Wenn man nach der Grundschule den Übertritt ans Gymnasium nicht geschafft hat, heißt das nicht, dass man nie sein Abitur machen kann. Seit drei Jahren gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, am Jack-Steinberger-Gymnasium (JSG) eine Einführungsklasse zu besuchen. Damit qualifiziert man sich für die gewöhnliche gymnasiale Oberstufe.
2009 wurde in Bad Kissingen die erste Einführungsklasse Unterfrankens mit neun Schülern aus Kissingen, Bad Brückenau und Hammelburg eingerichtet. Fünf von ihnen haben jetzt ihr Abitur geschrieben – und bestanden. Jonas Krakofsky und Edmund Henniges sind zwei von denen, die nach ihrem Realschulabschluss die zehnte Klasse am Gymnasium wiederholten. In dieser Einführungsklasse waren neben den Realschülern auch Schüler, die schon seit der fünften Klasse auf das Gymnasium gingen.
Sie waren damals die einzigen Jungs, die diesen Schritt gewagt hatten. Auch in der Einführungsklasse von 2010 sind von 14 Schülern nur vier männlich und in der jetzigen Klasse sind es 14 Schülerinnen. Vielleicht seien die Klassen so mädchenlastig, weil diese im Allgemeinen ehrgeiziger und fleißiger sind, mutmaßt Peter Rottmann, einer ihrer Lehrer.
Wer bereits einen Abschluss nach der zehnten Klasse hat, wird in dieser Einführungsklasse gezielt auf die Oberstufe vorbereitet. Dazu wird Unterrichtsstoff nachgeholt und eine zweite Fremdsprache gelernt. Krakofsky und Henniges lernten zusammen mit den anderen Gymnasiasten Spanisch als spätbeginnende Fremdsprache. Die meisten Mädchen, belegten aber Französisch, weil sie diese Sprache schon in der Realschule hatten.
In Mathe hatte Krakofsky keine Probleme, den Anschluss an seine Klassenkameraden zu bekommen, weil er zuvor schon auf dem mathematischen Zweig war. „Vor allem in Englisch darf man den Anschluss nicht verpassen“, meint er. Wie Henniges ist auch er vor allem an Naturwissenschaften interessiert. Deshalb finden die beiden es auch schade, dass die Einführungsklasse mehr auf den sozialen Zweig ausgelegt ist.
Weil die Schüler der Einführungsklasse mehr Unterrichtsstunden in Mathematik und Spanisch haben als ihre Klassenkameraden, die schon seit der fünften Klasse im Gymnasium waren, fallen andere Fächer weg, etwa Wirtschaft und Recht. Dennoch haben sie in der Oberstufe genauso freie Fächerwahl wie andere Gymnasiasten. Krakofsky zum Beispiel belegte auch Musik, obwohl er als Zehntklässler keinen Musikunterricht gehabt hatte. „Das war aber kein Problem“, blickt er zurück.
„Die Schüler von der Realschule sind oft motivierter als ihre Klassenkameraden vom Gymnasium“, beobachtete Rottmann. Denn wer das erste halbe Jahr der Einführungsklasse nicht besteht, bekommt keine zweite Chance an dieser Schule. Er könnte allenfalls auf eine Fachoberschule (FOS) wechseln.
Krakofsky hatte zwar nach der Realschule schon einige Stellenangebote, wollte aber lieber studieren. Sein Abitur an der FOS zu machen, kam für ihn nicht in Frage, weil die Schüler dort in seinen Augen vor allem auf die Industrie vorbereitet werden. Er aber hatte andere Pläne.
Das JSG war bis vor kurzem die einzige Schule Unterfrankens mit diesem Angebot. Jetzt gibt es das auch in Schweinfurt.
Für Henniges und Krakofsky steht jetzt nach dem Abitur die Welt offen. Krakofsky will an der TU in München Physik studieren. Henniges hat sich bei Universitäten in Schottland und Irland beworben, weil er im englischsprachigen Ausland etwas mit Mathematik oder Physik studieren will. Dublin ist sein Städte-Favorit.