Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bad Kissingen
Icon Pfeil nach unten

BAD KISSINGEN: Mit Andreas Giebel auf der Route 66

BAD KISSINGEN

Mit Andreas Giebel auf der Route 66

    • |
    • |
    Kabarett vom Feinsten: Andreas Giebel im Kurtheater
    Kabarett vom Feinsten: Andreas Giebel im Kurtheater Foto: Foto: Klaus Werner

    (we) Mit Andreas Giebel konnte man am Samstag im Kurtheater eine humoristisch-tiefgründige Auszeit nehmen. Der gebürtige Münchner ist ein „Wort-Kabarettist“ im besten Sinne: Stilsicher setzt er die Pointen in seinen fast schon philosophisch angehauchten Texten. Fast 500 Fans zog der mit zahlreichen Preisen geehrte TV-Kabarettist in sein „Sammelbecken der Leidenschaften“.

    Seine Persönlichkeit prägt sich einfach ein, wenn er mit treuherziger Mimik und wortgewaltiger Körpersprache über die Gesellschaft schwadroniert. Da kommen die Sätze wie im Crescendo Schlag auf Schlag. Und dann ist plötzlich Pause, bevor der Künstler den philosophischen Schlusspunkt setzt. Dabei schwitzt er, gestikuliert und rauft sich die Frisur.

    Philosophische Note

    Giebels Programm ist ein kabarettistischer Spezialfall, der sich wohltuend abhebt von komödiantischen Allgemeinplätzen. Seine Darbietung ist ein Mehr-Personen-Bühnenstück mit philosophischer Note, in dem er alle Haupt- und Nebenrollen selbst besetzt hält. Diese Inszenierung gelingt ihm ohne Requisiten und ohne Schenkel klopfende Pointen, jedoch mit feinem Sinn für Wortwitz und unterhaltsamem Gespür für die Charaktere, die er fast bildhaft zum Leben erweckt.

    Man meint zunächst, er plaudere halt so dahin. Dabei ist alles bis ins Detail inszeniert. Den roten Faden seiner Geschichten hält der Künstler stets fest in Händen, selbst wenn er blitzschnell Szenerie und Charaktere wechselt.

    Sein Spiel mit dem Zuschauer beginnt eher belanglos. In grauer Einheitskluft und mit einem Terminkalender unterm Arm betritt Giebel die Bühne und pirscht sich im leichten Plauderton an das Publikum heran. Unmerklich nimmt der Kabarettist das Publikum an die Hand und macht es mit dem Umfeld vertraut. Er berichtet von der Hektik des Lebens („Immer mehr Straßen, immer weniger Ziele“) und der „Auszeit“, die sich ein jeder wünscht und die – weil so selten – im Terminkalender festgehalten ist. Er nimmt das Publikum mit ins „Cafe Klughardt“ , wo er einen freien Tag verbringt, um über „Auszeit“ nachzudenken. Dabei sind seine Einfälle und die neuronalen Verbindungen zu zahlreichen Themen verblüffend.

    Immer wieder lässt er neue Charaktere einfließen, mit denen er im Dialog über das Auswandern philosophiert, sich Anregungen für Urlaubsabsagen holt oder mit denen er die „Route 66“ nach München verlegt und als Sauftour durch Münchner Kneipen beschreibt. So richtig lustig-melancholisch wird jedoch die Wiederholungstour nach einer Dekade, wenn aus „Sorgenbrecher“ und anderen Kneipen DVD-Läden, Nagelstudio und Bistros geworden sind.

    In Zwischenszenen regt er sich über Nachrichten mit einem Informationswert eines zusammengeknüllten Papiertaschentuches auf, karikiert eine Lafer-Koch-Show mit „Essen im Fadenkreuz“, damit man es mit der Gabel auch wirklich trifft, oder analysiert das ADAC-Autofahrerbild anhand der Werbeanzeigen: klein („In 5 Sekunden 7 cm größer“), glatzköpfig („Haartransplantation“) und gehbehindert („Treppenlift“).

    Raum für Vorurteile

    Der zweite Teil seines Programms spielt auf einem Straßenfest in einer Doppelhaus- und Doppelgaragensiedlung mit Vor- oder Nachgarten und lässt weiten Raum für Klischees und Vorurteile zu. Diese präsentiert Giebel sehr pointiert, mit hohem Wiedererkennungswert, mit unterhaltsamer Leichtigkeit und mit Hilfe der Typen, die er im ersten Teil so schön skizziert hat, wobei er diesen noch weitere Charaktere hinzufügt.

    In kurzem Wechsel bewegt er sich zwischen einem großspurigen Diplom-Ingenieur, einem grillenden Vorgartenbesitzer, den Montessori- und Waldorf-Müttern von Kevin, Leon und Angelina, einem Akkordeon-Spieler und Alexa, bei der sich Männerblicke verklären – „Frauenblicke auch, aber anders“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden