Die wohl höchste Brennereidichte Bayerns verzeichnet Wartmannsroth (Lkr. Bad Kissingen). Bei knapp 2300 Einwohnern gibt es in den sechs Ortsteilen 82 Brennrechte. Daraus will die Gemeinde touristisches Kapital schlagen. Am Sonntag weiht sie ihren Brennerweg ein.
Auf fünf Wegschleifen zwischen fünf und zwölf Kilometern Länge informieren 44 Tafeln über die ländliche Erzeugung von Spirituosen. Außerdem kann im zeitlichen Wechsel bei sechs Direktvermarktern zum Kosten eingekehrt werden. Die längste der Strecken ist als eine der Extratouren des Biosphärenreservates Rhön ausgezeichnet. Für die abwechslungsreiche Streckenführung der Extratour „Wald-Brand“ gab es ein Zertifikat des deutschen Wanderinstitutes.
Der harte Kern von sechs Brennern hat sich im Zuge des Projektes vor gut einem Jahr zu einem Brennerverein zusammengeschlossen. Viele Stunden dachten sie gemeinsam über die Gestaltung des Weges nach. Es galt, reizvolle Ecken in der Natur zu erschließen und gleichzeitig die Betriebe anzubinden.
„Auch bei der Erzeugung profitieren wir von der Allianz“, sagt der Vereinsvorsitzende Andreas Lutz, landwirtschaftlicher Brennmeister und frischgebackener Destillat-Erlebnisführer. Ein echtes Gemeinschaftsprodukt ist der im Holzfass gereifte „Wald-Brand“ aus Waldfrüchten.
Neue Chancen für die Region
„Das Qualitätsbewusstsein hat mit der Direktvermarktung zugenommen“, berichtet Lutz. Lange war das Schnapsbrennen bloß Zubrot im Winter. Der produzierte Alkohol ging überwiegend in den Medizinbereich und an die Industrie.
Ganz anders heute: Rhöner Whisky, Brände aus Schlehdorn, Holunder, Vogelbeere und Heckenrose bereichern die Auswahl. Birnen- und Apfelbrände und Brände aus vielerlei Getreide sowie Liköre aus der Aroniabeere oder Apfelsecco zeigen den Einfallsreichtum der Erzeuger.
Franziska Bischof, die nach dem Ende ihrer Ausbildung vor zwei Jahren die jüngste Edelbrandsommeliere Deutschlands war, sieht große Chancen für ihr Heimatdorf: „Spirituosen-Messen bundesweit liegen im Trend“, sagt die Brennerin, die auch als Produktmanagerin der Tourismusregion „Frankens Saalestück“ unterwegs ist. Sie hat in Italien Tourismusmanagement und Sprachen studiert. „Die Nachfrage nach handgemachten Spezialitäten steigt“, ist die 29-Jährige überzeugt. Immer häufiger kämen Kunden auf den Hof, um einzukaufen. „In der Großgemeinde gibt es inzwischen drei Edelbrandsommeliers, einen Brennmeister und drei ausgebildete Brenner“, zählt sie auf. Einige haben bereits in moderne Verkostungsräume investiert, andere ziehen nach. „Fast jedes Wochenende gibt es Verkostungen“, sagt die Expertin. Hotels aus der Region schickten gerne ihre Gäste.
„Jeder profitiert“, sagt Werner Ziegert von der Gemeinde. So sind im Zuge der Wanderweg-Ausweisungen neue Ruhebänke in der Natur entstanden, die auch Einheimische gerne nutzen. Schon vor der offiziellen Eröffnung habe man mehr Wanderer von auswärts verzeichnet. Ziegert lobt den neu erwachten Gemeinschaftsgeist unter den direkt vermarktenden Brennern. „Ohne sie wäre das nicht gegangen,“, sagt er über die zweieinhalbjährige Entwicklungszeit des Projektes.
Organisationstalent brauchen die Beteiligten, um auch unter der Woche täglich eine der sechs Brennereien für die Bewirtung zu öffnen. Welche es gerade ist, darüber informiert die Gemeinde auf der Homepage. Investiert hat sie 100 000 Euro. 40 000 Euro davon aus Leader-Mittel der Europäischen Union.
Und wie verträgt sich der Alkoholgenuss mit dem Wandern? „Es wird keiner abgefüllt“, betont Andreas Lutz. Es gehe um das Erleben von Aromen im Zusammenspiel mit der Natur und bei der Qualitätsbrennerei überhaupt um das Konservieren des Geschmackes über den Winter.
„Klasse statt Masse ist unser Motto“, ergänzt Lutz. Dabei sensibilisere man für bewusstes Genusstrinken und gegen hemmungslosen Konsum. Weswegen wohl das gefällige Begleitheft auf gedruckte Warnhinweise zu den Gefahren übermäßigen Alkoholgenusses verzichtet.
Eröffnung des Brennerweges für das Publikum ist an diesem Sonntag um 10 Uhr mit einem Festakt am Feuerwehrhaus Wartmannsroth. Ab 11 Uhr gibt es Führungen in den Brennereien, von 15 bis 18 Uhr fährt ein Zubringerbus. Mehr Informationen dazu
unter www.brennerweg.de