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Bad Kissingen: Intendant Steinbeis: So war mein Kissinger Sommer 2024

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Intendant Steinbeis: So war mein Kissinger Sommer 2024

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    Alexander Steinbeis, Intendant des Kissinger Sommers, und Künstlerin Désirée Nick.
    Alexander Steinbeis, Intendant des Kissinger Sommers, und Künstlerin Désirée Nick. Foto: Julia Milberger

    Klassisch und bunt, das war der Kissinger Sommer 2024. Und er war der erfolgreichste der letzten drei Jahre, worüber sich einer besonders freut: Intendant Alexander Steinbeis. Nachgefragt: Welches Resümee zieht er? Und wie sieht der KiSo '25 aus? So viel sei verraten: Er wird anders!

    Herr Steinbeis, wie geht es Ihnen nach fünf Wochen harter Arbeit?

    Es ist eine Mischung der Gefühle. Ich bin natürlich beglückt, erschöpft und fühle mich ein klein wenig neben der Spur. Manchmal ertappe ich mich beim Gedanken: Hast du das geträumt oder war das real? Die Mischung aus Adrenalin und Konzentration fällt jetzt von mir ab, aber ohne die Mixtur hätte ich die fünf Wochen Druck, Schlafmangel und ständige Aufmerksamkeit wohl nicht stemmen können. Wie sehr der Kissinger Sommer in meinen Knochen hängt, zeigte der erste Abend ohne Verpflichtungen: Ich habe um 20.30 Uhr das Licht gelöscht und bin in einen fast komatösen Schlaf gefallen.

    Sie sind also glücklich?

    Sehr, weil alles so gut gelaufen ist. Es gibt bestimmte Situationen, die kannst du nicht bis zum Ende planen – da siehst du erst auf der Bühne, ob es so klappt, wie man sich das vorgestellt hat.

    Können Sie ein Beispiel nennen?

    Ja, „Berlin, du coole Sau“, die Revue mit 100 Jahren Berliner Musikgeschichte. Ein tolles Projekt, aber klassikfern. Auch wenn wir ein Klassikfestival bleiben, so lohnt sich doch der Blick über den Tellerrand und beim Motto „Berlin“ hat sich das angeboten. Ensemble und Crew konnten erst nachmittags anreisen. Es war eine Freude zu sehen, wie Profis arbeiten: Sie haben eingeleuchtet, den Soundcheck gemacht, kurz geprobt – und dann begann auch schon die Vorstellung. Und die Gäste waren begeistert. Wir waren ausverkauft und mussten sogar Menschen abweisen.

    „Berlin, du coole Sau“
    „Berlin, du coole Sau“ Foto: Werner P. Vogel

    Die Publikumszahlen dürften Sie sich einrahmen. Es wurden mehr als 22.000 Karten für die 57 Veranstaltungen an 31 Tagen verkauft. Das bedeutet eine Platzauslastung von 83 Prozent - noch mehr als das Rekordergebnis von 2023.

    Ja, die Zahlen sind gut, auch die Streamingangebote im Rahmen von „Gesund mit Musik“ wurde in diesem Jahr dreimal so häufig genutzt wie noch 2023.

    Und wie sieht die finanzielle Bilanz aus?

    Noch ist der Kissinger Sommer nicht final abgerechnet. Bis die letzte Rechnung gezahlt ist, ist es Herbst. Aber wir sind zufrieden. Im Vorfeld haben mir ein paar Aspekte wirkliche Sorgen gemacht. Allgemeine Kostensteigerungen konnten wir in den vergangenen Jahren durch gesteigerte Einnahmen einigermaßen gut auffangen. Aber auch im Technikbereich und bei der Logistik haben die Preise sehr angezogen. Wenn wir beispielsweise Open air Konzerte veranstalten, dann ist es einfach teuer, für einen Abend Technik, Bühne und Licht nach außen zu verlagern – das ist nicht ohne.

    Open air-Konzerte beim Kissinger Sommer wie hier in Aschach sind kostenintensiv.
    Open air-Konzerte beim Kissinger Sommer wie hier in Aschach sind kostenintensiv. Foto: Julia Milberger

    Ihr persönliches Highlight?

    Jedes Konzert, jede Veranstaltung ist ein Baby für mich. Eines meiner Herzensprojekte war die musikalische Komödie „Eine Frau, die weiß, was sie will“ der Komischen Oper Berlin mit Dagmar Manzel und Max Hopp . Das wollte ich schon seit Beginn meiner Intendanz in Kissinger aufführen. Jetzt hat es endlich geklappt. Und zwar mit viel good will aller Beteiligten. Die Produktion entstand natürlich für ein wesentlich größeres Haus, als unser Kurtheater . So wurde beispielsweise die Besetzung für unseren kleineren Orchestergraben angepasst. Man hat sich unglaublich auf uns eingelassen. Aber das eigentliche Highlight ist immer etwas anderes.

