Mehr als zwei Jahre lang, von Juni 2020 bis September 2022, wurde die Bahnhofstraße saniert. „Das war auch für uns eine schwere Zeit“, sagt Annemarie Fell vom Eine-Welt-Laden.
„Die Erreichbarkeit war eine Katastrophe, und dann wurde noch mit einem Pflasterstein unser Schaufenster eingeworfen“, ergänzt Matthias Endres vom Sanitätshaus „Schön und Endres“. Umso froher sind alle, dass die Straße seit Herbst fertig ist und in etliche Läden auch wieder neues Leben eingekehrt ist.
Bemalte Steine für alle Anlässe
„Eigentlich eröffne ich erst am kommenden Samstag, aber ich bin heute natürlich auch schon mal hier“, sagt Sabrina, die sich mit „Brinas Steinreich“ neu in der Bahnhofstraße eingemietet hat. Die 41-Jährige bemalt Steine nach individuellen Vorgaben: Menschen, Gebäude, Landschaften, Symbole für traurige und freudige Anlässe können Kunden bei ihr auf einen Stein ihrer Wahl malen lassen.
„Jeder Stein ist ein Unikat“, sagt sie. Zudem bietet sie ab Samstag in ihrem Laden Dekoratives und Florales an, für Touristen hat sie sich in Zusammenarbeit mit Winzern unter anderem beleuchtete Bocksbeutel ausgedacht. „Ich bin dafür, dass die Einbahnstraße so bleibt“, kommentiert sie zudem die aktuelle Verkehrsregelung .

Auch Monika Vogt war am Montag wegen er Einweihung der Straße in ihrem Laden, die eigentliche Eröffnung ist für 1. April geplant. Bislang ist sie noch hinter dem Bunten Buchladen in der Kissinger Straße angesiedelt.
„Ich werde mich verkleinern müssen“, kündigt sie an, ist aber froh, überhaupt einen neuen Standort gefunden zu haben. Auch sie findet die Einbahnregelung gut: „Auf keinen Fall wieder gegenläufiger Verkehr“, ist ihr Kommentar zur Testphase.
Von 80 auf 200 Quadratmeter vergrößert
„Mehr Frequenz bedeutet mehr Aufmerksamkeit“, sagt dagegen Matthias Endres, Inhaber des Sanitätshauses „Schön und Endres“. Die Baustelle sei eine harte Zeit gewesen, weil die Kunden nicht in den Laden gekommen seien und die zum Teil schweren Hilfsmittel nicht mit dem Auto abholen konnten.

Seit rund 30 Jahren sei das Unternehmen in Hammelburg aktiv. „Schön und Endres“ hat insgesamt rund hundert Mitarbeiter an sieben Standorten.
In Hammelburg sei die alte Filiale in der Bahnhofstraße zu klein gewesen, es gab Überlegungen, schon vor der Baustelle auszuweichen. Aber: „Wir brauchen einen barrierefreien Zugang und behindertengerechte Toiletten“, sagt Matthias Endres.
Zudem wollte die Firma in der Innenstadt nahe bei den Kunden bleiben. Zum 1. Dezember ist das Sanitätshaus deshalb nun wenige Häuser weiter innerhalb der Bahnhofstraße umgezogen. Statt 80 stehen jetzt 200 Quadratmeter unter anderem für die fußorthopädische Behandlung zur Verfügung. „Ich finde, es ist sehr schön geworden“, kommentiert Endres die neue Straße.
Beschwerden der Gäste
Beschwerden von Gästen gab es in den vergangenen Jahren auch in der Gaststätte „Downtown“ in der Bahnhofstraße. Durch die Baustelle fielen zum einen die Parkplätze weg, zum anderen waren die Getränkelieferungen viel umständlicher.

„Wir haben zum Glück tolle Gäste, die uns treu geblieben sind“, sagt Mitarbeiterin Kristina Franz. Mit ihrem Kollegen Riccardo Torromino freut sie sich vor allem über den breiteren Fußgängerbereich, der mit wärmeren Temperaturen dann hoffentlich bald bestuhlt werden kann.
Die Gestaltung der Straße gefällt ihnen. Beim Verkehr sind ist Kristina Franz jedoch „zwiegespalten“: Die Fußgänger hätten durch die Einbahnstraße natürlich mehr Raum, aber die Erreichbarkeit mit dem Auto sei auch wichtig.
Eher durch Zufall ist Reiner Benkert mit seinem „Pflegedienst Rhön“ kurz nach Bauende im Oktober vom bisherigen Büro in Untererthal in die Hammelburger Bahnhofstraße umgezogen. Von den neuen Räumen aus werden die insgesamt rund 65 Mitarbeiter der ambulanten Pflege und Tagespflege eingeteilt, zudem gebe es Beratungsangebote für Angehörige.
Dank für „Geduld und Durchhaltevermögen“
Mehrfach dankten die Redner bei der offiziellen Einweihung Anwohnern und Geschäftsleuten für „Geduld und Durchhaltevermögen“ in den vergangenen Jahren. „Nicht selten hatten so manche Nerven blank gelegen“, schaute Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) auf Dreck, Lärm und angebaggerte Leitungen zurück.
Nun hofft er, dass weitere Leerstände in der Straße beseitigt werden können und eine Lösung für das ehemalige Kupsch-Gebäude gefunden wird.

„Lebendige Ortszentren stärken den sozialen Zusammenhalt“, freut sich der bayerische Bauminister Christian Bernreiter, und: „Die Menschen sollen auch in Zukunft gerne in unsere Städte kommen.“
Deshalb gebe es die Städtebauförderung, über die EU, Bund und Freistaat alleine im vergangenen Jahr Projekte mit mehr als 300 Millionen Euro förderten. Für die 3,4 Millionen Euro teure Bahnhofstraße gibt es 2,8 Millionen Euro Zuschuss. Insgesamt seien bereits 14 Millionen Euro Städtebauförderung in die Stadt geflossen.

„Der Freistaat steht zu seinen Kommunen“, kommentierte CSU-Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner die Zuschüsse und hofft, dass dadurch weitere Investitionen in der Stadt angestoßen werden. Hammelburg sei „eine unserer Perlen im Landkreis“.
Landrat Thomas Bold (CSU) bescheinigte der Hammelburger Innenstadt eine große Attraktivitätssteigerung seit dem Bau der Umgehungsstraße. Die Bahnhofstraße sei „eine Visitenkarte für die Stadt“.
Rund 165.000 Pflastersteine
Architekt Thomas Wieden ging auf die Planung seit dem Jahr 2018 und den Baubeginn kurz nach Beginn der Pandemie 2020 ein. Für die Gestaltung der 4800 Quadratmeter seien rund 165.000 Pflastersteine verbaut worden. Unter anderem wurden elf Bäume und neue Fahrradstellplätze geschaffen.
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