Begonnen haben Joachim Galuska und Fritz Lang das gemeinsame Unternehmen rund um die Psychosomatik vor einem Vierteljahrhundert in einem ehemaligen Hotel vor den Toren von Bad Kissingen. Inzwischen ist ihre Heiligenfeld GmbH der größte private Arbeitgeber der Region und bis ins Herz der Stadt hineingewachsen. Ein Gespräch über Erfolg, Vertrauen und Gegensätze, die sich ergänzen.
Frage: Herr Lang, Herr Galuska, hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie eigentlich gar nicht zusammenpassen?
Joachim Galuska: So noch nicht. Man hat uns aber früher schon gesagt, dass wir ganz unterschiedliche Typen sind. Wir haben uns dabei aber immer als sehr ergänzend empfunden. Ich war eher der Freigeist, der in der Großstadt aufgewachsen ist, und hier in die Gegend kam mit dem Impetus eines Arztes, der Visionär ist und etwas auf die Beine stellen will. Fritz Lang war eher der gestandene Unterfranke. Fritz Lang: Ja, ich habe schon von den Großeltern her das Unternehmertum in den Genen. Galuska: Gut verwurzelt in Familie und Hotel, schon ein ganz anderer Typ. Lang: . . . und ein gute Ergänzung.
Trotz der Unterschiede arbeiten sie seit 25 Jahren eng zusammen. Was hat Sie als Hotelier bewogen, Herr Lang, Ihre wirtschaftliche Zukunft von einem Psychotherapeuten abhängig zu machen?
Lang: Auf Neudeutsch: Wir haben einen neuen USP gesucht damals, ein Alleinstellungsmerkmal, einen Aspekt mit dem wir uns absetzen konnten von den anderen Kissingern. Ich hatte ja viele Bewerber, er blieb übrig und er war der richtige. Joachim hatte als Arzt den wirtschaftlichen Aspekt immer mit im Denken drin. Galuska: Der wichtige Punkt ist ja sein Mut, aus der Hotelbranche in den Klinikbereich umzuswitchen. Und er hatte auch so 'ne Ahnung, dass Psychosomatik eine Zukunft haben könnte. Lang: Die Idee, Psychosomatik zu machen, kam aus der Familie. Wir haben da eine Marktlücke gesehen. Galuska: Wir waren die ersten mit Psychosomatik in Bad Kissingen. Lang Wir haben eine neue Indikation nach Bad Kissingen gebracht. Galuska: Das war für manche Kissinger auch beängstigend. Die fragten sich, kriegen wir jetzt die Verrückten hierher? Lang: Es gab Signale, dass man das hier nicht wollte. Aber da bot uns die Außenlage Schutz. Galuska: Wir waren recht unbeobachtet, das war gut für uns.
Und für Sie, Herr Galuska, was war für Sie der Grund, sich auf die Zusammenarbeit mit einem fachfremden Kaufmann einzulassen?
Galuska: Mein Hauptmotiv war, dass ich mein eigenes Konzept gestalten konnte. Damals war ich in Deutschland unterwegs und habe mir Sachen angeschaut. Mit Fritz Lang hat die Chemie gestimmt und ich hatte den Eindruck, dass aus dem Konzept etwas werden könnte. Sonst wäre ich viel lieber an den Bodensee gegangen. Wir waren frei damals und wir haben uns auch offen gehalten, wieder zu gehen, wenn es nichts wird. Nachdem wir aber angefangen hatten, haben wir schnell gesehen: Das wird. Und uns gesagt, da können wir uns auch niederlassen hier. Ich glaube Fritz Lang hatte ein viel größeres Risiko als ich. Auch wenn ich damals selbst ins finanzielle Risiko gegangen bin. Um einzusteigen, musste ich das. Aber es hat sich rentiert.
Warum hat die Zusammenarbeit so gut funktioniert, Herr Galuska?
Galuska: Es gibt viele Gründe, die man gar nicht in Worte fassen kann. Ich habe aber zum Beispiel von Anfang an darauf bestanden, dass wir eine gemeinsame Supervision haben, einen Coach, mit dem wir uns bis heute regelmäßig treffen. Es war wichtig, das nicht erst in Krisen zu tun. Lang: Es muss ja geübt sein.