    Dagmar Manzel und Max Hopp in der Operette: „Eine Frau, die weiß, was sie will“.
    Dagmar Manzel und Max Hopp in der Operette: „Eine Frau, die weiß, was sie will“. Foto: Thomas Ahnert

    Was denn?

    Das Kissinger-Sommer-Team. Die Menschen laufen zur Hochform auf, sie sind bereit, mehr als fünf Wochen wirklich alles zu geben. Das Wort Überstunde ist für diese Zeit gestrichen und das macht das familiäre Festival und den Vibe aus.

    Und ausgerechnet im Team gab es dann einen fürchterlichen Unfall. Dabei wurde Herbert Back, einer der Chauffeure der Künstler, schwer verletzt.

    Ja, das war wirklich schlimm. Ausgerechnet Herbert, er ist die Hilfsbereitschaft in Person und die ist ihm buchstäblich auf die Füße gefallen. Als eine große und schwere Instrumentenkiste verladen werden sollte, kam diese auf dem Lkw ins Rollen. Herbert wollte verhindern, dass sie auf den Boden fällt und versuchte einzugreifen. Und dann krachte ihm die Kiste auf den Fuß. Ich mag es nicht, wenn man sagt, es hätte schlimmer kommen können. Was ihm passiert ist, ist schlimm. Glücklicherweise wurde er sehr schnell versorgt, der Trümmerbruch wurde operiert und wie ich gehört habe, sind die Ärzte optimistisch. Auch auf diesem Weg, lieber Herbert: weiterhin gute, schnelle und vollständige Besserung!

    Herbert Back ist eigentlich Schreiner. Im Kissinger Sommer wird er zum Chauffeur der Stars.
    Herbert Back ist eigentlich Schreiner. Im Kissinger Sommer wird er zum Chauffeur der Stars. Foto: Julia Milberger

    Ich bleibe noch bei Pleiten, Pech und Pannen: Wenn Konzerte oder Lesungen verstärkt werden, muss an der Akustik im Max-Littmann-Saal dringend gearbeitet werden.

    Das ist tatsächlich ein Thema. Betroffen sind vor allem die äußersten seitlichen Sitzplätze. Glücklicherweise sind das nicht viele, aber wir wollen das angehen.

    Wer quasi über der Bühne auf dem Balkon sitzt, hört die Vortragenden in der Originalstimme und eine Millisekunde später die Lautsprecherübertragung – ein Verständnis von dem, was da gesagt oder gesungen wird, ist nicht möglich.

    Leider. Da haben wir einen Konzertsaal, um den uns die Welt beneidet, weil er eine erstklassige natürliche Akustik hat. Aber in manchen Situation, etwa bei Rezitation, müssen wir verstärken – und dann tritt dieses Problem auf. Das ist eine Herausforderung. Wir überlegen, wie wir künftig damit umgehen.

    Einfach keine Karten mehr für diese Plätze verkaufen?

    Das wäre eine mögliche Lösung, wir prüfen aber auch, ob es nicht noch eine technische gibt.

    Was wird der KiSo 2025 bringen?

    Ich kann nur sagen: Er wird wieder anders. Ich wurde in den letzten Tagen oft gefragt, wie wir noch toppen wollen, was wir 2024 angeboten haben. Aber es geht mir nicht darum, noch eine Schippe draufzulegen. Unser Konzertangebot in diesem Jahr hat sich mit dem Motto rund um Berlin begründet. Das Publikum hat sich darauf eingelassen, oft auch überraschen lassen. Das ist ein Vertrauensbeweis und damit natürlich ein hohes Gut. Nächstes Jahr wird es ein anderes Thema, also auch andere Angebote geben. Wir sind und bleiben ein Klassikfestival. Das ist die DNA des Kissinger Sommers. Was ich heute schon sagen kann: Wir werden bereits im November 2024 das Programm 2025 vorstellen, damit unsere Fans mehr Zeit haben zu planen. Bis dahin bitte ich um Geduld, was die Einzelheiten angeht.

    Der KiSo 24 war sehr divers, ich erinnere an die Dragqueens. Welche Rückmeldungen haben Sie bekommen?

    So gut wie nur gute, begeisterte. Schön hat es Oberbürgermeister Dirk Vogel in seiner Rede zum Abschluss-Empfang gesagt: Sinngemäß: Wir hätten die Toleranz eingefordert, die Bad Kissingen ohnehin schon seit Jahrzehnten mitbringt. Und darum geht es doch auch: Der offene Umgang mit einer diversen Gesellschaft, in der sich niemand zu verstecken braucht, ist nicht überall auf der Welt selbstverständlich. Dabei sollte er ein ganz automatischer Bestandteil unseres Zusammenlebens sein. Die Dragqueens am Eröffnungswochenende waren ein Farbtupfer, wie auch der Rave im Kurtheater . Der Begriff „Festival“ kommt von „Feiern“ – und zwar mit allen.

    Mag auch Elektro-Beats: Intendant Alexander Steinbeis (links).
    Mag auch Elektro-Beats: Intendant Alexander Steinbeis (links). Foto: Julia Milberger

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