In fünf Sekunden von Null auf Hundert – mit den Beschleunigungswerten eines Sportwagens kann Michl Müller locker mithalten, wenn er die Bühne betritt. Viel länger braucht der Dampfplauderer mit bayernweitem Bekanntheitsgrad nicht mehr, um Stimmung in die Bude zu bringen.
Diesmal wars die BILD-Zeitung mit einer Headline zu Becks Bart, mit der er sein bissiges „Politiker-Derblecken“ eröffnete und damit die Herzen seiner Fans im Sturm eroberte. Genüsslich arbeitete er die aktuellen Ereignisse ab, wobei er den Ausschnitt von Angela Merkel – „Das lässt tief blicken“ – genauso ins Visier nahm wie die Frühlingsgefühle von Nicolas Sarkozy oder den Ypsilanti-Faktor in Hessen.
„Das lässt tief blicken.“
Michl Müller über den Ausschnitt von Angela Merkel
Schadenfrohes Gelächter der Gäste ob der zynischen Pointen zum Transrapid oder der bissigen Anmerkungen zur deutschen Hitparade a la „Ich hab ne Zwiebel auf dem Kopf, ich bin ein Döner“ hallte durch den großen Kursaal, der bis auf den letzten Sitzplatz belegt war.
Verstärkt wurde seine Politiker-Schelte noch durch die teils despektierlichen „Nick-Names“, die er seinen Opfern gab: Erwin Huber wurde zur „sprechenden Wurzel“, Stoiber zu „Hui Bu, das Schlossgespenst“, Helmut Schmidt zum „Raucher-Orakel“, Ulla Schmidt zur „Aachener Mullbinde“ und Bahn-Chef Mehdorn zur „Schnappschildkröte“.
Der Bockleter OB
Natürlich durfte die Kommunal-Wahl und die anstehende Landtags-Wahl nicht fehlen, die er zwar immer wieder als roten Faden aufnahm, aber nie so richtig, das heißt nur mit Sticheleien zum Kissinger Ex-OB, zum weiterhin amtierenden Bockleter OB – „nämlich ich“ – und zum bayerischen Tandem Huber-Beckstein abarbeitete.
Dazwischen haute er immer wieder das „gemeine Volk“ in die Pfanne, wenn es um die besondere Feiertags-Kombination 1. Mai und Vatertag ging: „So ein Doppel-Rausch haut ganz schön rein.“ Den Brauch, einen Maibaum aufzustellen, nutzte Müller mit pfiffiger Beobachtungsgabe als Running Gag, denn mittlerweile sei jeder Deutsche ein „Holzmacher“ für den heimischen Kachelofen und ein Bulldog-Besitzer. Die überall entstandenen, mit einer blauen Plane abgedeckten Brennholz-Vorräte, erinnern ihn dabei eher an „Spargel-Hochbeete“.
Darüber hinaus ist für Michl Müller jede Nachricht einen Bühnen-Kommentar wert, den er teils mit Mimik und Gestik sehr bildhaft unterlegt. Die Kunstfehler der Ärzte verbindet er mit dem Thema Alkoholismus, der bei Ärzten – aber auch Lehrern und Piloten – bei 30 Prozent liege und zu Dialogen wie „Schwester – Zange, Tupfer, Williams Christ“ führe.
Eine Hommage an die Fleischereifachverkäuferin – eine aussterbende Art – verband er musikalisch mit einer Scheibe Gelbwurst und führte dies über das Rauchverbot weiter: Kneipe als Theater lautet der Ausweg, der von Michl Müller als Oper zum Fleischereifachgeschäft humoristisch umgesetzt wurde. Zwerchfellerschütternd war seine Darbietung als Kunden-Tenor und Verkäuferin-Mezzosopran, wo es um 150 Gramm Schweinemett und 150 Gramm Leberwurst ging.
Tüppel-Abend statt Tubber-Abend
Mit satirischem Blick ging der Garitzer Kabarettist auch auf den Pilger-Trend ein, der die Deutschen auf den Jakobusweg nach Santiago de Compostela führt. Sein Vorschlag einer Bulldog-Wallfahrt wurde mit Begeisterung aufgenommen. Ebenso neu wie witzig war seine Alternative zum Tubber-Abend: Statt zwölf Frauen mit 140 Schüssellich lieber einen Tüppel-Abend mit ein paar Kästen Bier und Schweinebraten mit Klöß.
Das Ergebnis war ein Heimwerker-Symposium mit Hilti, Mörtelmischmaschine und einem fränkischen Reggae, der zum Mitsingen animierte. Ach ja, die musikalische Seite des Michl Müller durfte nicht fehlen. Da sang die Liedertafel Aschach vom „Jäger und der wilden Sau“ oder vom erfrorenen Birnbaum und der „Krumbeernszelod“ (Kartoffelsalat) durfte ebenso wenig fehlen wie „Halldioh, der Kellerdröbbe-Jodler“. Nach fast drei Stunden war dann Schluss mit lustig und die Michl-Müller-Fans dankten mit Applaus im Stehen.