Wenn Jochen Bock sich einer Sache verschrieben hat, dann mit jeder Faser seines Körpers.
Das war im Berufsleben als Geschäftsstellenleiter der Sparkassen in Bad Bocklet und Nüdlingen so, das ist auch in der Rente so. „Ich hatte immer mit Menschen zu tun und das hat mir Freude bereitet. Und ich war schon immer offen für Neues“, sagt der 70-jährige Winkelser.
Als Rentner hat er vor fünf Jahren mit dem Modeln auf Modeschauen angefangen, dieses Jahr schlüpft er zusätzlich in zwei historische Rollen: Bei dem 300-Jahr-Jubiläum in Bad Bocklet zur Entdeckung der Balthasar-Neumann-Quelle wirkte er als Pfarrer Schöppner mit.
Beim Rakoczy-Fest in Bad Kissingen am kommenden Wochenende verwandelt er sich zum ersten Mal in den bedeutenden Kissinger Badearzt Franz Anton von Balling (1800 – 1875). „Meine Grundeinstellung ist: Es macht mir Freude, anderen Menschen eine Freude zu bereiten. Das will ich auch beim Rakoczy-Fest zeigen. Was ich repräsentiere, mache ich voller Hingabe“, meint er.
Erster Badearzt der Kurstadt
Franz Anton von Balling war ab 1834 der erste offizielle Badearzt Kissingens und baute gegenüber der evangelischen Erlöserkirche sein eigenes Kurhaus: das Ballinghaus, das bis heute als Sanatorium genutzt wird und Teil der Welterbestätte der Stadt ist. Balling war einer der Hauptinitiatoren des späteren Luitpoldbades, damals das größte Badehaus Europas.
Später im Leben wurde der beliebte Arzt zum Ehrenbürger und in den Adelsstand erhoben. „Er hat sich um die Kur und um Bad Kissingen verdient gemacht. Von seinen Leistungen hat die Stadt sehr profitiert“, meint Bock. Dass es als Arzt Ballings Hauptaufgabe war, anderen zu helfen, gefällt ihm besonders an der Rolle.
Zur Vorbereitung auf das Rakoczy-Fest hat Bock sich intensiv mit dem echten Balling auseinandergesetzt. „Landwirtschaft und Gartenbau waren Ballings großes Interesse neben der Medizin“, weiß er.
Ballinghain eher unbekannt
Am Finsterberg gestaltete er eine landwirtschaftliche Musteranlage, auf der er eigenhändig Obstbäume pflanzte und die gewonnenen Erkenntnisse an Kissingens Landwirte weitergab. Diese Musteranlage unterhalb vom heutigen Terrassenschwimmbad und St. Elisabeth-Krankenhaus wurde später in Ballinghain umbenannt, ein heute eher in Vergessenheit geratener Platz in der Stadt. Eine Büste an der Krankenhaus-Kreuzung am Ostring erinnert an Balling.
„Man fährt jeden Tag daran vorbei und viele wissen gar nicht, was es damit auf sich hat“, sagt Bock bedauernd. Bock übernimmt die Rolle von Dr. Herbert Schulze, der sie über etliche Jahre innehatte. „Von der Größe her haben wir alle eine ähnliche Statur. Balling war groß, Schulze ist groß, ich bin groß. So wird es ein nahtloser Übergang“, findet er.
Extra Arztkoffer besorgt
Über einen Artikel in der Zeitung ist er darauf aufmerksam geworden, dass Staatsbad GmbH und Rakoczy-Verein Darsteller für die historischen Persönlichkeiten suchten. Er meldete sich und wurde genommen. Sowohl bei den Organisatoren, als auch in der Gruppe der Historischen herrsche eine positive, familiäre Atmosphäre. Es gebe viele engagierte Menschen, die daran arbeiten, dass das Rakoczy-Fest gelingt. Das imponiert ihm und er geht mit gleichem Einsatz an die Sache heran.
Für die offiziellen Fotoshootings im Vorfeld des Festes, bei dem die Bilder für die Homepage und die Autogrammstunde gemacht wurden, hat Bock sich extra einen Arztkoffer aus dieser Zeit besorgt. „Nachdem die Ärzte früher mit Koffern unterwegs waren, habe ich versucht, einen solchen für die Fotos zu bekommen“, berichtet er.
Bock kontaktierte Praxen, ehemalige Ärzte und andere Privatpersonen. Nach vierwöchiger Suche wurde er schließlich im Fundus vom Theater Schloss Maßbach fündig. „Das war viel Aufwand, aber ich dachte, das ist etwas Besonderes“, erzählt Bock.
Freunde auf lachende Gesichter und feiernde Menschen
Er hat bereits in der Vergangenheit an Wägen und Fußgruppen beim historischen Festzug mitgewirkt. Nun als historische Persönlichkeit am gesamten Fest mitzuwirken, darauf freut er sich. „Das Fest inspiriert mich jetzt schon. Ich freue mich wahnsinnig darauf und kann da keinen einzelnen Punkt als Highlight hervortun“, sagt er.
Gleich ob der Festball mit Gläserpolonaise, die neue Illumination im Rosengarten anstelle von Saale brennt, der Festzug, die Autogrammstunde, das Schlendern durch die Stadt oder das Abschlussfeuerwerk.
Bock freut sich auf zehntausende Festbesucher, die die Stadt erwartet, auf lachende Gesichter und feiernde Menschen, die eine gute Zeit auf dem Fest haben werden. Dazu als Dr. Franz Anton von Balling seinen Beitrag leisten: das sieht er als seine Aufgabe.