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Bad Brückenau: Evangelische Kirche: Der Wandel wird schmerzhaft

Bad Brückenau

Evangelische Kirche: Der Wandel wird schmerzhaft

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    Bereiten ihre Gläubigen auf eine harte Zukunft vor: Niels Hönerlage (links), Barbara Weichert und Gerd Kirchner.
    Bereiten ihre Gläubigen auf eine harte Zukunft vor: Niels Hönerlage (links), Barbara Weichert und Gerd Kirchner. Foto: Archiv/Rolf Pralle

    Stadtpfarrer Gerd Kirchner könnte frohlocken. Fünf evangelische Pfarrstellen im Altlandkreis: alle besetzt. „Eine traumhafte Situation“, sagt er. Doch der 64-Jährige weiß: Das bleibt nicht so. Auf die Protestanten in und um Bad Brückenau kommen ähnlich schmerzhafte Einschnitte zu wie auf die Katholiken . Nicht nur bei den Pfarrern.

    Bis Januar 2024 wird Kirchner noch seine Pfarrei, die die Kurstadt, das Staatsbad und Eckarts umfasst, betreuen. Dann geht er in den Ruhestand.

    Drei von fünf Geistlichen gehen in den Ruhestand

    Ein bis eineinhalb Jahre später folgt voraussichtlich sein für Wildflecken, Oberwildflecken und Riedenberg zuständiger Kollege Bodo Berg. Barbara Weichert, Pfarrerin für Zeitlofs mit Roßbach und Rupboden, begeht wohl im Winter 2027 ihr Dienstende.

    Es bleiben – Stand jetzt – Niels Hönerlage als Pfarrer für die Gemeinden Weißenbach mit Oberleichtersbach, Detter und Heiligkreuz sowie Regina Schenk für Platz und Geroda.

    Dass die vakant werdenden Pfarrstellen vollständig und nahtlos wiederaufgefüllt werden, hält Gerd Kirchner für unwahrscheinlich. „In zehn Jahren werden wohl 30 bis 40 Prozent nicht mehr besetzt werden können.“ Für die acht evangelischen Gemeinden im Altlandkreis rechnet er künftig mit drei Pfarrern.

    Viele offene Stellen, wenig Nachwuchs

    Der Grund dafür: Nachwuchsmangel. In Bayern sind 92 Pfarrerstellen vakant oder werden es in absehbarer Zeit. Dem stehen nur acht Pfarrerinnen und Pfarrer gegenüber, die vollwertig in den Beruf einsteigen. Niels Hönerlage ergänzt, dass fast die Hälfte der evangelischen Prediger bis 2030 in Ruhestand gehen. Viele wollten nicht mehr die Stelle wechseln.

    Für Jüngere sind Gegenden wie die Rhön – obwohl mitten in Deutschland gelegen und über die A 7 gut erreichbar – zudem nicht die erste Wahl, sagt Gerd Kirchner. Neue Pfarrerinnen und Pfarrer ziehe es eher in Städte wie Würzburg, Ingolstadt oder Kempten (München ist zu teuer geworden). Dies müsse man den Rhöner Gläubigen klarmachen.

    Auch besitze die neue Pfarrersgeneration ein anderes „Dienstgefühl“ als ihre Vorgänger: nicht mehr Vorstand der Gemeinschaft, der sich rund um die Uhr um alles und jeden fürsorglich kümmert, sondern professionell Berufene, die aber Zeit für die eigene Familie einfordern.

    Einteilung in ein Farbsystem

    Die erwarteten Einschnitte – sie treffen nicht nur die Pfarrstellen, sondern auch die Kirchen, Pfarr- und Gemeindehäuser. Ähnlich wie in der katholischen Diözese Würzburg werden deswegen auch in der evangelischen Landeskirche Immobilien bewertet.

    Niels Hönerlage gehört einem fünfköpfigen Immobilienausschuss an, der im Dekanat Lohr diesen Prozess vorantreibt und begleitet. Während die Katholiken ihre Bauwerke in die Kategorien A bis D einordnen, teilt die evangelischen Kirche den Gebäuden Farben zu, berichtet der Weißenbacher Pfarrer.

    Einteilung in „grün“, „gelb“ und „rot“

    „Grün“ stehe für: Gebäude soll erhalten werden. „Gelb“ heißt: Mittelfristig gibt es noch Finanzförderung der Landeskirche. Beim Label „Rot“ fließt kein Geld mehr.

    Beim Bewertungsprozess werden die Kirchenvorstände vor Ort mit einbezogen, so Hönerlage. Denn: „Die Gebäude gehören in aller Regel der Kirchengemeinde.“ Die Landeskirche besitze zwar Mitrede-, aber kein Verkaufsrecht.

    Können Gemeinden Kosten stemmen?

    Gerd Kirchner sieht aber die Gefahr, dass die Gemeinden die Kosten für Erhalt oder Bau ihrer Immobilien nicht mehr tragen können – zumal die Landeskirche insgesamt weniger Zuschüsse ausschütten kann. „Wir werden nicht mehr jedes Gebäude erhalten können.“ Auch werde nicht mehr jemand überall vor Ort sein.

    Eine Rangliste, welche Gebäude die Landeskirche mit wie viel Geld oder gar nicht bezuschusst, existiert (noch) nicht. Hönerlage glaubt aber, dass ihr Kirchen besonders wichtig sind – und sie diese künftig eher fördert als Gemeindehäuser.

    Kirchen und Pfarrhäuser sind Gläubigen wichtig

    Eine Praxis, aus der Konflikte entstehen könnten. „Die Kirchen sind für alle Gemeinden wichtig, Pfarrhäuser aber auch. Wenn hier ein Pfarrhaus verkauft würde, wäre das ein schwerer Schlag“, berichtet Hönerlage aus seinem Beritt.

    Gleichzeitig weiß er, dass künftig wohl nur drei statt fünf Pfarrer-Dienstwohnungen nötig sind. Die Pfarrhäuser in Bad Brückenau und Zeitlofs sind länger nicht erneuert worden. Was geschieht mit ihnen, wenn ihre Bewohner gehen?

    Ansprechende Pfarrwohnung für Bad Brückenau

    Gerd Kirchner arbeitet daran, „dass in Bad Brückenau eine ansprechende Bleibe für den künftigen Pfarrer entsteht“. Auch, um einem potenziellen Nachfolger die Stelle schmackhaft zu machen. Dass viel zu machen ist und dass das die Kirchengemeinde einiges kostet, weiß er.

    Derweil bereiten einige evangelische Pfarrer im Altlandkreis ihre Gläubigen auf magerere Zeiten vor. Sie bündeln Kräfte. Es gibt gemeinsame Predigt- und Urlaubspläne, einen von sechs Gemeinden getragenen Konfirmandenkurs, eine Gesamt-Homepage und einen einheitlichen Gemeindebrief.

    Drastisches Gedankenexperiment

    Dessen Herbstausgabe berichtete über ein Gedankenexperiment. „Was, wenn im Altlandkreis plötzlich nur noch eine Pfarrperson wäre?“ Ein noch drastischeres Szenario, als Kirchner und Hönerlage annehmen. 

     Klar wurde: Das Leben in den Kirchengemeinden soll erhalten bleiben. Das gelinge nur gemeinsam, hieß es, „vielleicht nicht mehr an jedem Ort, unter jeder Kirchturmspitze, aber mit der deutlich ausgesprochenen Einladung an alle, jederzeit willkommen zu sein“.

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