Zusätzliche Abwechslung bot jetzt ein Truppenbesuch von Verteidigungsminister Dr. Peter Struck samt großem Medientross. Er bescherte Theile sogar bundesweite Bildschirmpräsenz bei einem Interview mit dem ARD-Morgenmagazin.
Im Blickpunkt dabei unter anderem die Bilanz einer groß angelegte Entwaffnungsaktion. Die Soldaten waren in Trupps zu vier Mann samt Dolmetscher von Haus zu Haus gezogen, um Waffen einzusammeln. Diesmal kamen so viele Kriegsmittel zu Tage, wie bei vier vergleichbaren Aktionen im Vorjahr: Unter anderem 618 Gewehre, 3700 Handgranaten, 155 Gewehrgranaten, 250 000 Schuss Munition und rund 200 Geschosse über 20-Millimeter.
"Sprengstoff in Cola-Dosen war auch dabei", erinnert sich Theile. Ein altes Mütterchen kam mit einer Tüte voller Handgranaten im Schutze der Dunkelheit zu einem Sammelpunkt und manche Frauen gaben heimlich hinter dem Rücken ihrer Männer Gewehre ab. Selten bekomme man einen Stinkefinger gezeigt.
"Meist werden wir sehr freundlich empfangen", bestätigt Patrouillenführer René Schönleber. Kaum würde den Soldaten der Zutritt verwehrt. Weil die Soldaten keine Polizeigewalt besitzen, sind sie auf die Kooperation mit den Einheimischen angewiesen. Sogar zum Kaffee werde man von Bosniaken oder Serben gelegentlich eingeladen. Dafür bleibe jedoch selten Zeit. Die eingesammelten Waffen werden mit einem Panzer überfahren und der Sprengstoff auf dem Freigelände des Feldlagers Rajlovac bei Sarajevo gesprengt.
"Der Frieden bricht hier nicht gleich aus", umreisst Brigadegeneral Peter Göbel den relativ bescheidenen Effekt der Sammelaktionen. Jedes abgegebene Kriegswerkzeug sei zwar ein Erfolg, ganz in den Griff werde man den Waffenbesitz aber nicht bekommen, prophezeit der Kommandeur des deutschen Einsatzkontingentes der internationalen Eufor-Truppe.
Weiter Weg nach Europa
Das Gewehr im heimischen Schrank sei auf dem Balkan sehr in der Tradition verhaftet. Organisierte Kriminalität, Korruption bis in hohe politische Ämter und schlecht funktionierende örtliche Polizei lassen einen weiten Weg bis zur von den Politikern angestrebten Integration in Europa erahnen.
Trotz aller Anspannung sind die Hammelburger Soldaten froh, dass sie als einzige Einsatzkompanie unter 1100 deutschen Soldaten neben Feldjägern und Pionieren regelmäßig aus dem Lager herauskommen. "Es wird nie langweilig", beschreibt Patrouillenführer Matthias Landsdorfer das Spektrum der Einsätze. Deswegen möchte er auch nicht mit jenen unter den Soldaten im Feldlager Rajlovac tauschen, die tagaus, tagein hinter dem Stacheldraht Dienst schieben.
Sehr willkommen sind die deutschen Soldaten bei Hilfsaktionen. So zum Beispiel, als zwei Soldaten mit einem Kettentransporter Viehfutter zu einem bei 1,70 Meter Schneehöhe isolierten Schafzüchter brachten oder bei der Absicherung nach Unfällen. Geborgen werden mussten die Trümmer eines abgestürzten britischen Hubschraubers.
"Wir haben sogar vergessen, Bergfest (Einsatz-Halbzeit) zu feiern", erinnert sich René Schönleber. "Bei uns ist immer Mittwoch", fügt er schmunzelnd an. Freie Samstage und Sonntage gibt es in dem Feldlager nicht und so ist das Gefühl für die Wochentage geschwunden. Vier Monaten haben die Soldaten hinter sich, noch zwei vor sich.
Wohl die tägliche Abwechslung sei es, die bei den Einsatzkompanien keine Beschwerden aufkommen lasse, meint Schönleber. Als Vertrauensmann der Unteroffiziere verzeichne er gegenüber der Heimat keine gesteigerten Reklamationen.
Auch bei den Mannschaften nicht, pflichtet Hauptgefreiter Florian Winkler bei. Er ist Vertrauensmann bei den Mannschaften und strebt weiterhin die Offizierslaufbahn an: "Auch wenn ich mit weiteren Auslandseinsätzen rechnen muss".
Kurz gesellt sich Verteidigungsminister Peter Struck am Abend beim Essen zu der kleinen Delegation Hammelburger Soldaten und würdigt ihren Einsatz. Bei allen Gesprächen am gleichen Tag hätten Einheimische bis hinauf zum bosnischen Amtskollegen Nikola Radovanic die Bedeutung der ausländischen Truppenpräsenz im Land betont.
Stellvertretender Kompaniechef Florian Reichenberger schildert die Kameradschaft als Garant für die Stimmung in der Truppe. Überdies lerne man bei dem Einsatz auf dem Balkan die Annehmlichkeiten zu Hause richtig schätzen. "Da weiß man erst mal, was man daheim hat", sagt Reichenberger.
"Da weiß man erst mal, was man daheim hat"
Oberleutnant Reichenberger


Erfreulich auch die Zusammenarbeit mit Spaniern, Italienern und Franzosen bei den Patrouillen. Sechs Monate Auslandseinsatz seien schon recht lang, räumt der Oberleutnant ein. Mit Verkürzung auf vier Monate seien die Weichen richtig gestellt worden. Davon profitieren aber erst die nächsten Einsatzkontingente.