾-Takt zu Hans Mosers „Wenn der Herrgott net will“ anstimmte.

    Mit schelmischer Mimik

    Sehr lebhaft, mit blitzenden Augen und schelmischer Mimik agierte der Mime auf der Kissinger Bühne und präsentierte zur Belustigung der fast 500 Gäste auch eine staller-haftige Tolpatschigkeit, wenn er den recht kurzen Gitarrengurt über den Kopf zieht und dabei seinem heruntersegelnden Hut mit unverständlichem Blick hinterher schaut. Lüttichau kokettiert mit der TV-Rolle und lässt auch Christian Tramitz zu Wort kommen, der ihn als „Bewegungslegastheniker“ bezeichnete, oder bindet die Lyrik von Kollege Hannes Ringlstetter mit ein oder analysiert „Stand-Up als Auftritt ohne gelernten Text“. Text ist ihm als gelernten Schauspieler wichtig, und weil es zwischen den einzelnen Engagements Lücken gibt, sucht man sich ein zweites Standbein – und dies fand Lüttichau in der Lyrik, wobei ihm folgendes wichtig ist: „Es müssen Gedichte sein, die man versteht und die einen Nachklang haben. Zehn Sekunden Stille nach dem letzten Wort: Perfekt!“ Daraus lassen sich Rocksongs kreieren, „denn der Text ist schon da, es fehlen nur noch die Akkorde“. Mit seinem Gedicht „Die Welt“ und seinem ironischen Rocksong „Ich fürchte nichts“ lieferte er den Beweis dafür.

    In eine andere Person schlüpfen

    Für seinen Berufswunsch spielte auch der kindliche Wunsch nach Verkleiden eine Rolle, das Hineinschlüpfen in eine andere Person. Und dabei halfen ihm die Bücher von Karl May , die in Bad Kissingen einen Bühnen-Indianer aus ihm machten, und passend dazu rezitierte er das Gedicht „Vater, mein Vater. Wie werde ich Rassist“ von Robert Gernhardt .

    Für Stimmung sorge auch seine Hommage an Bob Dylan , wobei die E-Gitarre dank Mehrspur-Aufnahme zur Band mutierte und „All Along The Watchtower“ oder „Knocking On Heaven’s Door“ den Saal zum Kochen brachten. Mit „Abandoned Love“ und dessen bayrischer Übersetzung „Du kannst nix mitnehmen“ verabschiedete sich Helmfried von Lüttichau von einem begeisterten Publikum, das zwar keinen Kabarettabend im herkömmlichen Sinn erlebte, aber dafür einem sympathischen Künstler für einen unterhaltsamen und vielschichtigen Abend mit überschäumendem Applaus dankte.

    Helmfried von Lüttichau hat in Bad Kissingen mit seinem Auftritt für einen vielschichtigen Abend gesorgt.
    Helmfried von Lüttichau hat in Bad Kissingen mit seinem Auftritt für einen vielschichtigen Abend gesorgt. Foto: Klaus Werner
    Helmfried von Lüttichau beim Bad Kissinger Kabarettherbst
    Helmfried von Lüttichau beim Bad Kissinger Kabarettherbst Foto: Klaus Werner
    Helmfried von Lüttichau ließ sich von Karl May inspirieren.
    Helmfried von Lüttichau ließ sich von Karl May inspirieren. Foto: Klaus Werner
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