(we) „Wenn der Franke schon mal 'Freund' sacht, dann weiß man: Da is' was los!“ Und wenn der Franke dann noch Michl Müller heißt, Kabarettist ist und im Kursaal von Bad Bocklet ein Heimspiel hat, dann weiß man: Da ist beste Stimmung vorprogrammiert, egal, ob es ums Schneeschippen geht oder um ein Atom-Oratorium „als letzte Messe auf die Atomkraft“
Müllers Auftritte sind körperlich wie geistig Schwerstarbeit – Letzteres sogar in den bewusst flachen Episoden, denn man weiß erst nachher, dass es ein ernst gemeinter Witz war. Schon kurz nach seinen kräftigen „Guten Morgen“ für die 250 Fans beim Bockleter Frühschoppen glänzt seine Stirn schweißnass, und das liegt nicht an der Luft im Saal.
Seine politischen Protagonisten, seine Allerwelts-Stichwörter und seine vielsagenden Pausen danach, treiben ihn von einer Seite der Bühne auf die andere und wieder zurück. Eine beachtliche Strecke legt er so während seines zweistündigen Auftritts zurück, wobei er auch bei den Stopps nicht ruhig stehen bleibt und nervös wie ein Rennpferd vor dem Start zur nächsten Posse tänzelt. Mit dem ganzen Körper transportiert der „Göritzer Dreggsagg“ seine humorvollen, bissigen oder komischen Botschaften, wenn er sich etwa beim „Franken mit Reggae im Blut“ fast die Schulter auskugelt, bevor er aus dieser ungesunden Haltung mit „Holz, Holz“-Rufen den Arm nach oben reißt und den Schmierstoff des Traktors, der mittlerweile Status-Symbol des „deutschen Michels“ ist, in die Dioxin-Eier wandern lässt.
Dabei geht nichts ohne einen kräftigen Seitenhieb in Richtung Politik. „Acker-Ilse“ Aigner musste hierfür herhalten. Katastrophen und Rücktritte, das waren die bestimmenden Elemente seines durchgängigen Redeflusses, der nahtlos von der Schnappauf-Katastrophe mit Brüderle-G'schmäckle zur E-10-Katastrophe für nicht-vegetarische Autos mit Röttgen-Rücktritt eilte und letztlich bei der Stuttgart-21-Krise endete. Fehlen durfte auch nicht die Atom-Katastrophe von Japan.
Mit Inbrunst widmete er sich den Politikern, die er mit teils despektierlichen Titeln in den Boden stampft oder genießerisch mit einem Witz der Lächerlichkeit preisgibt. Es ist nicht das intellektuelle Niveau der Beiträge, das Michl Müllers Auftritte zu einer Gala-Veranstaltung werden lässt. Vielmehr ist es das Gefühl, da steht einer auf der Bühne, der weiß, wovon er spricht und er sagt es so, dass es jeder versteht.
Es sind die Alltagsgeschichten, die in ihrer skurrilen Überzeichnung die Herzen der Gäste öffnen, sie ohne schlechtes Gewissen herzhaft lachen lässt. Dabei ist der Kabarettist mit Kultstatus kein Besserwisser, sondern ein augenzwinkender Betrachter und Possenreiser, der sich von der eigenen Dynamik mitreisen lässt.