Ländlichen Regionen wie dem Landkreis Bad Kissingen wird seit Jahren ein Bevölkerungsschwund vorhergesagt. Doch im Jahr 2021 meldeten die 26 Kommunen bereits ein Plus bei den Haupt- und Erstwohnsitzen, von 104.073 auf 104.352. Vor allem wegen des Ukrainekrieges ist die Einwohnerzahl 2022 nun noch viel deutlicher gestiegen: um 1157 oder 1,1 Prozent auf 105 509. In 21 Kommunen lebten zum Jahresende 1288 Einwohnerinnen und Einwohner mit ukrainischem Pass, fünf Kommunen machten hier keine Angaben.
Plus 1,9 Prozent in Bad Kissingen
In vier Kommunen ging 2022 die Einwohnerzahl zurück. Prozentual am stärksten in Riedenberg: um neun auf 958 (minus 0,9 Prozent). In Thundorf bedeuten acht Einwohner weniger ein Minus von 0,8 Prozent, den höchsten absoluten Rückgang hatte Nüdlingen mit 25 Einwohnern weniger (minus 0,6 Prozent), gefolgt von Oberthulba mit 24 Einwohnern weniger (minus 0,5 Prozent). In der Großen Kreisstadt Bad Kissingen sind 425 Menschen neu mit Haupt- oder Erstwohnsitz gemeldet, ein Plus von 1,9 Prozent.
Laut Stadtverwaltung gab es seit Kriegsbeginn 558 Neuzuzüge direkt aus der Ukraine, die Stadt könne aber nicht nachvollziehen, ob diese Menschen alle vor dem Krieg geflohen seien. Auf alle Fälle waren zu Jahresbeginn 154 Ukrainerinnen und Ukrainer bei der Stadt gemeldet, aktuell sind es 585. Nur eine Nationalität ist häufiger: 879 Bürgerinnen und Bürger haben laut Stadt (auch) einen russischen Pass. Auf Platz 3 sind 436 rumänische Staatsangehörige. Insgesamt gebe es in Bad Kissingen 3520 ausländische Einwohnerinnen und Einwohner und 105 Nationalitäten. Deutlich wird beim Blick in die Statistik, dass ausländische Bürger eher größere Kommunen bevorzugen: In Bad Kissingen gibt es 105 Nationalitäten, in Hammelburg 85, in Thundorf nur zehn, in Rannungen elf.
Unterschiedliche Verteilung
Ganz unterschiedlich verteilt sind auch die Ukrainierinnen und Ukrainer: In Ramsthal wohnten zur Jahresmitte elf Kriegsflüchtlinge, am Ende keiner mehr. In Bad Brückenau stieg die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer von Anfang 2022 auf Ende 2022 von 14 auf 162, in Bad Bocklet von drei auf 63, im Bereich der VG Euerdorf von vier auf 28, in Münnerstadt von sechs auf 95 und in Oberthulba von einem auf 17. In Zeitlofs gab es vor Kriegsbeginn drei ukrainische Staatsbürger, der Höchststand waren 33, jetzt sind es noch 17. Sie tragen dazu bei, dass die Bevölkerung dort um 27 oder 1,3 Prozent gestiegen ist.
„Vor allem in unserer neuen Schule können wir jedes Kind gut gebrauchen“, freut sich der Zeitlofser Bürgermeister Matthias Hauke.
Das Stadtgebiet Bad Kissingen ist laut Stadt um 2,8 Prozent gewachsen, Winkels um 3,7 und Albertshausen um 4,0 Prozent. In Garitz, Reiterswiesen und Poppenroth gab es ein leichtes Plus, Arnshausen blieb unverändert, Hausen und Kleinbrach schrumpften. Mit der neuen Interimskita in der Steinstraße (Außenstelle des Kliegl-Kindergartens) entspanne sich die Situation etwas.
„Die Interimskita konnte binnen eines halben Jahres umgesetzt werden.“ Seit Juni 2022 läuft die Erweiterung der Kita Poppenroth, die im Juli 2023 fertig werden soll. Mit der Theresienspitalstiftung entstehe eine neue Kindereinrichtung an der Steinstraße mit 188 Plätzen: 53 Krippenplätze, 85 Kindergartenplätze (jeweils vier Gruppen) und 50 Plätze für die Schulkindbetreuung (zwei Gruppen).
In der Grundschule würden ukrainische Kinder in den Regelklassen integriert. „Die Schülerzahlen pro Klasse sind angestiegen“, berichtet die Stadt. Laut Schulleitungen habe dies zu großem Mehraufwand geführt. Die Kliegl-Mittelschule nutze das ehemalige Telekomgebäude als Außenstelle. Tische, Stühle und Lernmittel zu besorgen, habe Zeit gekostet und „den städtischen Haushalt mehr als stark belastet, zumal die Stadt dafür in Vorleistung gegangen ist“.
Obwohl Oberthulba 2022 ausnahmsweise leicht geschrumpft ist, geht es dort seit Jahren bergauf: Die Kommune hat heute 60 Einwohner mehr als Ende 2020. „Wir hatten in den vergangenen Jahren immer hohe Geburtenraten, das ist 2022 zurückgegangen“, sagt Bürgermeister Mario Götz. Gleichzeitig seien mehr Menschen gestorben. Der Bevölkerungszuwachs wirke sich seit Jahren aus, etwa bei der Nachfrage nach Krippenplätzen. Im Kita-Neubau in Thulba gebe es bereits eine zweite Krippengruppe, für Oberthulba werde sie gerade vorbereitet: „Wir sind gewachsen, also müssen wir mit der Infrastruktur nachziehen.“