Angela Deuber ist gerade zurück aus Washington. Urlaub an der Ostküste für die Architektin. Unterwegs, diesmal nicht wegen des Jobs. Ferien von? Was manche Arbeit nennen, ist für die 43-Jährige ihr Leben. Die gebürtige Bad Kissingerin führt in der Schweiz seit bald zehn Jahren ihr eigenes Büro. Jetzt präsentiert sie bei der internationalen Architektur-Ausstellung in Venedig ihre Projekte. Sie sagt: Architektur und Philosophie gehören zusammen. Vor allem bei der Antwort auf die Frage: „Wie will ich leben?“
Das Wesen der Kunst
Keine Schnörkel, keine Missverständnisse. Am Handgelenk eine schmale Uhr. Dezentes Make-up. Der Lippenstift: zartes Apricot, passend zum Mantel
„Mein Beruf ist nicht der einfachste“, sagt sie. Die Kunst sei für sie, etwas mit einfachsten Materialien zu schaffen. Holz, Beton, Backstein: Pur muss es sein, direkt, klar und kräftig. „Ein gutes Haus ergibt sich aus dem Material. Ein Haus muss in der Region verwurzelt sein.“ Ihre Projekte sollen dem Ort Identität geben. Sie will die Grenzen zwischen innen und außen auflösen, erklärt sie, und den Raum größer erscheinen lassen, als er eigentlich ist.
Die gebürtige Bad Kissingerin in Venedig
Im Rahmen der Kunstausstellung „Biennale di Venezia“ findet in Venedig die internationale Architektur-Ausstellung statt. Dort präsentiert sich Angela Deuber mit einigen ihrer Arbeiten. „Die Ausstellung ist eine Art Gradmesser dessen, was weltweit an Architektur gebaut und gedacht wird“, sagt sie.
In den geraden Jahren findet regelmäßig diese Architektur-Biennale statt, die jedes Mal von einem anderen hochrangigen Architekten organisiert wird. Für Angela Deuber „eine der weltweit wichtigsten Ausstellungen für Architektur“.
Schulhaus, Wohnhaus, Museum, Mehrzweckhalle: Für ihre Bauten und Projekte hat die 43-Jährige in den vergangenen Jahren Preise und Auszeichnungen geerntet. Die Wurzeln ihrer Karriere liegen vor der Haustür der geborenen Kissingerin.
Ausgleich: Natur und Musik
Lieblingsfach: Mathe. Zeichnen, Malen, logische Aufgaben – das war schon zu Schulzeiten ihr Ding. „Ich wollte immer bauen.“ Als Teenager darf sie einem Kissinger Architekten über die Schulter schauen. Während der Ferien steht sie auf Baustellen rund um Kissingen und macht in Würzburg ein Praktikum als Restauratorin. Ihr Lieblingsgebäude der Stadt: der Regentenbau. Nach dem Abi war klar, wo der Weg sie hinführt: Architektur. Zum Studieren in die Schweiz, ab nach Zürich. Mut anstelle von Unsicherheit: „Meine Eltern haben mir ein Urvertrauen mitgegeben.“ Seit 2009 führt sie ihr eigenes Architekturbüro in Chur im Osten der Schweiz.
Als Selbstständige steht auf ihrem Stundenkonto am Ende einer Woche oft doppelt so viel wie bei den meisten Arbeitnehmern. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen“, sagt sie. Was sie sonst noch mag: im Wald spazieren gehen, Freunde treffen, klassische Musik.
Karriere in einer Männer-Domäne
Ob sie sich als Karriere-Frau in der Männerwirtschaft manchmal alleine fühlt? „Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Frauen selbstständig machen.“ Vorträge an Unis schließt sie oft mit dem Appell in Richtung der Mädels: „Hört nicht damit auf.“
Was der zeitgenössischen Architektur abgeht? Für Angela Deuber keine Frage des Könnens. Dennoch bleibe die Umsetzung oft „belanglos und beliebig“. „Es fehlen die Auftraggeber, die etwas Klares, Kräftiges wollen.“ Wo würde sie sich gerne austoben? Auftrag: Bürogebäude; Budget: zwischen vier und 40 Millionen. Gerne in ihrer alten Heimat.
Und ihr eigenes Haus? Wie wird das einmal aussehen? In Washington hat sie das Jefferson Memorial sehr beeindruckt, erzählt sie. Dem weißen Marmor, der dort verbaut ist, zieht sie aber ihr Lieblingsmaterial vor: Sichtbeton. „Als Bauherr hat man kein Bild, sondern ein Gefühl im Kopf.“