Jetzt steht es im Interessenausgleich schwarz auf weiß: Die Münnerstädter Traditionsfirma REMOG wird am 31. Januar 2020 geschlossen. 77 Beschäftigte, die lange Zeit noch Hoffnung hatten, müssen sich nun damit auseinandersetzen, dass ihnen die Kündigung ins Haus steht - einigen von ihnen schon in diesen Tagen. Ein Sozialplan könne de facto erst ausgehandelt werden, sobald die ersten Kündigungen raus sind, sagt Peter Kippes von der IG Metall (Schweinfurt).
Ob langjährig Beschäftigte eine entsprechende Abfindung erhalten, sei in der Schwebe, denn von Seiten der Geschäftsführung werde suggeriert, dass die Firma dafür kein Geld habe, sagt Kippes. "Man muss alle Mitarbeiter abfinden", sagt hingegen Firmenchef Wilfried Müller auf Anfrage. Es gebe bei Sozialplan-Verhandlungen eine bestimmte Formel, nach der Abfindungen errechnet würden.
Verhandlungen im Januar gescheitert
Bereits im Januar 2019 waren Verhandlungen zum Interessenausgleich zwischen Betriebsrat, Gewerkschaft und Geschäftsführung gescheitert. Damals war es noch um den möglichen Verkauf der Firma an einen potenziellen Investor gegangen, beziehungsweise um eine Betriebsänderung des Münnerstädter Unternehmens. Betriebsrat und Gewerkschaft hatten ein Zukunftskonzept für den Betrieb gefordert, das die Geschäftsführung nicht einbringen wollte. Stattdessen gab der Firmenchef bekannt, dass er die Firma schließen werde (wir berichteten).
Vor drei Wochen war ein weiterer Versuch, einen Interessenausgleich zu erzielen, gescheitert, sagt Erster Bevollmächtigter Kippes. Der Arbeitgeber musste beim Arbeitsgericht einen Schlichter beantragen, der den Interessenausgleich am 4. Juni erzielte. Die Frage der Abfindungen habe man bislang nicht klären können, denn zur Betriebsversammlung am 19. Juni sei der Firmenchef nicht gekommen. Auf die Frage, ob es Geld für einen Sozialplan gebe, habe Geschäftsführerin Melanie Reuß "ausweichend" geantwortet.

Unklarheit über mögliche Abfindungen
Von Seiten der Geschäftsführung kämen immer wieder Signale, dass die Firma angeblich wirtschaftlich so schlecht dastehe, dass man kein Geld für Abfindungen habe, sagt der IG-Metaller. Seine schlimmste Befürchtung: "Möglicherweise kriegen Beschäftigte, die der Firma Jahrzehnte lang die Treue hielten, dann gar nichts."
Das Unternehmen sei "nicht dem Untergang geweiht", denn schließlich liefen die Geschäfte in der polnischen Schwesterfirma REMOG Polska hervorragend, weiß der Erste Bevollmächtigte und wettert: "Dass ein Arbeitgeber sich auf diese Art und Weise völlig der Verantwortung entziehen will, ist mir in den 28 Jahren, in denen ich bei der Gewerkschaft hauptberuflich tätig bin, noch nicht begegnet."
Ein Drittel der Beschäftigten sind 35 Jahre, 40 Jahre und länger in der Firma, so Kippes weiter. „Das zeigt doch, dass REMOG ihr Leben war und ist." Der Firmenchef habe eine "moralische Verantwortung" seinen Beschäftigten gegenüber.
Gutachter prüft die wirtschaftliche Lage
Nach Angaben des Ersten Bevollmächtigten wisse die Geschäftsführung offenbar nicht, wieviel Geld für einen Sozialplan zur Verfügung stehe. Ein Sachverständiger soll dies nun herausfinden, indem er die wirtschaftliche Situation der Firma prüft. Müller habe diesbezüglich seine Geschäftsführerin Melanie Reuß vorgeschlagen, was Betriebsrat und Gewerkschaft abgelehnt hätten. Das Arbeitsgericht entschied die Sache und bestellte einen externen Gutachter. Dieser habe nun bereits einen Fragenkatalog an die Geschäftsführung geschickt.

"Wir werden jedem, der seine Kündigung erhält, raten, ein Kündigungsschutzverfahren anzustreben", sagt Kippes. Dann prüfe das Arbeitsgericht jede einzelne Kündigung und könne bestimmen, wem welche Abfindung zusteht.
Der Firmenchef bestätigt, dass der unabhängige Gutachter sich gerade mit der wirtschaftlichen Situation des Münnerstädter Unternehmens auseinandersetzt. "Wir haben ihm diese Woche die Unterlagen, die er anforderte, zugestellt." Nun müsse man abwarten, was bei diesen Recherchen herauskommt. Erst danach könne man mit Betriebsrat und Gewerkschaft in Verhandlungen über einen Sozialplan eintreten.
Die ersten Maschinen werden jetzt verkauft
Zu möglichen Abfindungen könne er sich zum gegebenen Zeitpunkt nicht äußern, so der Firmenchef weiter. Wie der Sozialplan ausfällt, komme auch darauf an, wie die Produktion in der Firma in den kommenden Wochen und Monaten weiterläuft und ob die Mitarbeiter bleiben und weiter arbeiten. Denn eigentlich habe er, wegen der dünneren Auftragslage, schon im Oktober schließen wollen. Nun werde erst im Januar 2020 zu gemacht.
Mit dem Verkauf der gut 80 Maschinen in Münnerstadt werde jetzt schon begonnen, so Müller weiter. Es gebe bereits Interessenten, die die ein oder andere abnehmen wollen. Etliche Maschinen gingen auch nach Polen, sagt der Firmenchef. "Das ist aber eher die geringere Zahl." Ein paar der Maschinen seien veraltet. "Da wird auch Etliches in der Verschrottung landen." Er sei auch im Gespräch mit einer Firma, die Immobilen vermarktet, sagt Müller.
Die Frage, warum er den Münnerstädter Standort aufgibt und ob er keine Lust mehr gehabt habe, hier weiter zu produzieren, beantwortet Müller so: „Ich hatte keine Alternative. Wir haben in den Verhandlungen immer klar gesagt, dass die Schließung im Raum steht, wenn wir keine Lösung über einen Personalabbau finden.“