Und betriebswirtschaftlich, wo liegt da der Grund des Erfolgs?
Galuska: Wir sind beide Unternehmerpersönlichkeiten. Ein Unternehmer ist einer, der dynamisch denkt, sowohl bei den Erlösen als auch bei den Kosten. Heiligenfeld hat sich immer weiterentwickelt. Wir sind immer bereit gewesen, in die Zukunft zu investieren. Zum Beispiel haben wir uns Ende der 90-er Jahre entschlossen, eine Person fürs Marketing einzustellen. Daraus haben wir dann eine ganze Abteilung aufgebaut. Wir haben erkannt, dass Patienten nicht von alleine kommen und dass es sich lohnt, da zu investieren.
Sie hatten aber doch nicht nur Erfolg.
Galuska: Es gab schon auch mal einen Misserfolg, das MVZ zum Beispiel ist schiefgegangen. Aber sonst haben wir immer nur Wachstumsschritte gemacht, die uns zu einer besseren Wirtschaftlichkeit führen konnten. Lang: Wir waren eben visionäre Realisten. Galuska: Oder realistische Visionäre.
Kommt es vor, dass Medizin und Betriebswirtschaft in entscheidende Konflikte geraten in Ihrem Unternehmen?
Galuska: Nicht zwischen uns, sondern höchstens in jedem von uns. Lang: Am Anfang gab's vielleicht mehr Diskussionen, weil der wirtschaftliche Zwang größer war, Galuska: Genau, und wir sind nicht an der Börse. Uns zwingt kein Aktionär zu etwas. Man darf aber nicht nur uns beide sehen. Wir haben eine Unternehmenskultur, in der wir uns austauschen und uns immer hinterfragen.
Wie lösen Sie Konflikte?
Galuska: Das ist eine Frage der Ebene. Auf Geschäftsführungsebene entscheiden wir fast nur im Konsens. Mehrheitsentscheidungen sind ganz, ganz selten. Bei der Mitarbeiterebene ist das so: Ab einer gewissen Größe des Unternehmens, muss man festlegen, wer kann was entscheiden und was nicht. Lang: Es gibt ja auch für die Mitarbeiter eine Moderatorin, die man einschalten kann.
Galuska: Und wir haben eine Kommission, an die kann man sich wenden, wenn man sich ungerecht behandelt fühlte. Dazu kommt: Jede Abteilung muss einmal im Jahr zur Supervision.
Und wie wichtig ist Vertrauen bei Ihrer Zusammenarbeit?
Galuska: Also ohne Vertrauen . . . Lang: . . . geht's gar nicht. Wir zwei kennen uns ja inzwischen sehr gut. Selbst wenn es mal einen Konflikt gibt, wissen wir, der Grund ist nicht Böswilligkeit. Sondern es ist immer lösbar.
Und im Unternehmen?
Galuska: Wir geben jemand Kredit, wir investieren Vertrauen, schauen aber, wie geht er damit um. Bestätigt er es oder nicht. Wenn nicht, fahren wir es zurück. Kontrolle ist da.
Ist die Heiligenfeld-Gruppe organisch gewachsen? Anfangs brauchten Sie doch einige Jahre, um sich zu etablieren. Dann aber kauften Sie sich in wenigen Jahren die Bismarckstraße hoch.
Galuska: Der entscheidende Schritt war die Parkklinik. Alles was sich da, im Privatpatientenbereich entwickelt hat, entstand im Grunde dadurch, dass wir immer wieder an Grenzen gestoßen sind. Die Luitpoldklinik haben wir dann übernommen, weil wir als psychosomatische Klinik zwar überregional Bedeutung hatten, aber auch regional verankert sein wollten.
Wir sehen die Luitpoldklinik als Zentrum mit somatischer Verantwortung für alle unsere Kliniken. Bei den Preisen in der somatischen Rehabilitation verdient man nicht viel. Wir haben die Luitpoldklinik aber auch aus strategischen Gründen gekauft und sie hat sich gut entwickelt. Zur Rosengartenklinik kam es, als wir es geschafft haben, die Rentenversicherung zu überzeugen, dass sie uns die Patienten schickt, die zu uns wollen.
Sie sind auch in der Oberpfalz und in Mittelfranken tätig geworden. Waren das einfach günstige Gelegenheiten?
Galuska: Ja, genau. Lang: Die waren in der Insolvenz und wir hatten immer wieder die Nachfrage, dass Mütter ihre Kinder mitbringen wollten. Galuska: Waldmünchen war eine günstige Gelegenheit, das Heiligenfelder Konzept auch auf Familien anzuwenden. Uffenheim war auch so eine Gelegenheit. Ralf Heimbach (seit 2012 als Nachfolger von Fritz Lang Geschäftsführer) hatte die Kontakte. Uffenheim war für den Landkreis Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim als eines von drei Krankenhäusern mit 80 Betten zu klein. Heiligenfeld kann solche Größen aber gut. Für uns war Uffenheim optimal, weil wir eine volle Warteliste hatten.
Einige Jahre lang ist Ihr Unternehmen stark gewachsen. Jetzt hat man den Eindruck, Sie seien ruhiger geworden. Wie geht es weiter?
Galuska: Uns zwingt keiner zum Wachstum. Aber wir wachsen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt und wir wachsen nur mit Dingen, die uns nicht gefährden. Wir haben immer wieder Phasen mit größerer Dynamik, aber dann auch wieder Zeiten, in denen wir uns konsolidieren. Wir sind aber weiterhin für das eine oder andere offen.
Herr Lang, Sie sind dabei, sich schrittweise aus dem Alltagsgeschäft zurückzuziehen. Welche Stufe haben Sie erreicht?
Lang: Noch vier Wochen, dann gehe ich in den Ruhestand. Ich habe kein Bandmaß und ich werde das Unternehmen auch mit meinen Kenntnissen und meinem Wissen begleiten, aber ich werde den Abschied vollziehen. Galuska: Wir sind seit langem mit dem Thema beschäftigt. Michael Lang, der Sohn von Fritz Lang ist mittlerweile in der Geschäftsführung. Lang: Der Michael kann mit dem Joachim mindestens so gut wie ich. Galuska: Wir haben Ralf Heimbach als Geschäftsführer geholt. Und wir entwickeln die Unternehmenskultur weiter. Lang: Die strategische Leitung ist ein Kernteam, das fest zusammengewachsen ist und auch große Probleme gut lösen kann.
Zeigen Sie keine Neigung, kürzer zu treten, Herr Galuska?
Galuska: Ich gebe operative Funktionen ab und bewege mich mehr ins Strategische. Welche Impulse ich dem Unternehmen noch geben werde, ist offen. Das weiß ich selbst noch nicht. Formal gibt es aber eine absolute Deadline: 2020. Für die Entscheidung, wann ich mich zurückziehe, spielen allerdings mehrere Faktoren eine Rolle: Gesundheit, Belastung . . . Man wird sehen. Ich bin da ja in einer sehr komfortablen Situation.
Wie wird es weitergehen, wenn mal beide Gründer das Unternehmen verlassen haben?
Galuska: Ich nutze die Jahre, die ich noch hier bin, um Strukturen herzustellen, mit denen die Nächsten weiterarbeiten können. Die Erneuerungskompetenz muss im Unternehmen bleiben. Solange die lebendig ist, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Ich glaube, Heiligenfeld ist auf einem guten Weg.
Die Heiligenfeld GmbH
25 Beschäftigte hatten Fritz Lang und Dr. Joachim Galuska, als sie 1990 die Heiligenfeld GmbH gründeten. Aus dem Hotel Fürst Bismarck, das der Familie Lang gehörte, wurde damals die Fachklinik Heiligenfeld mit anfänglich 43 Behandlungsbetten. Heute beschäftigt das Unternehmen allein in Bad Kissingen 626 Mitarbeiter. Dazu kommen in der Heiligenfeld Klinik Waldmünchen, die seit 2006 zur Unternehmensgruppe gehört, weitere 110 Mitarbeiter. Außerdem betreibt die Heiligenfeld GmbH seit 2014 eine Klinik in Uffenheim, in der 59 Mitarbeiter beschäftigt sind. Derzeit bildet das Unternehmen insgesamt 60 junge Menschen aus.
Vergangenes Jahr, so die Heiligenfeld GmbH, behandelten alle Kliniken des Unternehmens zusammen 6200 Patienten.