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BAD KISSINGEN: Jugoslawisches Kult-Restaurant Zagreb schließt nach 30 Jahren

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Jugoslawisches Kult-Restaurant Zagreb schließt nach 30 Jahren

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    Die Entscheidung ist Ilija Lovric nicht leicht gefallen. „Dass ich am letzten Tag weinen werde, steht fest“, sagt er. Auch, wenn er sich innerlich schon einige Zeit mit dem Verkaufs-Gedanken beschäftige.

    Eigentlich wollte der 54-Jährige zwar noch zwei, drei Jahre machen – bis zum Rentenalter eben. „Wir müssten nicht verkaufen, aber jetzt hat es sich so ergeben. Irgendwann kommt der Punkt einfach. Der Verkauf war eine ziemlich spontane Entscheidung.“ Getroffen hat er die erst vor zwei Wochen.

    Institut Nuss will expandieren

    Gekauft wurde das Restaurant vom Hygiene-Institut Dr. Nuss, das bereits im selben Gebäude neben dem Restaurant in der Schönbornstraße angesiedelt ist. „Wir möchten expandieren“, erklärt Hans Nuss auf Anfrage der Main-Post. Das Restaurant wolle man zu Laborräumen umfunktionieren. Mehr wollte Nuss vorerst nicht verraten. Das Gerüst zumindest steht schon.

    „Wo ist Bad Kissingen?“, fragte der 24-jährige Ilija Lovric, als ihn ein Kroate in Offenbach vor 30 Jahren fragte, ob er nicht Lust hätte, in der Kurstadt ein Restaurant zu übernehmen. Lovric, der aus dem Norden von Kroatien stammt, war als 14-Jähriger nach dem Hauptschulabschluss zu seiner Mutter nach Frankfurt gekommen, die als Zimmermädchen in einem Hotel arbeitete. Nach einer Kellnerlehre hatte er in verschiedensten Frankfurter Hotels gearbeitet. Das Restaurant und Kissingen gefielen ihm auf Anhieb.

    Es sollten nur zwei Jahre sein

    Gemeinsam mit seiner Frau Ljuba, die er seine „große Liebe“ nennt, und dem damals einjährigen Sohn Danny ist der junge Kellner nach Bad Kissingen gezogen. Eigentlich wollte die Familie nur zwei Jahre bleiben. So lange lief der Mietvertrag. Doch dann hat Lovric das Restaurant gekauft. Und aus den zwei Jahren sind knapp 30 geworden.

    So lange arbeitet seine Frau Ljuba Lovric schon als Küchenchefin, meist ungesehen, im Hintergrund. Sie ist es, die die speziellen Essens-Wünsche der Gäste erfüllt. „Die Karte existiert nur auf dem Papier“, lacht sie. „Ohne meine Frau hätte ich mir das nie vorstellen können, ohne sie wäre es nie gegangen“, sagt ihr Mann.

    „Da wusste ich, ich hab's geschafft“

    Werbung, sagt Lovric, hat er nie fürs Restaurant gemacht. Stattdessen hat er sich am 9. Juli 1980 – der erste Arbeitstag war ein regnerischer Mittwoch – vors Restaurant auf die Straße gestellt, die Leute gegrüßt, gewartet. Genauso die folgenden Tage. Nach und nach, erzählt er, seien Gäste zum Essen gekommen. Nur einmal ist er aktiv geworden: Auf den Fußballtrikots der Garitzer Mannschaft hat er sich mit einem Schriftzug verewigt – und so die Herzen der Garitzer gewonnen. „Nach ein paar Monaten kamen die ersten Reservierungen, da wusste ich, ich hab's geschafft.“

    Urlaub hat Familie Lovric vier Jahre lang nicht gemacht. „Nur Geschäft, Geschäft. Mein Vater hat mich irgendwann gefragt: Lebst du noch?“ Der kleine Danny wuchs im Restaurant auf. Hinter der Theke hatte Vater Lovric Tischchen und Stühlchen aufgestellt, da knetete der Knirps Figuren aus Kerzen-Wachs.

    „1984 war das beste Jahr“, erzählt der Restaurant-Chef im Rückblick. Ohne Reservierung bekommt man im Zagreb keinen Tisch – das war damals stadtbekannt. Bis zu einer halben Stunde warteten die Menschen im Eingangsbereich auf freie Plätze.

    Überhaupt seien die 80er eine gute Zeit gewesen, damals, als die Kur in Kissingen noch brummte. 18 Jahre lang gab es im Zagreb von 11.30 Uhr bis 14.30 Uhr sogar einen Mittagstisch. Auch heute noch laufe der Laden, so Lovric, am Freitag habe er 20 Leute wegschicken müssen, Samstag waren es 16.

    Langsam spricht es sich herum unter den Stammgästen: Der Ilija schließt. Manche glauben noch an ein Gerücht. Andere wissen es besser. „Du nimmst meinem Mann sein Wohnzimmer weg“, hat ein Gast kürzlich zu Lovric gesagt. Eine Dame hat ihn gedrückt, sein Gesicht in die Hände genommen, und erklärt: „Ilija, wir werden euch vermissen.“

    „Wir bleiben“

    Lovric plant, sich in Bad Kissingen Arbeit zu suchen. Eventuell als Kellner, aber nicht zwangsläufig. „Ich bin gespannt, ob ich auch was anderes machen kann“, sagt er. „Deutschland ist für mich Heimat“, erklärt Lovric. „Wir bleiben in Kissingen, weil wir in der Stadt alt geworden sind.“

    Gutscheine können bis 1. Dezember im Restaurant Zagreb zurückgegeben werden, Tel. (09 71) 45 40.

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